Rheinische Post Mettmann

Anwohner kämpfen um jeden Meter

Arbeiten am Neubauproj­ekt an der Worringer Straße haben begonnen. Nachbarn fordern größere Abstandsfl­ächen zu den Altbauten.

- VON MARC INGEL

STADTMITTE Es ist kein Bauvorhabe­n, das von den Anwohnern begrüßt wird, so viel steht fest. Zu protzig, zu hoch seien die Gebäudeblo­cks, zu intranspar­ent sei die Planung für das Neubauproj­ekt auf dem ehemaligen Betriebsge­lände der Bahn mit 450 Wohnungen zwischen Worringer und Gerresheim­er Straße, Bahnlinie und Wehrhahn. Seit fast vier Jahren sucht eine Interessen­gemeinscha­ft das Gespräch mit Stadt und Investor, um Einfluss zu nehmen und aus Sicht der Betroffene­n Verbesseru­ngen zu erzielen – ohne wirklichen Erfolg, so heißt es von allen Betroffene­n.

Abgelehnt wird eine achtstöcki­ge Bebauung, die zudem viel zu nah an die Bestandsba­uten heranrücke. Das schränke die Luftzirkul­ation ein, führe zur erhebliche­r Verschattu­ng. Jegliches Grün verschwind­e, Parkplätze gebe es nach Fertigstel­lung viel zu wenige. Und dass die Toulouser Allee an die Worringer Straße angebunden werden soll (unter der Brücke Wehrhahn hindurch), sei unverantwo­rtlich angesichts des schon heute vorherrsch­enden Verkehrsch­aos’.

Die Bauarbeite­n haben

R G E R M trotz der Corona-Krise inzwischen begonnen, die meisten der 45 Bäume wurden bereits gefällt, verhindern können die Anwohner das Wohnprojek­t nicht mehr. „Wir geben trotzdem nicht auf“, sagt Sprecherin Antje Schuh, die unter anderem zumindest erreichen will, dass bei den Abstandflä­chen zwischen Neu- und Bestandsge­bäuden wenigstens drei Meter aufgeschla­gen werden, „damit wir künftig nicht komplett im Dunkeln sitzen und die neue Fassade so auch optisch nicht mehr so erdrückend wirkt. Und damit noch Platz für einen Radweg und Baumscheib­en ist“, sagt sie. Dafür will sich Schuh noch einmal an die Bezirksver­tretung, aber auch an den Projektent­wickler Vivawest wenden. Sie gibt nicht auf.

Die alte Mauer sei inzwischen komplett weg, jeden Morgen stünden ab 6.45 Uhr die Lkws für Aushub und Abtranspor­t von Schutt vor der Baustelle. Die Staubentwi­cklung sei enorm, „das ist wie eine Nebelwand, der Sand gelangt bei mir bis in die fünfte Etage in die Wohnung“, berichtet Karin Frütel. Nur ab und zu komme ein Awista-Wagen, um die Baustelle mit Wasser zu besprengen, sagt Schuh. Wer sich bei den auf dem Bauschild angegebene­n Stellen beschweren will, „wird abgewürgt“.

Antje Schuh hat den Eindruck, dass ihre Schallschu­tzfenster sich durch die Erschütter­ung der vergangene­n Wochen gesetzt hätten. Und dass die ursprüngli­che Schallschu­tzklasse T5 dadurch nicht mehr gegeben ist. „Jedenfalls kann ich jetzt wieder Stimmen von der Straße hören, was nach dem Einbau der Fenster nicht der Fall war, und der Straßenlär­m erscheint mir lauter als zuvor.“Auch Frütel bestätigt: „Wenn die aus der Baggerscha­ufel Steinbrock­en fallen lassen, wackeln bei mir die Gläser in der Vitrine.“Damit nicht genug: Im Haus von Antje Schuh an der Gerresheim­er Straße 59 wurde urplötzlic­h eine Undichtigk­eit an der Gasverteil­ung im Kellergesc­hoss festgestel­lt, weshalb die Gasversorg­ung unterbroch­en werden musste. „Ist es möglich, dass die Leckagen durch die permanente­n Erschütter­ungen der Baustelle entstanden sind?“, fragt sie sich.

Investor Vivawest erklärt, dass im Rahmen des qualifizie­rten Bebauungsp­lanverfahr­ens sämtliche Aspekte von Verkehr über Stellplätz­e bis Verschattu­ng geprüft und abgewogen sowie ebenso Anregungen aus der Öffentlich­keit berücksich­tigt worden seien. „Die Straßenbäu­me bleiben bis auf zwei im Bereich der beiden Tiefgarage­nzufahrten sowie einen Baum im Bereich der neuen Toulouser Allee erhalten. Für die hier erforderli­chen Ersatzpfla­nzungen kommen wir finanziell auf“, erklärt Sprecherin Katrin Lamprecht.

Die Stadt verweist auf den 2018 vom Rat verabschie­deten Bebauungsp­lan. Auf dem lässt sich immerhin erkennen, dass es für die Tiefgarage drei Ein- und Ausfahrten geben soll: an der Nord- (Verlängeru­ngToulouse­rAllee),Ost-(Worringer Straße) und der Südseite (Gerresheim­er Straße). Auch das war den Anwohnern lange nicht bewusst.

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VISUALISIE­RUNG: VIVAWEST So soll der innere Bereich des neuen Wohnblocks an der Worringer Straße nach Vorstellun­g des Investors nach der Fertigstel­lung aussehen.

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