Staatshilfe gegen Landerechte
Die Lufthansa muss in München und Frankfurt Slots an Wettbewerber abgeben. Widerwillig stimmte der Aufsichtsrat den EU-Auflagen zu. Nun muss die außerordentliche Hauptversammlung am 25. Juni grünes Licht geben.
BRÜSSEL (anh/dpa) Nach harten Verhandlungen zwischen Brüssel und Berlin stimmen die Spitzen der Lufthansa dem Rettungspaket und der von der EU geforderten Auflagen zu. Demnach muss die Airline im Gegenzug für die staatliche Hilfe von neun Milliarden Euro an ihren wichtigsten Flughäfen Frankfurt und München Start- und Landerechte an Konkurrenten abgeben. Am Samstag gab der Vorstand der Lufthansa grünes Licht, am Montag der Aufsichtsrat. „Nach intensiver Diskussion haben wir uns dazu durchgerungen, dem Vorschlag zuzustimmen“, sagte Chefkontrolleur Karl-Ludwig Kley. „Wir empfehlen unseren Aktionären, diesen Weg mitzugehen, auch wenn er ihnen substanzielle Beiträge zur Stabilisierung ihres Unternehmens abverlangt.“Vor der Lufthansa liege nun ein sehr schwieriger Weg. Die Aktionäre sollen auf einer außerordentlichen, virtuellen Hauptversammlung am 25. Juni entscheiden, ob sie das Rettungspaket annehmen.
Das Unternehmen wird verpflichtet, in Frankfurt und München je einem Wettbewerber die Stationierung von je bis zu vier Flugzeugen samt bis zu 24 Start- und Landerechten zu übertragen. Die EU-Kommission hatte zunächst die Abgabe von 20 Jets gefordert. Angeboten hatte Lufthansa die Abgabe von drei Flugzeugen. Die nun gefundene Option stehe für zumindest anderthalb Jahre nur neuen Wettbewerbern in München und Frankfurt zur Verfügung, erklärte die Lufthansa. Falls kein neuer Wettbewerber die Offerte nutze, dürfen auch vorhandene Wettbewerber zugreifen. Die Slots sollen per Bieterverfahren zugeteilt werden, aber nur an europäische Wettbewerber, die selbst keine wesentliche staatliche Rekapitalisierung aufgrund der Corona-Pandemie erhalten habe.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) zeigte sich erfreut, die Lufthansa werde eine große und weltweit erfolgreiche Airline bleiben. Andere Reaktionen fielen verhalten aus. Der Chef der Unions-Abgeordneten im Europaparlament, Daniel Caspary, kritisierte die Linie von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Wie schon bei der verhinderten Fusion der Zugsparte von Siemens und Alstom gilt bei den Lufthansa-Vorgaben: Die wesentlichen Wettbewerber sitzen außerhalb Europas, und die können sich jetzt ins Fäustchen lachen.“Vestager schade damit der europäischen Wettbewerbsfähigkeit. Der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen lobte hingegen, dass der Kompromiss fairen Wettbewerb sichere. Man wünsche sich aber verbindliche Klimaauflagen.
Im Lufthansa-Konzern stehen Zehntausende der 138.000 Arbeitsplätze wegen der Corona-Krise auf
der Kippe. Daher will die Bundesregierung ihn mit einem neun Milliarden Euro umfassenden Hilfspaket stützen. Die EU-Kommission muss solche Hilfen genehmigen und darauf achten, ob sie dem Wettbewerb schaden. Nun lobte die Kommission die Zusagen der Airline als günstig für Wettbewerb und Verbraucher. Vestager argumentiert, sonst könnten die Preise für Flugtickets steigen und Verbraucher leiden.
Profiteure der Auflagen dürften Ryanair und Easyjet sein. Beide kommen bislang ohne Staatshilfe durch die Krise. Der irische Billigcarrier fliegt zwar Frankfurt an, ist aber in München noch nicht vertreten. Umgekehrt bietet der britische Konkurrent Easyjet zwar Flüge ab München an, hat sich aus Frankfurt aber gerade erst zurückgezogen. Damit dürfte Ryanair in München und Easyjet in Frankfurt zugreifen.