Stadion-Stimmung per Knopfdruck
Geisterspiele können eine trostlose Angelegenheit sein. Das ist auch dem Pay-TV-Sender Sky aufgefallen. Bei den Übertragungen gibt es dort die Möglichkeit, auf einem eigenen Kanal Partien mit Stadion-Atmosphäre zu sehen.
MÜNCHEN Man hat in diesen Wochen erst wirklich gemerkt, was fehlt, wenn keine Zuschauer in den Stadien sind. Mitunter kann Fußball dann zu einer trostlosen Angelegenheit werden. So mancher soll schon friedlich auf dem Sofa am Samstagnachmittag eingeschlummert sein, weil der Kick auf dem Rasen so beruhigend langweilig war, dass man selbst in den Stand-by-Modus geschaltet hat.
Denn ohne Hintergrundkulisse fehlt einfach etwas. Das hat auch der Pay-TV-Sender Sky schnell gemerkt und bei den Geisterspielen einen Kanal freigeschaltet mit Stadion-Atmosphäre aus dem Computer. Bei den ersten Versuchen hörte sich das noch sehr holprig an, weil die Töne komplett aus der Konserve kamen und dementsprechend absolut nicht zum Spielgeschehen gepasst haben.
Da wurde ein langer Ball auf einen Angreifer geschlagen, die Abwehr der Heimmannschaft sah gar nicht gut aus – und zu hören war ein Publikum, dass jubelte. Oder ein lautes Raunen war zu hören, auch wenn etwas ganz anderes passiert ist. Die Corona-Pandemie ist auch für Sky eine Herausforderung. Die Lösung war recht schnell gefunden. Der Sender setzt so genannte Sound Producer ein, um für die richtige Stimmung zu sorgen. Auf einem Soundboard sind unter den Knöpfen verschiedene Töne hinterlegt, die der Mitarbeiter situativ einspielt. Die Herausforderung ist, auch wirklich die richtigen Ton-Schnipsel zusammenzufügen, nichts wäre peinlicher, als wenn Schalke-Fans sich für ein Tor der Dortmunder freuen würden oder gar BVB-Lieder in Gelsenkirchen angestimmt worden wären. „Auf dem Sound Producer lastet ein enormer Druck, er muss das Spiel antizipieren und sich vorstellen können, was als Nächstes passiert“, sagt Allesandro Reitano von Sky. „Wir wollen aber auch die individuelle Fan-Kultur respektieren.“
„Die alternative Audio-Option mit eingespielter Stadionatmosphäre steht für Sky-Kunden, die einen Sky Q- oder Sky+-Receiver nutzen, zur Verfügung. Sie ist auf diesem Weg bei allen von Sky übertragenen Einzelspielen der Bundesliga
und der Original Sky-Konferenz am Samstagnachmittag anwählbar“, heißt es vom Sender auf Anfrage unserer Redaktion. „Die eingespielte Atmosphäre wird für jedes Spiel individuell eingesetzt. Bei den eingespielten Fan-Geräuschen handelt es sich um Sound-Samples von vergangenen Spielen zwischen den beiden beteiligten Klubs beziehungsweise Aufnahmen der Geräuschkulisse von Heimspielen der entsprechenden Heimmannschaft. Dazu gehören unter anderem auch Sprechchöre und Anfeuerungen der jeweiligen Mannschaften, Pfiffe sowie Torjubel.“
Die einzelnen Samples werden manuell bei jedem Spiel von einem Sky Sound-Producer so eingespielt, dass sie zum aktuellen Spielgeschehen passen. Eine Ausweisung der
Nutzungszahlen der angebotenen alternativen Ton-Option sei technisch laut Sky nicht möglich. „Die Reaktionen, die uns über unserer Kanäle erreicht haben und via Social Media zu lesen waren, zeigen aber, dass sich viele Kunden über diesen Service gefreut haben. Wir planen, die alternative Tonspur unseren Kunden auch in Zukunft anzubieten“, so Reitano.
Für Sky steht in diesen Tagen nicht weniger als ihre Geschäftsgrundlage auf dem Spiel. Ein großer Teil der Abonenten haben einen Vertrag abgeschlossen, weil fast alle Spiele dort gezeigt werden. Der Sender musste in der Vergangenheit schon ein paar herbe Rückschläge verkraften bei den Verhandlungen der TV-Pakete. Denn immer neue Mitspieler kommen dazu. Amazon Prime klopft derzeit am lautesten an, dazu noch Dazn und die Telekom. Alle wollen etwas vom Kuchen abhaben.
In England gehen die Fernsehmacher noch einen Schritt weiter. Dort hat sich Sky Sports mit dem Spieleanbieter EA Sports zusammengetan, um virtuelle Stadionbesucher zu erschaffen. Die „Sky Sports Crowds“, wie der Sender die Fake-Kulisse nennt, sollen die „lebendige Atmosphäre“in der Premier League nachahmen. Die simulierten Fans sollen Gesänge und Atmosphäre liefern und auf spezifische Ereignisse wie vergebene Chancen oder Tore reagieren – individuell für die einzelnen Vereine programmiert. Auch diese Option soll zusätzlich angeboten werden, im Standardprogramm gibt es das Original: die Geisterkulisse.