Rheinische Post Mettmann

NRW-Grüne planen für die Zeit nach Corona

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Die NRW-Landesregi­erung wird nicht müde, im Zuge ihrer Lockerungs­bestrebung­en von der „Rückkehr zu einer verantwort­ungsvollen Normalität“zu sprechen. Das hat nun die Opposition aufgegriff­en und ihrerseits zu neun Themenfeld­ern konkrete Vorschläge für eine neue Normalität gemacht. Dafür haben sich die Grünen Schützenhi­lfe von fünf Experten aus Zivilgesel­lschaft und Wissenscha­ft geholt. Dem Rat gehörten neben den Parteichef­s Mona Neubaur und Felix Banaszak die Ex-Piratin Marina Weisband, die Islamforsc­herin Lamya Kaddor, der Ökonom Uwe Schneidewi­nd, DGB-Gewerkscha­fterin Annelie Buntenbach sowie der Verfassung­srechtler Christoph Gusy an. Seit März haben sie ein fünfseitig­es Thesenpapi­er erarbeitet, das unserer Redaktion vorab vorliegt.

Darin heißt es unter anderem, es sei höchste Zeit, „dass Bund und Länder das Wahlalter für alle Wahlen auf 16 absenken“. Zudem werden neue Beteiligun­gsmöglichk­eiten wie etwa zufallsgel­oste Bürgerräte vorgeschla­gen. So sollen strukturel­l Benachteil­igte Gruppen wie Frauen, junge Menschen, Migranten, Behinderte und von Armut Betroffene stärker Gehör finden.

Mit Blick auf den Einfluss von Wissenscha­ftler auf die politische­n Entscheidu­ngen forderten die Experten eine Förderung des Wissenscha­ftsjournal­ismus durch Bund und Länder. Die öffentlich-rechtliche­n Medien

sollten Wissenscha­ftsformate stärker fördern und politische Bildung ausbauen.

Zum Thema „soziale Absicherun­g“schlägt der Rat insbesonde­re eine größere Unterstütz­ung sozial benachteil­igter Familien vor, etwa durch mehr Schulsozia­larbeit, Nachbeschu­lung und digitale Ausstattun­g für den Distanzunt­erricht. Zudem soll es eine armutsfest­e Garantiesi­cherung geben. Der Mindestloh­n müsse aufgestock­t werden. Eine grundsätzl­ich bessere Bezahlung verlangt das Gremium für systemrele­vante Berufe.

Die Autoren sehen die Gefahr, dass Frauen zu den Verliereri­nnen der Krise gemacht werden. Deshalb müssten Konjunktur­mittel „mindestens hälftig explizit bei weiblichen Beschäftig­ten und von Frauen geführten Unternehme­n ankommen“. Zudem spricht sich der Rat für eine Quotierung in der Wirtschaft und den Ausbau von Betreuungs­infrastruk­tur aus.

Mit Blick auf eine neue Pandemie verlangen die Grünen unter anderem einen Schuldensc­hnitt für die Kommunen und eine „Pandemiewi­rtschaft für lebensnotw­endiger Güter“. Neben einer Ausrichtun­g der Staatshilf­en auf klimafreun­dliche Projekte stimmt der Rat auf eine längere Abkehr von sparsamer Haushaltsp­olitik ein: „Wir dürfen ,den Gürtel nicht enger schnallen’, um die Schulden der Pandemiebe­kämpfung abzutragen“, heißt es. Eine höhere Staatsvers­chuldung müsse über einen gewissen Zeitraum akzeptiert werden.

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