NRW-Ministerin erwägt Schulstart am 8. Juni
Yvonne Gebauer möchte raschen regulären Schulbetrieb. Die Lehrer fordern dagegen konkrete Pläne nach den Sommerferien.
DÜSSELDORF In NRW ist ein heftiger Streit über einen Neustart der Schulen noch vor den Sommerferien entbrannt. Nach Informationen unserer Redaktion schlug Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) Lehrern, Eltern und Schülern in Gesprächen vor, schon ab dem 8. Juni in weiterführenden sowie in Grundschulen zum Normalbetrieb zurückzukehren. Dies stieß bei den Lehrerverbänden auf einhellige Ablehnung und wurde als unrealistisch zurückgewiesen. Bei Eltern- und Schülervertretungen habe der Vorschlag ein geteiltes Echo ausgelöst, hieß es in Teilnehmerkreisen. Die Gespräche seien ergebnislos geblieben.
Das Ministerium bestätigte Gespräche, wollte sich zum Inhalt aber am Freitag nicht konkret äußern: Der regelmäßige Austausch mit Eltern, Lehrkräften und Schülern beleuchte stets die aktuelle Situation. „Hierzu haben auch in dieser Woche erneut vorbereitende Gespräche stattgefunden“, hieß es. Nach den Sommerferien bleibe es das Ziel, wieder in einen regulären Schulbetrieb mit möglichst viel Präsenzunterricht zurückzukehren – abhängig vom Infektionsgeschehen.
Das Land hatte jüngst die Öffnung der Kitas für alle Kinder auf den 8. Juni vorgezogen, einige Bundesländer preschen auch bei den Schulen vor. Die Klage einer Lehrerin im Freistaat Sachsen allerdings war zuletzt erfolgreich, weil dort die Abstandsregeln
in den Schulen ignoriert wurden.
Auch in NRW wäre eine Rückkehr zum Regelbetrieb nach Meinung von Experten kaum möglich, ohne gegen die Abstandsregeln zu verstoßen. „Grundsätzlich möchte jeder Lehrer wieder unterrichten“, sagte Stefan Behlau, Landesvorsitzender des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE). Es sei aber nicht richtig, die Pläne der Schulen jetzt wieder umzuwerfen: „Wir sollten vielmehr jede Kraftanstrengung unternehmen, um auf die Zeit nach den Sommerferien optimal vorbereitet zu sein“, so Behlau. „Aus Elternsicht ist es sehr zu begrüßen, wenn die Kinder vor den Sommerferien
mehr Präsenzunterricht haben“, sagte Andrea Heck, Vorsitzende des Elternvereins NRW, unserer Redaktion. Dies könnten aber nicht alle Schulen leisten: „Jede Schule soll selbst entscheiden, ob sie den Regelbetrieb wiederaufnehmen kann.“Voraussetzung sei, dass es genug Räume und Personal gebe.
Einen schulspezifischen Ansatz verfolgt auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU): „Jede Schule in jedem Land muss sich ein Ziel setzen: Nach den Ferien muss überall ein strukturierter Unterricht angeboten werden – und zwar so, dass möglichst ein volles Schulprogramm gewährleistet ist“, sagte die Ministerin unserer Redaktion. Es müsse vor Ort intensiv an Lösungen gearbeitet werden, mit einer Mischung aus Präsenzund Digitalunterricht. Die Sommerferien könnten die Schulen auch nutzen, um mehr Raumkapazitäten zu schaffen, indem sie zum Beispiel Container aufstellen. Auch die Idee des Bundeselternrats, auf Vereinshäuser zurückzugreifen, sei gut. Das könne helfen, die Abstandsregeln einzuhalten.
Der Lungenmediziner Thomas Voshaar vom Moerser Krankenhaus Bethanien, der Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) berät, plädiert für einen schnellen Neustart: „Ich würde die Schulen sofort wieder öffnen für alle.“Das Entscheidende dabei sei: „Lüften, lüften, lüften.“Mehr als 80 Prozent der Infektionen würden über Aerosole übertragen. Leitartikel