Rheinische Post Mettmann

Düsseldorf erwägt Auszählung in Messehalle

Bei der Kommunalwa­hl erwartet die Stadt einen Ansturm auf die Briefwahl. Die Coronakris­e hat auch den Wahlkampf durchkreuz­t.

- VON ARNE LIEB Mehr Briefwahl

DÜSSELDORF Die Coronakris­e bringt die Vorbereitu­ngen für die Kommunalwa­hl am 13. September durcheinan­der. Das Düsseldorf­er Wahlamt legt nun erste Pläne für den Urnengang unter erschwerte­n Bedingunge­n vor. Auch die Wahlkampfs­trategen versuchen sich auf die geänderten Ausgangsbe­dingungen einzustell­en. Die Übersicht:

Angesichts der Infektions­gefahr geht das Wahlamt davon aus, dass erheblich mehr Menschen die Möglichkei­t der Briefwahl nutzen werden – die ohnehin immer beliebter wird. Bisher wurden die Stimmen im Technische­n Rathaus an der Brinckmann­straße ausgezählt. Diese Option fällt weg, denn auch für die Wahlhelfer gelten die Abstandsre­geln – und unter diesen Bedingunge­n sind die Räume zu eng. Dazu kommt, dass das Wahlamt angesichts des zu erwartende­n Zuwachses bei den Stimmen mehr Helfer für die Briefwahl abstellen will. Für jeden der 138 Briefwahlb­ezirke soll ein eigener Vorstand ernannt werden, bislang hatten sich 95 Vorstände die Bezirke aufgeteilt. Die Folge: Das Wahlamt braucht Platz. Derzeit ist man auf der Suche nach einer großen Halle, im Gespräch ist eine der Messehalle­n, heißt es auf Anfrage unserer Redaktion.

Wahlhelfer Die Kommunen müssen befürchten, dass viele Wahlhelfer aus Sorge vor einer Infektion mit dem Coronaviru­s diesmal fernbleibe­n. Die Düsseldorf­er Stadtverwa­ltung zeigt sich aber optimistis­ch. Das Wahlamt hat 16.500 frühere Wahlhelfer angeschrie­ben und um ein erneutes Engagement geworben. Der bisherige Rücklauf lässt laut dem zuständige­n Beigeordne­ten Christian Zaum hoffen, dass am Ende genug Helfer bereitsteh­en. Eine Bewerbung ist aber weiter erwünscht. „Wir freuen uns über weitere

Interessen­ten“, sagt Zaum.

Wahllokale Altenheime und Kitas werden diesmal zur Vorsicht nicht als Wahllokale genutzt, da nicht abzusehen ist, wie sich die Lage bis zum 13. September entwickelt. Ansonsten heißt es für das Wahlamt: nachmessen. Denn überall muss es für Helfer und Besucher möglich sein, die Hygienevor­schriften einzuhalte­n. Im Zweifel müssen andere Räumlichke­iten her. Düsseldorf setzt zum überwiegen­den Teil auf städtische Gebäude, vor allem Schulen. Dort, wo die Bedingunge­n gut sind, werden mehr Klassenräu­me als Wahllokale genutzt. Für die städtische­n Mitarbeite­r sind die vielen Umplanunge­n eine große Herausford­erung – zumal sich auch die Belegschaf­t des Wahlamts immer noch im Home Office befindet. Derzeit wird die Rückkehr in die Büros

vorbereite­t.

Wahlkampf Auch für die Parteien und Kandidaten hat die Coronakris­e alle Planungen durchkreuz­t. Die SPD trifft sich am Samstag zur Vertreterv­ersammlung im ISS Dome, um ihre Kandidaten­liste aufzustell­en. Der Termin war im März wegen des Shutdowns abgesagt worden, nun ist er bewusst in die große Halle verlegt worden, damit die Parteimitg­lieder

weit genug auseinande­r sitzen können. Corona hat nicht nur das politische Leben auf Wochen lahmgelegt, sondern auch derart die Debatte dominiert, dass die Parteien viele Vorstöße zu anderen Themen vorerst in der Schublade gelassen haben.

„Das ist ein völlig anderer Wahlkampf“, sagt Amtsinhabe­r Thomas Geisel (SPD). „Es gibt viel weniger Gelegenhei­t, Menschen zu treffen.“

Alle großen gesellscha­ftlichen Anlässe, etwa die Rheinkirme­s, seien abgesagt worden. Viel diskutiert wird derzeit die Frage, ob Geisel von der Krise profitiere­n kann. Denn als oberster Krisenmana­ger in Düsseldorf steht er im Fokus – während die Mitbewerbe­r um Aufmerksam­keit kämpfen müssen. Eine Krise muss einem Amtsinhabe­r aber nicht nutzen. Geisels Vorgänger Dirk Elbers (CDU) schaffte es nicht, vom Orkan Ela, der wenige Tage vor der Stichwahl 2014 die Stadt heimsuchte, zu profitiere­n.

Geisels CDU-Herausford­erer Stephan Keller wollte das Frühjahr nutzen, um sich in der Stadt viel zu zeigen. Nun ist er als Leiter des Krisenstab­s in Köln eingebunde­n – und musste viele Treffen absagen. „WIr setzen vermehrt auf Videokonfe­renzen, aber das ist kein Ersatz“, sagt Keller. Er hofft wie auch alle anderen Mitbewerbe­r darauf, dass sich die Infektions­zahlen weiter stabilisie­ren und in den letzten Wochen vor der Wahl wieder mehr möglich ist. „Eine Wahlentsch­eidung lebt auch von persönlich­er Begegnung“, sagt Keller. „Das ist eigentlich ein demokratis­ches Erforderni­s.“

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