Scholz will Gemeinden mit 57 Milliarden helfen
Der Bundesfinanzminister legt ein zweiteiliges Konzept vor: Städte sollen akute Nothilfe erhalten und von Altschulden entlastet werden.
BERLIN Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) will bis Jahresende einen Schutzschild im Volumen von insgesamt fast 57 Milliarden Euro für die Kommunen verwirklichen. Die Last sollen sich der Bund und die jeweils verantwortlichen Länder teilen. Das geht aus einem Konzeptpapier des Finanzministeriums hervor, das unserer Redaktion vorliegt.
Der Schutzschild soll demnach aus zwei Komponenten bestehen: einer akuten Nothilfe, die allen Kommunen offenstehen und die wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen ausgleichen soll, und einer Altschuldenhilfe für hochverschuldete Städte und Gemeinden. „Dieser Schutzschild soll Städte und Gemeinden nicht nur durch die aktuell schwierige Situation bringen, sondern sie dauerhaft in die Lage versetzen, ihre Aufgaben noch besser erledigen zu können“, sagte Scholz.
Die Finanzlage der Kommunen hat sich in der Corona-Krise drastisch verschlechtert: Ihnen brechen wegen des Lockdowns vor allem Gewerbesteuereinnahmen weg. Viele Kommunen können sich aber nicht weiter verschulden, um die Löcher zu schließen. Die kommunalen Spitzenverbände fordern deshalb einen Rettungsschirm. Scholz kommt ihnen nun weit entgegen.
Von der Übernahme der Hälfte der Altschulden, die 2018 rund 45 Milliarden Euro betrugen, durch den Bund werden allerdings die Länder besonders profitieren, in denen die meisten hochverschuldeten Gemeinden liegen: Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Das dürfte in den übrigen Ländern zu Unmut führen.
In NRW sind Städte im Ruhrgebiet wie Gelsenkirchen und Oberhausen Spitzenreiter bei den aufgelaufenen Kassenkrediten. In diesen Städten fallen Investitionen oft aus, weil das Geld kaum ausreicht für die Daseinsvorsorge. „Wir brauchen Hilfe von Bund und Land in Milliardenhöhe, damit die Belastungen der Kommunen in großem Umfang aufgefangen werden“, sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des NRW-Städtetags. Den Ankündigungen auch der Landesregierung müssten nun schnell Taten folgen.
Laut Steuerschätzung entgehen den Kommunen im laufenden Jahr Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 11,8 Milliarden Euro. Die Bundesregierung wolle die Städte mit diesem Problem nicht alleinlassen, heißt es in dem Papier aus dem Finanzministerium. „Alle betroffenen Kommunen bekommen deshalb die Möglichkeit, einen pauschalierten Ausgleich für ihre geringeren Gewerbesteuer-Einnahmen zu erhalten. Der Bund und das jeweilige Land übernehmen jeweils hälftig die Kosten für diesen Ausgleich.“
Für den zweiten Teil des Schutzschilds plant Scholz die Übernahme der Altschulden von 2000 besonders verschuldeten Kommunen. Als „übermäßig“definiert Scholz Liquiditätskredite einer Kommune dann, wenn sie nicht für Investitionen oder Kommunalvermögen aufgenommen worden sind, sondern für eigene Zwecke, und einen Sockelbetrag von 100 Euro pro Einwohner überschreiten. „Das sind Liquiditätskredite in Höhe von 22,6 Milliarden Euro, die der Bund übernehmen wird“, heißt es in dem Papier.
Für die Schuldenübernahme schlägt Scholz ein zweistufiges Verfahren vor: Zunächst solle das jeweilige Land seine Kommunen komplett entschulden, im zweiten Schritt nehme der Bund dem Land die Hälfte der Schulden ab. „Mit einem Akt der Solidarität übernimmt der Bund einmalig die Schulden der Kommunen und verschafft ihnen den dringend nötigen Raum zum Atmen“, sagte Scholz.
Leitartikel