Urlaubssperre zur Kommunalwahl
Bei der Abstimmung im September könnten viele ehrenamtliche Helfer zu Hause bleiben, weil sie einer Risikogruppe angehören. Einige Städte wollen notfalls eigene Mitarbeiter verpflichten.
DÜSSELDORF Am Kommunalwahltag am 13. September 2020 drohen aufgrund der Pandemie in den Wahllokalen personelle Engpässe. „Ein nicht unerheblicher Teil der traditionellen Wahlvorstände gehört wegen des Alters der Risikogruppe an. Das könnte ein Problem werden“, sagte der NRW-Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Roland Schäfer, unserer Redaktion. „Sie sitzen den ganzen Tag in einem Raum und haben Kontakt zu Hunderten von Leuten. Da kann ich mir gut vorstellen, dass der ein oder andere zu sich sagt: Mensch, dass mache ich jetzt mal lieber nicht“, betonte Schäfer.
Manche Städte bereiten sich auch schon auf einen möglichen Personalengpass vor. „Ich habe bereits von einigen Städten gehört, die vorsorglich für ihre Verwaltung einen Urlaubsstopp für den Wahlsonntag oder das Wahlwochenende verhängt haben, um notfalls eigene Mitarbeiter zu verpflichten, wenn man nicht genügend Freiwillige aus der Bevölkerung bekommt“, so der Präsident
des kommunalen Spitzenverbandes.
Ob überhaupt am 13. September neue Landräte und Stadtoberhäupter in NRW gewählt werden können, steht noch nicht abschließend fest – auch wenn es bislang ganz danach aussieht. Beim Verfassungsgericht in Münster sind bislang vier Klagen gegen den Wahltermin eingegangen; drei Verfahren richte sich gegen den NRW-Landtag und eines gegen NRW-Innenminister Herbert
Reul (CDU). Es sind besonders kleinere Parteien oder unabhängige Kandidaten, die sich aufgrund der Corona-Krise benachteiligt sehen, weil sie den Wahlkampf nicht wie geplant durchführen können. In Brüggen hat der örtliche Bürgermeister-Kandidat der Grünen seine Kandidatur bereits zurückgezogen, weil er wegen der Pandemie keine Möglichkeit sieht, sich einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.
Ein Argument der Kläger, so heißt es aus informierten Kreisen, laute, dass ältere Wähler durch das Coroanvirus abgeschreckt werden könnten ins Wahllokal zu gehen. Als weiterer Grund könnte herangeführt werden, dass einige Parteien ihre Kandidaten schon vorher benannt haben und damit deutlich früher einsteigen in den Wahlkampf konnten. Das könnte als eine Verzerrung der Wahlchancen und Ungleichheit der Wahl betrachtet werden sowie als Verstoß gegen Verfassungsgrundsätze.
Der Präsident des Städte- und Gemeindebundes geht allerdings nicht davon aus, dass es soweit kommen wird. „Nein, ich glaube nicht, dass solche Argumente überzeugend sind. Die Leute haben noch Zeit zur Vorbereitung, der heiße Wahlkampf läuft noch nicht“, so Schäfer. Selbst Delegiertenversammlungen könnten ausgerichtet werden, es gebe überall Räume, die groß genug für solche Veranstaltungen seien und in denen man mit genügend Sicherheitsabstand voneinander sitzen könnte wie zum Beispiel Turnhallen.
Auch die nötige Anzahl an Räumlichkeiten für die Wahllokale dürften gefunden werden, so Schäfer. Zwar werde es wegen der Pandemie schwieriger, entsprechende Räume zu finden, weil traditionelle Einrichtungen wie Kindergärten Schulen und Seniorenheime als Wahllokale zum Teil wegfielen. „Meine Botschaft lautet aber: Es wird auf jeden Fall komplizierter, die Wahl zu organisieren. Es wird schwieriger und teurer werden. Aber wir kriegen das hin. Die Leute brauchen keine Angst haben, zur Wahl zu gehen. Im Gegenteil.“
Leitartikel, Nordrhein-Westfalen