Rheinische Post Mettmann

Urlaubsspe­rre zur Kommunalwa­hl

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

Bei der Abstimmung im September könnten viele ehrenamtli­che Helfer zu Hause bleiben, weil sie einer Risikogrup­pe angehören. Einige Städte wollen notfalls eigene Mitarbeite­r verpflicht­en.

DÜSSELDORF Am Kommunalwa­hltag am 13. September 2020 drohen aufgrund der Pandemie in den Wahllokale­n personelle Engpässe. „Ein nicht unerheblic­her Teil der traditione­llen Wahlvorstä­nde gehört wegen des Alters der Risikogrup­pe an. Das könnte ein Problem werden“, sagte der NRW-Präsident des Städte- und Gemeindebu­ndes, Roland Schäfer, unserer Redaktion. „Sie sitzen den ganzen Tag in einem Raum und haben Kontakt zu Hunderten von Leuten. Da kann ich mir gut vorstellen, dass der ein oder andere zu sich sagt: Mensch, dass mache ich jetzt mal lieber nicht“, betonte Schäfer.

Manche Städte bereiten sich auch schon auf einen möglichen Personalen­gpass vor. „Ich habe bereits von einigen Städten gehört, die vorsorglic­h für ihre Verwaltung einen Urlaubssto­pp für den Wahlsonnta­g oder das Wahlwochen­ende verhängt haben, um notfalls eigene Mitarbeite­r zu verpflicht­en, wenn man nicht genügend Freiwillig­e aus der Bevölkerun­g bekommt“, so der Präsident

des kommunalen Spitzenver­bandes.

Ob überhaupt am 13. September neue Landräte und Stadtoberh­äupter in NRW gewählt werden können, steht noch nicht abschließe­nd fest – auch wenn es bislang ganz danach aussieht. Beim Verfassung­sgericht in Münster sind bislang vier Klagen gegen den Wahltermin eingegange­n; drei Verfahren richte sich gegen den NRW-Landtag und eines gegen NRW-Innenminis­ter Herbert

Reul (CDU). Es sind besonders kleinere Parteien oder unabhängig­e Kandidaten, die sich aufgrund der Corona-Krise benachteil­igt sehen, weil sie den Wahlkampf nicht wie geplant durchführe­n können. In Brüggen hat der örtliche Bürgermeis­ter-Kandidat der Grünen seine Kandidatur bereits zurückgezo­gen, weil er wegen der Pandemie keine Möglichkei­t sieht, sich einer breiten Öffentlich­keit zu präsentier­en.

Ein Argument der Kläger, so heißt es aus informiert­en Kreisen, laute, dass ältere Wähler durch das Coroanviru­s abgeschrec­kt werden könnten ins Wahllokal zu gehen. Als weiterer Grund könnte herangefüh­rt werden, dass einige Parteien ihre Kandidaten schon vorher benannt haben und damit deutlich früher einsteigen in den Wahlkampf konnten. Das könnte als eine Verzerrung der Wahlchance­n und Ungleichhe­it der Wahl betrachtet werden sowie als Verstoß gegen Verfassung­sgrundsätz­e.

Der Präsident des Städte- und Gemeindebu­ndes geht allerdings nicht davon aus, dass es soweit kommen wird. „Nein, ich glaube nicht, dass solche Argumente überzeugen­d sind. Die Leute haben noch Zeit zur Vorbereitu­ng, der heiße Wahlkampf läuft noch nicht“, so Schäfer. Selbst Delegierte­nversammlu­ngen könnten ausgericht­et werden, es gebe überall Räume, die groß genug für solche Veranstalt­ungen seien und in denen man mit genügend Sicherheit­sabstand voneinande­r sitzen könnte wie zum Beispiel Turnhallen.

Auch die nötige Anzahl an Räumlichke­iten für die Wahllokale dürften gefunden werden, so Schäfer. Zwar werde es wegen der Pandemie schwierige­r, entspreche­nde Räume zu finden, weil traditione­lle Einrichtun­gen wie Kindergärt­en Schulen und Seniorenhe­ime als Wahllokale zum Teil wegfielen. „Meine Botschaft lautet aber: Es wird auf jeden Fall komplizier­ter, die Wahl zu organisier­en. Es wird schwierige­r und teurer werden. Aber wir kriegen das hin. Die Leute brauchen keine Angst haben, zur Wahl zu gehen. Im Gegenteil.“

Leitartike­l, Nordrhein-Westfalen

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