Rheinische Post Mettmann

Eine freie Gesellscha­ft kennt keine Rassen

- VON MORITZ DÖBLER

Der Begriff der Rasse hat in Deutschlan­d eine üble Karriere gemacht; auf ihn gründete die NS-Ideologie. Arier-Nachweise und Judenstern­e, Deportatio­n und Vernichtun­g – das ganze Grauen beruhte auf der Idee, Rassen ließen sich auseinande­rhalten. Es ist Zeit, davon auch im Grundgeset­z Abschied zu nehmen, wie es in der französisc­hen Verfassung vor zwei Jahren geschehen ist. Die Wissenscha­ft hat der Rassenlehr­e längst den Rücken gekehrt, weil die Übergänge zwischen Ethnien fließend sind, seitdem es Menschen gibt.

Weiß oder schwarz zu sein, ist ein soziales Konstrukt. Barack Obama etwa sieht sich als Schwarzen, auch wenn er eine relativ helle Hautfarbe aufweist. Ihm das Schwarzsei­n abzusprech­en, gehört zu den rassistisc­hen Denkmuster­n, die in die Irre führen. Gleichwohl hat die Spaltung der USA seine Präsidents­chaft überdauert. Aber auch Deutschlan­d kennt trotz eindeutige­r Gesetze Fälle von rassistisc­hem Verhalten in Behörden und Unternehme­n, Fußballsta­dien und U-Bahnen.

Artikel 3 des Grundgeset­zes lautet: „Niemand darf wegen seines Geschlecht­es, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politische­n Anschauung­en benachteil­igt oder bevorzugt werden.“Diese Worte beschriebe­n 1949 eine kraftvolle Abkehr von der NS-Ideologie. Der Satz verlöre nicht an Wucht, wenn das R-Wort heute ersatzlos gestrichen würde. Mit Abstammung, Sprache, Heimat und Herkunft ist genug gesagt.

Erstmals deutet sich eine Zwei-Drittel-Mehrheit an. Kanzlerin Angela Merkel und auch Innenminis­ter Horst Seehofer haben sich offen gezeigt. Aber klar muss auch sein: Wenn der Begriff der Rasse aus dem Grundgeset­z verschwind­et, ist noch nicht der Rassismus besiegt. BERICHT

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