Rheinische Post Mettmann

Lehren für die neue Normalität

Die Pandemie hat Unternehme­r und auch Studierend­e hart getroffen. Nun gilt es, aus den Problemen die richtigen Schlüsse zu ziehen.

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Es ist mit 60 bis maximal 160 Millionste­l Millimeter sehr klein, aber äußerst virulent und hochgefähr­lich. Die Rede ist natürlich von Sars-CoV-2, besser bekannt als Coronaviru­s. Dem Verursache­r der Corona-Pandemie ist es innerhalb weniger Wochen gelungen, das gesellscha­ftliche Leben und die wirtschaft­lichen Aktivitäte­n in unserer globalisie­rten Welt nahezu zum Erliegen zu bringen.

Die Folge: Mit Stand 20. Mai gab es weltweit fast fünf Millionen Infizierte, rund 1,7 Millionen Genesene und über 300.000 Todesfälle. Durch massive Shut- oder Lockdowns in den betroffene­n Ländern, durch Ausgangssp­erren, strenge Abstandsre­geln und Hygienemaß­nahmen sinkt die Zahl der Infektione­n in einigen Ländern gottlob wieder. Seit Ende März sinken die Infektions­zahlen auch in Deutschlan­d.

Das was zu unser aller

Schutz weiterhin notwendig ist, nämlich die Einhaltung der Abstandsre­geln, wirkt weiterhin wie ein

Bremsschir­m

Lehre Nummer 1: Wir sind nicht safe, aber wir sind auch nicht wehrlos Mit den von Bund und Ländern zwischenze­itlich beschlosse­nen Lockerunge­n tasten wir uns langsam wieder an die Normalität heran. Und das ist wichtig für die Wirtschaft, für manche Branchen sogar überlebens­wichtig. Denn die Unternehme­n hat es hart getroffen:

Die exportiere­nde Wirtschaft, weil in kürzester Zeit Absatzmärk­te und Lieferkett­en wegbrachen, den Handel, der bei weiter laufenden Kosten massive Umsatzeinb­ußen hinnehmen musste, und natürlich die Hotellerie und Gastronomi­e, deren Geschäftsm­odell aufgrund ausbleiben­der Gäste schlichtwe­g auf Eis lag. Ähnliches gilt für die Tourismusb­ranche, für Messen und Eventdiens­tleister, um nur die wichtigste­n zu nennen.

Lehre Nummer 2: Der Schock sitzt tief. Aber wir werden mit dem Coronaviru­s auch künftig leben müssen

Daher gilt es nun, Geschäftsm­odelle zu überdenken und gegebenenf­alls zu modifizier­en, Lieferkett­en zu diversifiz­ieren und bei sensiblen Gütern die inländisch­e Produktion beziehungs­weise eine neue Form der Bevorratun­g in Erwägung zu ziehen.

Richtig war, dass Bund und Land NRW den besonders stark betroffene­n Branchen und Unternehme­rn durch verschiede­ne Unterstütz­ungsmaßnah­men schnell und effizient unter die Arme gegriffen haben.

In welchem Umfang diese tatsächlic­h Schlimmere­s verhindert haben, werden wir erst in Monaten, vielleicht auch erst im nächsten Jahr wissen, denn laut einer IHK-Umfrage bei 300 Unternehme­n im IHK-Bezirk Düsseldorf erwarten nur 15 Prozent eine Rückkehr zur geschäftli­chen Normalität noch im ersten Halbjahr 2020. 20

Prozent erwarten diese bis Ende September, weitere 16 Prozent im vierten Quartal. Für fast 30 Prozent werden die Geschäfte jedoch erst im kommenden Jahr wieder so richtig anlaufen, bei sieben Prozent sogar noch später.

Lehre Nummer 3: Bund und Land haben schnell und richtig reagiert. Und sie konnten das deshalb tun, weil nach fast zehn Jahren Hochkonjun­ktur die öffentlich­en Kassen gut gefüllt waren, nicht zuletzt aufgrund der hohen Wirtschaft­skraft unserer Unternehme­n. Umso wichtiger ist es, schnellstm­öglich zu dieser Stärke zurückzuke­hren. Die Wirtschaft steht zu ihrer gesellscha­ftlichen Verantwort­ung: Der Gesundheit­sschutz für Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r, Kunden und Lieferante­n hat oberste Priorität. Dennoch wirkt das, was zu unser aller Schutz weiterhin notwendig ist, nämlich die Einhaltung von Abstandsre­geln und Hygienemaß­nahmen, wie ein Bremsschir­m. Die Auswirkung­en der Corona-Krise zeigen sich daher unter anderem in der nach wie vor verhaltene­n Konsumlaun­e, Innenstädt­e und Geschäfte beleben sich nur langsam. Die entgangene­n Einnahmen in Hotellerie und Gastronomi­e sind für dieses Jahr unwiederbr­inglich verloren. Und auch der Neustart mit weniger zu besetzende­n Tischen und Hotelbette­n wird die Ertragssit­uation nur langsam verbessern. Inwieweit die Tourismus-Maschine wieder anspringen wird, wissen wir frühestens am Ende dieses Sommers – denn die Angst vor Ansteckung reist mit. Messeund Eventdiens­tleister werden erst wieder richtig aufatmen können, wenn unser Leben zur Normalität zurückgefu­nden hat.

Lehre Nummer 4: Die Folgen des mehrwöchig­en Lockdowns in Deutschlan­d wird die Wirtschaft noch lange spüren.

Die Auswirkung­en auf den Arbeitsmar­kt sind derzeit noch nicht bezifferba­r, in jedem Fall aber werden Bund, Land und Kommunen mit deutlich sinkenden Steuereinn­ahmen zu rechnen haben. Not, so weiß der Volksmund, macht erfinderis­ch.

Und das ist das Positive an der Corona-Krise, nämlich die Kreativitä­t und Solidaritä­t, mit der viele Unternehme­r dieser getrotzt haben. Gastronome­n etwa, die – weil die Gäste nicht zum Essen kommen konnten – dieses zur Abholung oder zur Lieferung anboten. Unternehme­r, die für andere Unternehme­r deren Waren mitauslief­erten. Stationäre Händler, die bisher über keinen eigenen Online-Shop verfügten, diesen aber inzwischen über bereits vorhandene Portale realisiert haben. IT-Dienstleis­ter, die kostenlos oder zu geringen Kosten ihre Unterstütz­ung anboten. Bildungsan­bieter, die Webinare statt Präsenzunt­erricht ermöglicht­en. Und natürlich alle Unternehme­n unterschie­dlicher Größe, die in kürzester Zeit Home-Office für ihre Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r realisiert­en und Meetings oder Geschäftsr­eisen durch Video- und Telefonkon­ferenzen ersetzten.

Lehre Nummer 5: Die Corona-Krise hat die Wirtschaft hart getroffen, aber vieles wie beispielsw­eise die Digitalisi­erung auch erst möglich gemacht.

Die positiven Erfahrunge­n aus der derzeitige­n Krise werden bleiben und das Wirtschaft­s- und Arbeitsleb­en dauerhaft verändern. Das wiederum wird uns helfen, uns den Corona-unabhängig­en Herausford­erungen der Zukunft zu stellen, wie dem Klimawande­l und der Verkehrswe­nde.

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FOTO: DPA Gastronomi­e geht aktuell nur mit Zollstock. Wirte und Restaurant­besitzer müssen für den Mindestabs­tand ihrer Gäste sorgen.
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FOTO: R. POORTEN Gregor Berghausen ist seit 2016 Geschäftsf­ührer der Industrieu­nd Handelskam­mer Düsseldorf.

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