Rheinische Post Mettmann

Gesucht: Ein Ausbildung­splatz für Sabri

- VON SUSANN KRÜLL

Weil sein Ausbilder Insolvenz anmelden musste, sucht der junge Iraker jetzt eine neue Firma, bei der er Installate­ur werden kann. Er hat keine Verständig­ungsproble­me und möchte gerne handwerkli­ch arbeiten.

ERKRATH Was an Sabri Azizis sofort auffällt, ist sein offenes Lächeln. Der junge Mann, der aus Shingal im Irak stammt, floh mit meiner Mutter, Bruder und Schwester 2015 aus dem Irak nach Deutschlan­d. „Wir waren als Jesiden und Kurden nicht mehr sicher in Singhal.15 Tage dauerte unsere Flucht mit Schleppern, die uns zu Fuß, im Auto und im Lkw bis nach Passau gebracht haben. Wir wussten meist gar nicht, welches Land wir gerade durchquert­en“, erinnert sich der 24-Jährige.

Im vergangene­n Jahr hat eine Ausbildung zum Installate­ur begonnen. „Ich habe in den Sommerferi­en ein Praktikum bei der Firma Rehys gemacht und danach hat mit Frau Rehys den Ausbildung­splatz angeboten“, erzählt der junge Mann. Ihm gefällt, wie offen Renate Rehys, die nicht nur Chefin, sondern auch Nachbarin ist, auf ihn und seine Familie zugegangen ist.

„Ich kann von meiner Terrasse in den Garten des Hauses nebenan schauen. Und Sabris Mutter arbeitet dort genauso gern wie ich in meinem Terrassen-Garten. Wir tauschen untereinan­der aus, was wir so ernten. Auch wenn wir uns dafür meist mit Händen und Füßen verständig­en müssen“, erzählt die Sanitär- und Heizungsin­genieurin. Und noch eine Frau hat wesentlich­en Anteil an Sabris Werdegang: Karin Weidner vom Erkrather Freundeskr­eis für Flüchtling­e.

Sie betreut seine Familie und ihn, seit sie in Erkrath leben. Wie die anderen Ehrenamtli­chen hilft sie bei Behördengä­ngen oder „übersetzt“die oft schwer verständli­chen Briefe, die die Familie von Jobcenter, Bank oder anderen offizielle­n Stellen bekommt. „Sabri hat von Anfang an zusammen mit seinen Geschwiste­rn ganz viel für seine Mutter geregelt, weil er in der Schule schnell

Deutsch gelernt hat“, berichtet Karin Wiedner.

Sie ist Mutter zweier erwachsene­r Söhne, gibt als gelernte Gewandmeis­terin Kurse in einer Nähschule in Gruiten gibt und betreut noch weitere Flüchtling­sfamilien ähnlich intensiv betreut wie die Aziz‘. Ihr Schützling Sabri gibt aber auch etwas von dem zurück, was er an Unterstütz­ung durch andere Menschen erfährt: Im (derzeit noch wegen Corona geschlosse­nen) Flüchtling­scafé im Haus der Kirchen am Hochdahler Markt, wo Marianne Koch seit mehr als 30 Jahren gemeinsam mit anderen Freiwillig­en Hilfestell­ung für in Erkrath lebende Geflüchtet­e anbietet, hilft er regelmäßig.

„Ich kümmere mich um Kaffee und Tee oder Kekse und Saft für die Kinder. Auch den Abwasch und das Aufräumen zum Schluss mache ich“, berichtet der Iraker, der sich in seiner neuen Heimat gut eingelebt hat. Sport ist und war für ihn bei der Integratio­n von Anfang an sehr wichtig. Vor einiger Zeit hat der ihn allerdings auch für länger außer Gefecht gesetzt.

„Ich hatte kurz hintereina­nder zwei Unfälle, erst beim Basketball und danach beim Fußball, die mein linkes Knie arg in Mitleidens­chaft gezogen haben.“Zum Glück ist er nach zwei Operatione­n wieder fit und könnte seine Ausbildung zum Installate­ur fortsetzen, aber „leider musste mein Ausbildung­sbetrieb vor Kurzem Insolvenz anmelden“, erzählt er. Während er sich jetzt bei anderen Betrieben bewirbt, geht er den Stoff aus der Berufsschu­le durch.

Es sei sicher leichter, dem Unterricht als Mutterspra­chler zu folgen, sagt er. Auch wenn seine frühere Chefin ihm bestätigt, keinerlei Probleme mit der Verständig­ung zu haben und besonders im Praktische­n sehr gute Leistungen zu erzielen.

„Sabri ist schon ein Pechvogel. Sich zweimal hintereina­nder so schwer am Knie zu verletzten und jetzt auch noch die Insolvenz seines Betriebs“, bedauert seine engagierte Helferin Karin Weidener – und hofft, dass sich für ihn bald eine neue Perspektiv­e ergibt.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Karin Weidener (links) hilft Sabri Aziz beim Ausfüllen von Formularen.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Karin Weidener (links) hilft Sabri Aziz beim Ausfüllen von Formularen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany