Die Wundertüte ist zurück
Nach einem Frühlingstheater sondergleichen rollt der Ball in der 3. Liga – aber wie? Die Klasse war schon vor der Corona-Krise unberechenbar. Das birgt Gefahren und Chancen für den Spitzenreiter MSV Duisburg, für den KFC Uerdingen und Preußen Münster.
DÜSSELDORF Es war eine schwere Geburt, aber es ist ein schönes Kind. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) wäre froh, wenn diese Redewendung auf sein Premiumprodukt 3. Liga zutreffen würde. Dem Restart ob der Corona-Pandemie, der an diesem Wochenende erfolgt, ging nämlich ein wochenlanges Frühlingstheater sondergleichen voraus.
Zunächst hatten sich acht Vereine für einen Saisonabbruch ausgesprochen: die Mannschaften von Platz 14 an abwärts sowie Waldhof Mannheim. Der Tabellenzweite beanspruchte in dem Fall den Aufstieg, alle anderen den Klassenerhalt. Das Manöver war so offensichtlich, dass der stets zurückhaltende
„Elf Spiele in Folge im Drei-Tages-Rhythmus hat noch keiner erlebt“
Stefan Krämer
Trainer des KFC Uerdingen
DFL-Chef Christian Seifert konstatierte, es „dränge sich der Eindruck auf: Je nach Tabellenplatz entdeckt man plötzlich die Moral“.
Die Bastion der Gegner bröckelte im Laufe der Zeit, wobei Mannheim, Magdeburg, Halle und Jena bis zuletzt rebellierten. Nach dem deutlichen Votum des DFB-Bundestags, als 95 Prozent für die Fortsetzung der Saison stimmten, erinnerten einige in Jena und Halle daran, dass es solche Ergebnisse in der DDR gegeben habe – vergaßen dabei jedoch völlig, dass es damals nicht die Möglichkeit eines wochenlangen, lautstarken Protests gab.
Inzwischen ist es ruhiger geworden, der Protest ist abgeebbt, aber nicht verstummt. Und er wird sicherlich wieder aufflammen, wenn der sportliche Erfolg ausbleibt. Doch zunächst konzentriert sich jetzt alles auf den Restart, und der hat es in sich. Im Blickpunkt stehen die beiden Duelle um die Tabellenspitze, in denen der MSV Duisburg und Waldhof Mannheim den Angriff der Verfolger TSV 1860 München und KFC Uerdingen abwehren müssen sowie das Kellerduell zwischen Münster und Halle.
Die Partie des KFC in Mannheim ist mindestens aus vier Gründen prickelnd. Vor zwei Jahren endete das Treffen dort mit einem handfesten Skandal. Die Uerdinger Aufstiegsfreude
wurde erheblich getrübt, weil die Partie nach einem nicht enden wollenden pyrotechnischen Feuerwerk und Ausschreitungen auf den Rängen mit rund 45 Verletzten abgebrochen wurde. In dieser Saison blieb es im Hinspiel auf den Rängen ruhig und Mannheim revanchierte sich sportlich mit 3:0. Das blieb nicht ohne Folgen: Trainer Heiko Vogel musste gehen und Teamchef Stefan Reisinger übernahm. Am 10.
März holten die Uerdinger den Trainer zurück, der den Verein vor zwei Jahren zum Aufstieg geführt hatte: Stefan Krämer. Auf sein Comeback auf der Trainerbank des KFC musste er zweieinhalb Monate warten und die Vorbereitung war von Vorsichtsmaßnahmen und Hygienevorschriften geprägt.
Was wird Krämer ändern? Wird er die Mannschaft umkrempeln? „Es wird keine erste Elf geben“, sagt der Fußballlehrer. „Elf Spiele in Folge im Drei-Tages-Rhythmus zu absolvieren, das hat noch keiner erlebt. Da wird es keine Stammformation geben, sondern viele Änderungen von Spiel zu Spiel. Da wird ständig rotiert. Schließlich haben wir auch eine Verantwortung gegenüber den Spielern, auf deren Gesundheit wir achten müssen. Und daher werden wir die Belastung entsprechend steuern.“
Auch sein Duisburger Kollege Torsten Lieberknecht hat den Aspekt natürlich im Blick. „Bei dem harten Programm benötigen wir das Glück, von schweren Verletzungen verschont zu bleiben“, sagt er. Vor dem Spitzenspiel in München sieht er den Druck bei den Gastgebern. Auch MSV-Kapitän Tim Albutat ist zuversichtlich: „Wir haben nicht den größten Kader der Liga, dafür aber viel Qualität. Wenn wir die auf den Platz bringen, haben es die Gegner sehr schwer. Wir wollen mit einem positiven Erlebnis starten.“
Das wollen die Preußen nicht nur, sie müssen es. Denn in Münster kommt es zu einem so genannten Sechs-Punkte-Spiel gegen den Halleschen FC. Nach einer verkorksten Hinrunde war der ehemalige
„Wir haben nicht den größten Kader der Liga, dafür aber viel Qualität“
Tim Albutat
Kapitän MSV Duisburg
Bundesligist in Schwung gekommen und will noch den rettenden 16. Platz erreichen, auf dem die Gäste stehen. „Wir sind davon überzeugt, dass wir drin bleiben“, sagt Preußen-Kapitän Jan Schauerte, der einst in Düsseldorf spielte. „Wir werden punkten und das rettende Ufer erreichen.“
Vier Begegnung der Dritten Liga werden am Samstag, 14 Uhr, live im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt: Mannheim - Uerdingen (WDR), Magdeburg - Kaiserslautern (MDR/SWR), Ingolstadt - Bayern II (BR) und Meppen - Würzburg (NDR). Zudem spielen: Braunschweig - Köln, Zwickau - Rostock (beide Sa.), 1860 München - Duisburg, Münster - Halle, Jena - Chemnitz (alle Sonntag).