NRW-Grüne planen für die Zeit nach Corona
DÜSSELDORF Die NRW-Landesregierung wird nicht müde, im Zuge ihrer Lockerungsbestrebungen von der „Rückkehr zu einer verantwortungsvollen Normalität“zu sprechen. Das hat nun die Opposition aufgegriffen und ihrerseits zu neun Themenfeldern konkrete Vorschläge für eine neue Normalität gemacht. Dafür haben sich die Grünen Schützenhilfe von fünf Experten aus Zivilgesellschaft und Wissenschaft geholt. Dem Rat gehörten neben den Parteichefs Mona Neubaur und Felix Banaszak die Ex-Piratin Marina Weisband, die Islamforscherin Lamya Kaddor, der Ökonom Uwe Schneidewind, DGB-Gewerkschafterin Annelie Buntenbach sowie der Verfassungsrechtler Christoph Gusy an. Seit März haben sie ein fünfseitiges Thesenpapier erarbeitet, das unserer Redaktion vorab vorliegt.
Darin heißt es unter anderem, es sei höchste Zeit, „dass Bund und Länder das Wahlalter für alle Wahlen auf 16 absenken“. Zudem werden neue Beteiligungsmöglichkeiten wie etwa zufallsgeloste Bürgerräte vorgeschlagen. So sollen strukturell Benachteiligte Gruppen wie Frauen, junge Menschen, Migranten, Behinderte und von Armut Betroffene stärker Gehör finden.
Mit Blick auf den Einfluss von Wissenschaftler auf die politischen Entscheidungen forderten die Experten eine Förderung des Wissenschaftsjournalismus durch Bund und Länder. Die öffentlich-rechtlichen Medien
sollten Wissenschaftsformate stärker fördern und politische Bildung ausbauen.
Zum Thema „soziale Absicherung“schlägt der Rat insbesondere eine größere Unterstützung sozial benachteiligter Familien vor, etwa durch mehr Schulsozialarbeit, Nachbeschulung und digitale Ausstattung für den Distanzunterricht. Zudem soll es eine armutsfeste Garantiesicherung geben. Der Mindestlohn müsse aufgestockt werden. Eine grundsätzlich bessere Bezahlung verlangt das Gremium für systemrelevante Berufe.
Die Autoren sehen die Gefahr, dass Frauen zu den Verliererinnen der Krise gemacht werden. Deshalb müssten Konjunkturmittel „mindestens hälftig explizit bei weiblichen Beschäftigten und von Frauen geführten Unternehmen ankommen“. Zudem spricht sich der Rat für eine Quotierung in der Wirtschaft und den Ausbau von Betreuungsinfrastruktur aus.
Mit Blick auf eine neue Pandemie verlangen die Grünen unter anderem einen Schuldenschnitt für die Kommunen und eine „Pandemiewirtschaft für lebensnotwendiger Güter“. Neben einer Ausrichtung der Staatshilfen auf klimafreundliche Projekte stimmt der Rat auf eine längere Abkehr von sparsamer Haushaltspolitik ein: „Wir dürfen ,den Gürtel nicht enger schnallen’, um die Schulden der Pandemiebekämpfung abzutragen“, heißt es. Eine höhere Staatsverschuldung müsse über einen gewissen Zeitraum akzeptiert werden.