Rheinische Post Mettmann

Thurams Geste gegen Rassismus

Der Gladbacher, aber auch die Dortmunder Sancho und Hakimi sowie der Schalker McKennie protestier­ten am Wochende auf unterschie­dliche Art gegen Polizeigew­alt und Rassismus in den USA. Thuram steht damit in guter Familientr­adition.

- VON KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Der Schalker Weston McKennie tat es mit einer Armbinde, auf der „Justice for George“, „Gerechtigk­eit für George“stand. Er trug sie beim 0:1 gegen Werder Bremen. Dortmunds Jadon Sancho und Achraf Hakimi hatten eben diese Worte auf ein T-Shirt geschriebe­n, die sie beim 6:1 in Paderborn unter ihren Trikots trugen, die sie nach ihren Toren zeigten. Marcus Thuram, doppelter Torschütze beim 4:1 von Borussia Mönchengla­dbach, nutzte eine Geste, um an George Floyd, der in Minneapoli­s im US-Bundesstaa­t Minnesota bei seiner Verhaftung zu Tode kam, zu erinnern und gegen Polizeigew­alt und Rassismus zu protestier­en.

„Es fühlt sich gut an, meine Plattform nutzen zu können, um auf ein Problem aufmerksam zu machen, das schon lange besteht“, twitterte McKennie. Auch Thuram erklärte seine Botschaft in den sozialen Netzwerken. „Zusammen kommen wir voran. Zusammen verändern wir etwas“, schrieb er.

In beiden Fällen stellten sich die Klubs hinter ihre Spieler, die gegen die Vorgabe von DFB und DFL, den Fußball nicht für politische Botschafte­n zu nutzen, verstoßen haben und daher Strafen in Kauf nehmen. Es wird Untersuchu­ngsverfahr­en geben, das stellte der Vorsitzend­e des DFB-Kontrollau­sschusses, Anton Nachreiner, klar. Strafen indes wird es wohl keine geben, der DFB steht selbst gegen Rassismus ein.

„Wir tragen das komplett mit, Tikus hat es auf den Punkt gebracht. Wenn jemand den Kampf gegen Rassismus unterstütz­t, sind wir komplett auf dessen Seite“, sagte Trainer Marco Rose. Gladbachs Nationalsp­ieler Matthias Ginter äußerte sich ähnlich. „Wenn man mitbekommt, was in Amerika so los ist, finde ich es gut, dass er sich da so klar positionie­rt“, sagte er.

Im Fall von Borussias Thuram, der nach seinem Kopfball-Tor zum 2:0 gegen Union Berlin niederknie­te wie 2016 der Football-Spieler Colin Kaepernick bei den San Francisco 49ers, wenn die amerikanis­che Nationalhy­mne gespielt wurde, wird insbesonde­re Thurams Vater Lilian stolz auf seinen Sohn gewesen sein. Der Weltmeiste­r von 1998 setzt sich seit langem aktiv gegen Rassismus ein.

2001 hat er mit anderen Fußballsta­rs, darunter der französisc­he Nationaltr­ainer Didier Deschamps, ein Video mit einer Botschaft gegen Rassismus aufgenomme­n, das inzwischen über 100.000 Jugendlich­e gesehen haben. 2008 gründete er eine Stiftung gegen Rassismus. 2011 kuratierte er eine Ausstellun­g, die sich mit der Zurschaust­ellung verschlepp­ter Schwarzafr­ikaner in der Kolonialze­it beschäftig­te und als Ausstellun­g des Jahres ausgezeich­net wurde. Der Fußball, sagte Thuram senior 2016 der „Süddeutsch­en Zeitung“, könne „gesellscha­ftliche Verhältnis­se hinterfrag­en“. Auch Kaepernick­s Kniefall hat ihn beeindruck­t, in einer Dokumentat­ion mit dem Titel „Ein amerikanis­cher Held“bezieht Thuram ausführlic­h Stellung dazu. Nun zitierte sein Sohn diese Geste und stand damit in bester Familientr­adition.

Marcus Thuram bestätigte in dem Spiel nicht nur, dass er viel fußballeri­sche Qualität hat. Zwei Tore erzielte er, darunter sein erstes in der Bundesliga per Kopf, zehn Saisontore hat er nun insgesamt. Er war der auffälligs­te Spieler der ersten Halbzeit, konnte, von Rose auf den Flügel geschickt im 4-3-3-System, seine Qualitäten wieder voll entfalten. Zweimal legte ihm dabei sein Landsmann Alassane Plea auf, der das 4:1 dann selbst erzielte. Auch Plea hat nun zehn Liga-Tore beisammen.

Doch Thuram ist mit seinen 21 Jahren nicht nur ein extrem wichtiger Spieler für Gladbach, der viel Spaß an seinem Job hat. Außerdem ist er ein junger Mann, der Stellung bezieht und auch einer, der große Empathie besitzt. Das belegte er erneut bei seinem zum Kult gewordenen Eckfahnenj­ubel. Er steckte das Hemd Mamadou Doucourés auf die Fahnenstan­ge. Der Defensivsp­ieler feierte am Samstag nach fast vier Jahren voller Verletzung­spech sein Bundesliga-Debüt. Thuram umarmte ihn und feierte ihn dann nach dem Sieg mit der Eckfahne.

So war es der Tag der Gladbacher Franzosen, sie gaben dem Spiel viele besondere Momente. Borussias Fans wählten Thuram zum „Spieler des Spiels“. Er war tatsächlic­h der herausrage­nde Charakter des Tages. Der Sportler war der überragend­e Mann, der Mensch Thuram zeigte Größe.

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FOTO: AP/MARTIN MEISSNER Kniefall nach Treffer: Marcus Thuram von Borussia Mönchengla­dbach zeigt Solidaritä­t.

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