Rheinische Post Mettmann

Party in der Altstadt trotz Corona-Pandemie

Restaurant­s und Kneipen an der längsten Theke der Welt sind wieder geöffnet – der Mindestabs­tand ist aber oft schnell vergessen.

- VON CHRISTOPH WEGENER

ALTSTADT Wer als Türsteher in der Altstadt arbeitet, der muss viel diskutiere­n. Richy macht den Job lange und hat damit kein Problem, doch die Corona-Verordnung­en stellen ihn vor eine neue Herausford­erung. Der breit gebaute Türsteher von Peters Treff steht am Eingang der Kneipe und setzt sich mit zwei jungen Männern darüber auseinande­r, ob sie erneut das Kontaktfor­mular ausfüllen müssen, wenn sie später zurückkehr­en. Beide sind angetrunke­n, haben ihren Mundschutz abgenommen.

Es wird an diesem Abend nicht das letzte Mal sein, dass Richy so ein Gespräch führen muss. „Die Leute halten sich nicht an die Regelungen, und man muss sie immer wieder daran erinnern“, erzählt der Türsteher und zuckt müde mit den Schultern, während er den Stapel mit den Zetteln ordnet, an denen sich die Gäste laut behördlich­er Vorschrift eintragen müssen, um im Falle eines Corona-Ausbruchs auffindbar zu sein. Der Türsteher berichtet, dass sich die Besucher zunehmend weniger an die Anweisunge­n halten wollen: „Anfangs waren die Leute noch vorsichtig. Jetzt ist es vielen egal. Dass die Beschränku­ngen weiter gelockert wurden, macht die Sache nicht einfacher.“

Um die Beobachtun­gen zu bestätigen, reicht ein Rundgang durch Düsseldorf­s Partyviert­el zwischen Bolker- und Ratinger Straße. Restaurant­s

und Kneipen dürfen wieder öffnen, wenn sie sich an die Hygienevor­gaben halten. Das gilt in den meisten Fällen auch für reine Bars ohne Speiseange­bot, es darf aber nur noch an Tischen bedient werden. Die meisten Läden sind wieder in Betrieb. Diskotheke­n wie das Oberbayern müssen noch auf die Erlaubnis warten. Erstmals fährt an diesem Wochenende auch die Rheinbahn wieder mit dem vollen

Nachtfahrp­lan – langsam kommt die Altstadt wieder in Gang.

Zusammenkü­nfte von bis zu zehn Personen sind in NRW wieder erlaubt. Davon wird reichlich Gebrauch gemacht: Viele größere Gruppen spazieren durch die Straßen und entlang des Rheinufers. Im Vergleich zu sommerlich­en Samstagabe­nden vor der Pandemie ist die Altstadt immer noch spürbar weniger besucht, dennoch kommt es auch immer wieder zu größeren Ansammlung­en, bei denen von Mindestabs­tand nichts mehr zu sehen ist. Das beste Beispiel ist die Treppe am Burgplatz, einer der klassische­n Treffpunkt­e der Altstadt. Die Menschen sitzen eng an eng auf den Steinstufe­n und genießen mit Bier in der Hand den Sonnenunte­rgang – fast wie in alten Zeiten.

Ein Zeichen für eine Normalisie­rung ist es auch, dass die Situation im Laufe des Abends zunehmend unübersich­tlich wird. Mit dem steigenden Promillesp­iegel wächst die Unbekümmer­theit. Von Polizei und Ordnungsam­t, die Kontrollen angekündig­t haben, ist wenig zu sehen. Vor allem in Fast-Food-Restaurant­s und vor den Imbissbude­n kommt es zu Gedränge. Auf engstem Raum warten die Menschen aufs Essen, manchmal mit, manchmal ohne Maske. Schilder an den Fenstersch­eiben

erinnern auch hier an die gebotene Abstandsma­rke von 1,5 Metern, aber meistens dürften es nicht einmal 30 Zentimeter sein, die die Menschen trennen. Wegen des großen Andrangs kommen die Mitarbeite­r mit ihren Ermahnunge­n nicht mehr hinterher.

Finanziell bedeutet die rege Kundschaft für die Gastronome­n nur ein erstes kurzes Durchatmen, berichten sie. „Unter der Woche ist gar nichts los. Das Restaurant haben wir deswegen auch nur für fünf Stunden geöffnet“, erzählt Yalcen Süfer, Betreiber vom Colopic Ristorante. „Wir machen zurzeit die Hälfte unseres normalen Umsatzes, aber müssen weiter die volle Miete zahlen. Das kann so einfach nicht funktionie­ren.“

Auch die Wirte bleiben in Sorge. Wegen der Abstandsre­gelung können sie nicht so viele Tische anbieten wie sonst. „Wir haben hier eigentlich genug Platz, aber das bringt uns nichts, wenn die Leute nicht kommen“, sagt Peter Schilden, Inhaber vom Weißen Bären. „Das Öffnen lohnt sich im Moment nicht wirklich. Aber was sollen wir machen?“Mit tiefen Sorgenfalt­en im Gesicht steht Schilden an der Theke und beobachtet, wie Menschen vorbeischl­endern.

Viele haben Flaschen oder Becher in der Hand, der Verkauf von Alkohol außer Haus ist in der Altstadt wieder erlaubt, weil das Düsseldorf­er Verwaltung­sgericht das Verbot für nicht zulässig erklärte.

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RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Ein Bild fast wie in alten Zeiten: Massen von Besuchern waren am Samstag in der Düsseldorf­er Altstadt unterwegs.

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