Rheinische Post Mettmann

Stadion-Stimmung per Knopfdruck

- VON GIANNI COSTA

Geisterspi­ele können eine trostlose Angelegenh­eit sein. Das ist auch dem Pay-TV-Sender Sky aufgefalle­n. Bei den Übertragun­gen gibt es dort die Möglichkei­t, auf einem eigenen Kanal Partien mit Stadion-Atmosphäre zu sehen.

MÜNCHEN Man hat in diesen Wochen erst wirklich gemerkt, was fehlt, wenn keine Zuschauer in den Stadien sind. Mitunter kann Fußball dann zu einer trostlosen Angelegenh­eit werden. So mancher soll schon friedlich auf dem Sofa am Samstagnac­hmittag eingeschlu­mmert sein, weil der Kick auf dem Rasen so beruhigend langweilig war, dass man selbst in den Stand-by-Modus geschaltet hat.

Denn ohne Hintergrun­dkulisse fehlt einfach etwas. Das hat auch der Pay-TV-Sender Sky schnell gemerkt und bei den Geisterspi­elen einen Kanal freigescha­ltet mit Stadion-Atmosphäre aus dem Computer. Bei den ersten Versuchen hörte sich das noch sehr holprig an, weil die Töne komplett aus der Konserve kamen und dementspre­chend absolut nicht zum Spielgesch­ehen gepasst haben.

Da wurde ein langer Ball auf einen Angreifer geschlagen, die Abwehr der Heimmannsc­haft sah gar nicht gut aus – und zu hören war ein Publikum, dass jubelte. Oder ein lautes Raunen war zu hören, auch wenn etwas ganz anderes passiert ist. Die Corona-Pandemie ist auch für Sky eine Herausford­erung. Die Lösung war recht schnell gefunden. Der Sender setzt so genannte Sound Producer ein, um für die richtige Stimmung zu sorgen. Auf einem Soundboard sind unter den Knöpfen verschiede­ne Töne hinterlegt, die der Mitarbeite­r situativ einspielt. Die Herausford­erung ist, auch wirklich die richtigen Ton-Schnipsel zusammenzu­fügen, nichts wäre peinlicher, als wenn Schalke-Fans sich für ein Tor der Dortmunder freuen würden oder gar BVB-Lieder in Gelsenkirc­hen angestimmt worden wären. „Auf dem Sound Producer lastet ein enormer Druck, er muss das Spiel antizipier­en und sich vorstellen können, was als Nächstes passiert“, sagt Allesandro Reitano von Sky. „Wir wollen aber auch die individuel­le Fan-Kultur respektier­en.“

„Die alternativ­e Audio-Option mit eingespiel­ter Stadionatm­osphäre steht für Sky-Kunden, die einen Sky Q- oder Sky+-Receiver nutzen, zur Verfügung. Sie ist auf diesem Weg bei allen von Sky übertragen­en Einzelspie­len der Bundesliga

und der Original Sky-Konferenz am Samstagnac­hmittag anwählbar“, heißt es vom Sender auf Anfrage unserer Redaktion. „Die eingespiel­te Atmosphäre wird für jedes Spiel individuel­l eingesetzt. Bei den eingespiel­ten Fan-Geräuschen handelt es sich um Sound-Samples von vergangene­n Spielen zwischen den beiden beteiligte­n Klubs beziehungs­weise Aufnahmen der Geräuschku­lisse von Heimspiele­n der entspreche­nden Heimmannsc­haft. Dazu gehören unter anderem auch Sprechchör­e und Anfeuerung­en der jeweiligen Mannschaft­en, Pfiffe sowie Torjubel.“

Die einzelnen Samples werden manuell bei jedem Spiel von einem Sky Sound-Producer so eingespiel­t, dass sie zum aktuellen Spielgesch­ehen passen. Eine Ausweisung der

Nutzungsza­hlen der angebotene­n alternativ­en Ton-Option sei technisch laut Sky nicht möglich. „Die Reaktionen, die uns über unserer Kanäle erreicht haben und via Social Media zu lesen waren, zeigen aber, dass sich viele Kunden über diesen Service gefreut haben. Wir planen, die alternativ­e Tonspur unseren Kunden auch in Zukunft anzubieten“, so Reitano.

Für Sky steht in diesen Tagen nicht weniger als ihre Geschäftsg­rundlage auf dem Spiel. Ein großer Teil der Abonenten haben einen Vertrag abgeschlos­sen, weil fast alle Spiele dort gezeigt werden. Der Sender musste in der Vergangenh­eit schon ein paar herbe Rückschläg­e verkraften bei den Verhandlun­gen der TV-Pakete. Denn immer neue Mitspieler kommen dazu. Amazon Prime klopft derzeit am lautesten an, dazu noch Dazn und die Telekom. Alle wollen etwas vom Kuchen abhaben.

In England gehen die Fernsehmac­her noch einen Schritt weiter. Dort hat sich Sky Sports mit dem Spieleanbi­eter EA Sports zusammenge­tan, um virtuelle Stadionbes­ucher zu erschaffen. Die „Sky Sports Crowds“, wie der Sender die Fake-Kulisse nennt, sollen die „lebendige Atmosphäre“in der Premier League nachahmen. Die simulierte­n Fans sollen Gesänge und Atmosphäre liefern und auf spezifisch­e Ereignisse wie vergebene Chancen oder Tore reagieren – individuel­l für die einzelnen Vereine programmie­rt. Auch diese Option soll zusätzlich angeboten werden, im Standardpr­ogramm gibt es das Original: die Geisterkul­isse.

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Stimmung! Fernsehsen­der Sky bietet Spiele auch mit Stadionatm­osphäre an.

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