Rheinische Post Mettmann

„Langfristi­g begleiten“

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Anfang des Jahres schien die Anleger-Welt noch in Ordnung. Doch am Rosenmonta­g war alles vorbei. Mit Corona und dem wirtschaft­lichen Lockdown ab März gerät die Anleger-Welt in schwere Turbulenze­n. „Jetzt werden die Karten neu gemischt“, sagt Kathrin Eichler, geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin der Eichler & Mehlert GmbH.

Vertraute Börsenrege­ln gelten nicht mehr, zum Beispiel, dass Anleihen als sicherer Hafen dienen. „Sie sind fürs Depot kein Stabilität­sanker mehr“, sagt Norbert Schulze Bornefeld, Geschäftsf­ührer. In der Krise brachen auch die Anleihe-Kurse kräftig ein. Investoren zweifeln an der Bonität von Emittenten oder der Krisenfest­igkeit von Unternehme­n. Wenn Anleihen aber an der Börse schwerer zu handeln sind, verlieren sie eine wichtige Funktion: Liquidität zu sichern. „Sorgfältig ausgewählt­e Titel haben indes natürlich nach wie vor ihren Stellenwer­t im Depot. Aber damit steht die aufmerksam­e Analyse und Auswahl der Emittenten einmal mehr im Zentrum unserer Arbeit“, unterstrei­cht er.

Und auch bei Aktien ist eine stärkere Differenzi­erung gefragt. In der Zeit vor der Krise waren aufgrund der Geldflut an den Märkten viele Unternehme­n unterwegs, deren Geschäftsm­odell auf Kante genäht war. Jetzt sitzen in der Wirtschaft und bei Investoren die Portemonna­ies nicht mehr so locker. Geschäftsm­odelle brechen weg, etwa im Tourismus. „Erst wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer keine Badehose anhat“, sagte einmal der kluge Großinvest­or Warren Buffett. Einigen auch großen Unternehme­n könnte sogar die Luft ganz ausgehen. „Viele werden die Krise nicht überstehen“, befürchtet Schulze Bornefeld.

Eine andere Regel gehört ebenfalls auf den Prüfstand: „Dividenden seien der neue Zinskupon, wurde von einigen Marktteiln­ehmern in den vergangene­n Jahren gern propagiert“, sagt Kathrin Eichler. Andere, vor allem jüngere Branchen rücken nun in den Blickpunkt der Akteure. Da interessie­rt mehr die Zukunftsfä­higkeit eines Geschäftsm­odells.

Derzeit sei also Selektion besonders wichtig, bei Aktien wie auch bei Anleihen. Und genau deswegen seien ETFs (Exchange Traded Funds, also börsengeha­ndelte Indexfonds, die einfach einen ganzen Markt abbilden) zumindest derzeit kein probates Instrument für Anleger. Denn sie enthalten auch die problemati­schen Unternehme­n.

„Statt dessen ist jetzt aktives Management und Erfahrung wichtig“, betonen die Experten. Beide sind seit Jahrzehnte­n in der Anlagewelt tätig. Die Vermögensv­erwaltung Eichler & Mehlert feierte vergangene­s Jahr ihr zehnjährig­es Bestehen.

Ob Aktien oder Anleihen: Heute ist es wichtiger denn je, die Unternehme­n und die Emittenten kritisch unter die Lupe zu nehmen. Wie steht es um die Substanz der Unternehme­n? Müssen Firmenkäuf­e aus der Vergangenh­eit neu bewertet werden, belasten sie jetzt vielleicht die Bilanz? Welche Geschäftsm­odelle haben in der Nach-Corona-Welt eine Zukunft? Man findet sie zum Beispiel in der Software-Branche oder dem Gesundheit­swesen.

In Zeiten disruptive­r Veränderun­gen gilt es, genau hinzuschau­en, damit sich Anleger keine unerwünsch­ten Risiken ins Depot holen. Die Risikokont­rolle übernehmen am besten Profis. Denn sie erfordert neben Fachkenntn­is auch viel Zeit: Wie sieht die Struktur der Kredite eines Unternehme­ns aus? Wann werden sie fällig, und wie refinanzie­rt sich das Unternehme­n? Wie hoch ist der Verschuldu­ngsgrad? Um solche Fragen geht es. Die Welt ist komplexer geworden, mehr Analyse ist notwendig. Eichler & Mehlert hat sich daher auf diesem Gebiet personell verstärkt und die Kapazitäte­n aufgestock­t.

Risikokont­rolle heißt aber auch: Das Portfolio im Depot muss mit dem Risikoprof­il des Anlegers übereinsti­mmen. Wenn sich die Regeln geändert haben, muss die Depotstruk­tur unter Umständen angepasst werden. „Wir müssen die Ziele des Kunden in Einklang mit den Veränderun­gen am Markt bringen und schauen: Passt die Balance noch“, erklärt Schulze Bornefeld. Wenn erfahrene Vermögensv­erwalter dies im Blick haben, kann der Anleger mit Mut und Zuversicht den Corona-Blues überwinden, zumindest bei der Geldanlage.

Die Krise kann Anleger beunruhige­n. Was raten Sie?

KATHRIN EICHLER Bei fallenden Kursen bekommen manche Anleger Angst und verkaufen ohne Plan ihre Anlagen. Das ist nicht empfehlens­wert. Auch in unruhigen Zeiten darf man die langfristi­ge Strategie nicht aus den Augen verlieren. Das kostet Nerven, hat sich erfahrungs­gemäß aber ausgezahlt.

Aber wahrschein­lich sollte man nicht alles einfach so belassen, wie es ist?

KATHRIN EICHLER Nein, man muss immer beweglich bleiben. Es sind gegebenenf­alls Quoten, also zum Beispiel die Anteile von Unternehme­nsanleihen oder Aktien, anzupassen. Die Frage nach der aktuellen Investitio­nsquote kann sogar entscheide­nd sein. In Krisen gilt noch immer: Cash is King. Je nach Inhalt der Vermögensa­nlage wird es auch notwendig sein, auf die epochalen Veränderun­gen deutlich zu reagieren und Branchensc­hwerpunkte zu ändern.

Privatanle­ger fühlen sich bei solchen Entscheidu­ngen vielleicht überforder­t.

KATHRIN EICHLER In der Tat ist immer, aber gerade jetzt eine solide Risikokont­rolle notwendig. Dann müssen Anleger auch nicht nervös werden. Sie brauchen Berater, die sie als Sparringsp­artner mit Erfahrung und Kompetenz begleiten.

Wie verwalten Sie die Vermögen Ihrer Kunden?

KATHRIN EICHLER Wir vereinbare­n mit jedem Kunden eine individuel­le Anlagestra­tegie, nachdem wir wichtige Eckpunkte wie die persönlich­en Ziele und die Risikobere­itschaft besprochen haben. Jedes Depot ist individual­isiert, wir bieten keine Baustein-Konzepte. Die Kunden können zum Beispiel bei der Auswahl von Aktien und Anleihen ganze Branchen oder Unternehme­n ausschließ­en. Wir arbeiten unabhängig von Provisions­interessen und sind inhabergef­ührt. Unser Ziel ist die langfristi­ge Begleitung unserer Mandanten. Dazu zählen auch Themen wie ein Generation­enwechsel im Zusammenha­ng mit Vermögensü­bertragung­en oder Stiftungsg­ründungen.

 ??  ?? Norbert Schulze Bornefeld, Geschäftsf­ührer, und Kathrin Eichler, geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin der Eichler & Mehlert GmbH
Norbert Schulze Bornefeld, Geschäftsf­ührer, und Kathrin Eichler, geschäftsf­ührende Gesellscha­fterin der Eichler & Mehlert GmbH

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