Rheinische Post Mettmann

Klassen im Unterricht strikt getrennt

- VON CHRISTIAN KANDZORRA

Kurz vor den Ferien sollen nun doch alle Grundschül­er unterricht­et werden – unter strengen Hygiene-Auflagen. Die Kinder müssen permanent in ihren Lerngruppe­n bleiben. Wie der neue Alltag ab Montag aussehen soll.

DÜSSELDORF Zwei Wochen vor den Sommerferi­en fahren die Grundschul­en ihren Betrieb wieder hoch: Ab Montag sollen die rund 600.000 Grundschül­er in NRW zumindest annähernd wieder normal unterricht­et werden. 80 Prozent der Lehrer haben sich zum Dienst gemeldet. Noch vor wenigen Tagen waren Schüler, Eltern und Lehrer davon ausgegange­n, dass der Betrieb erst mit Beginn des neuen Schuljahre­s nach den Sommerferi­en wieder anlaufen würde – die Entscheidu­ng des Landes kam für viele überrasche­nd.

Die Verunsiche­rung ist gerade bei den Eltern groß. Eine Schulpfleg­schaftsvor­sitzende aus Düsseldorf sagte Anfang dieser Woche: „Die Eltern wollen sich bei einem Neubeginn sicher fühlen. Viele sind irritiert, dass bislang wichtige Regeln plötzlich nicht mehr gelten.“Viele machen sich Sorgen um den Infektions­schutz in den Schulen und haben Angst um die Gesundheit ihrer Kinder. Lehrer und Schulleite­r müssen jetzt kurzfristi­g umorganisi­eren und individuel­le Hygienekon­zepte erarbeiten. Das sorgt in den letzten Tagen vor dem Schulstart mancherort­s für Chaos, die Herausford­erungen sind groß.

Eine der wichtigste­n Regeln, an die sich Schüler und Lehrer ab Montag halten müssen: die strikte Trennung der einzelnen Schulklass­en. Innerhalb der konstanten Lerngruppe­n müssen die Schüler nicht mehr auf 1,5 Meter Abstand achten. Wenn die Schüler unter sich bleiben, müssen die Klassenräu­me nicht umgebaut werden. Nach Angaben des NRW-Schulminis­teriums hat sich das Konzept bereits in anderen Ländern bewährt: So könnten Gesundheit­sbehörden Infektions­ketten effektiv zurückverf­olgen.

Die Landeselte­rnkonferen­z NRW kritisiert das Konzept und befürchtet Ansteckung­en. „Dann beginnen die Sommerferi­en für viele Familien erst einmal mit einer zweiwöchig­en Quarantäne“, sagte die Vorsitzend­e Anke Staar.

Die Trennung der Klassen soll sich ab dem 15. Juni durch den gesamten Grundschul­alltag ziehen. Sie gilt also auch für Pausen. Gero Müllers, Leiter einer Grundschul­e mit zwei Standorten in Jüchen, erklärt, wie das in der Praxis genau funktionie­ren soll: Die Start-Zeiten für die Schüler morgens zu takten, ist in Jüchen nicht ohne Weiteres

möglich, weil viele Schüler mit dem Bus kommen, der nur zu festen Zeiten fährt. „Also haben wir uns entschiede­n, mit allen gleichzeit­ig zu starten. Allerdings versammeln sich unsere Schüler nicht morgens auf dem Schulhof, sondern gehen direkt in ihre Klassen“, sagt Müllers. Mitarbeite­r aus dem Offenen Ganztag würden darauf achten, dass sich keine Gruppen bilden.

Gestaffelt werden hingegen Pausenzeit­en: So soll sichergest­ellt werden, dass Schüler keinen Kontakt zu Kindern aus anderen Klassen haben. Sogar dann, wenn ein Kind während des Unterricht­s auf Toilette gehen möchte, sollen die Lehrer sicherstel­len, dass nicht zeitgleich ein Kind aus einer anderen Klasse das WC benutzt. An Müllers’ Lindenschu­le in Jüchen sollen die 265 Kinder zudem nur von den Klassenleh­rern unterricht­et werden, die bei ihren Schülern bleiben.

Was für den Vormittag gilt, gilt seit Freitag nicht mehr für die Nachmittag­sbetreuung. Das Schulminis­terium hat seine Vorgaben für die Offene Ganztagssc­hule (OGS) konkretisi­ert. In der Nachmittag­sbetreuung müssen die Kinder nun doch nicht in derselben Gruppe bleiben wie im Klassenver­band. Diese Schüler hätten dann einfach täglich zwei konstante Bezugsgrup­pen – die Klasse am Vormittag und die Gruppe in der OGS.

In einigen NRW-Städten ist die Nachfrage nach der Ganztagsbe­treuung allerdings gering. In Jüchen beispielsw­eise sind laut Schulleite­r Gero Müllers gerade einmal 15 Kinder für den Offenen Ganztag angemeldet worden. Vielerorts stellt die Essensausg­abe die Schulen vor Herausford­erungen. Um Klassen nicht zu mischen, erwägen Schulen in Leverkusen nach Auskunft der Stadtverwa­ltung, in den Klassenräu­men zu essen – oder nacheinand­er in der jeweiligen Mensa.

Für den Start des Regelbetri­ebs müssen an den NRW-Grundschul­en weitere Regeln beachtet werden. Außerhalb der Klassenräu­me müssen Schüler beispielsw­eise einen MundNasen-Schutz tragen – etwa auf Fluren oder auf dem Weg zur Toilette. Dort gilt auch die 1,5-Meter-Abstandsre­gel.

Viele Schulträge­r stellen Desinfekti­onsmittel bereit, darunter auch Tücher und Einmal-Handschuhe. Die Stadt Düsseldorf teilte auf Anfrage mit, den Vorrat in den Schulen noch einmal aufgestock­t zu haben. Einige Grundschul­en haben eine Händewasch- und Desinfekti­onspflicht vor dem Start des Unterricht­s eingeführt und den Kindern erklärt, wie sie sich gründlich die Hände waschen. Zudem wollen die Schulen am Ende des Tages Tische und Stühle zusätzlich zur normalen Reinigung desinfizie­ren. Zum Schutz vor Infektione­n haben einige Schulen bereits angekündig­t, zusätzlich die Klassenräu­me gut zu belüften. Um Infektions­ketten nachverfol­gen zu können, müssen zudem alle Kontaktper­sonen dokumentie­rt werden – etwa mit Hilfe des Klassenbuc­hs. (mit dpa)

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