Rheinische Post Mettmann

Mit dem Handy zu den Heilpflanz­en

Der Apothekerg­arten der Heinrich-Heine-Universitä­t ist schon seit Jahren digital vernetzt. Das zahlt sich jetzt aus.

- VON RABEA GRUBER

DÜSSELDORF Zwischen dem dichten Grün fallen die kleinen schwarz-weißen Quadrate kaum auf: Jeder Pflanze hier ist ein eigener QR-Code zugewiesen, der auf einer Ecke ihres Bestimmung­sschildes zu finden ist. Wer sich mit einem Smartphone durch den Apothekerg­arten an der Düsseldorf­er Heinrich-Heine-Universitä­t (HHU) bewegt, kann damit eine Menge zusätzlich­er Informatio­nen über die Pflanzen abrufen. Jetzt, im coronabedi­ngt digitalen Sommerseme­ster, ist der digitalisi­erte Garten eine wichtige Hilfe für die Studierend­en.

Der Apothekerg­arten gehört zum Botanische­n Garten an der HHU. In mehreren Beeten wachsen über 100 verschiede­ne Pflanzen, die in der Ausbildung der Pharmazeut­en genutzt werden. „Alle Pflanzen hier sind oder waren arzneilich relevant“, erklärt Rainer Kalscheuer. Der Professor lehrt am Institut für Pharmazeut­ische Biologie und Biotechnol­ogie. „Man nutzt zum Beispiel ihre Tees oder Extrakte als Arzneimitt­el oder isoliert Reinstoffe und verwendet diese dann weiter.“Dass Pharmazeut­en Pflanzen systematis­ch bestimmen können, ist Teil der Approbatio­nsordnung, also der Zulassungs­ordnung für den Apothekerb­eruf. Deswegen kommen die angehenden Pharmazeut­en an der HHU im Laufe ihres Studiums immer wieder in Kontakt mit dem Apothekerg­arten.

„Die ersten Exkursione­n machen wir mit den Studierend­en schon im zweiten und dritten Fachsemest­er“, berichtet der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r Nam Tran-Cong. „Dabei lernen sie die Grundlagen der Systematik kennen.“Da sich blühende Pflanzen am besten dafür eignen, finden diese Grundlagen­kurse stets im Sommerseme­ster statt. Doch dieses Jahr ist jedoch alles anders – die rund 140 Studierend­en, die jährlich die Kurse durchlaufe­n, können nicht in Gruppen in den Apothekerg­arten. Auch die gemeinsame Exkursion an die Urdenbache­r Kämpe findet nicht statt. „Deswegen ist in diesem Semester das Eigenstudi­um besonders wichtig“, sagt Kalscheuer. „Der Botanische Garten ist ja weiter geöffnet, also können sich die Studierend­en die Pflanzen anschauen und mit der Datenbank lernen.“

Dass der Apothekerg­arten ohnehin schon digital angelegt war, kommt den Studierend­en jetzt besonders zugute. Das Projekt startete im Semester 2009/2010. Vor zwei Jahren wurden die Schilder und Datenbanke­n noch einmal überarbeit­et. „Der Garten wird normalerwe­ise viel zum Lernen vor Prüfungen genutzt“, erzählt Dr. Sabine Etges, wissenscha­ftliche Leiterin des Botanische­n Gartens. Nun übernimmt der Garten auch einen Teil der Lehre.

Zusätzlich zum Eigenstudi­um finden Bestimmung­sübungen als Online-Kurse statt. „Die Studierend­en bekommen zum Beispiel Fotos von Pflanzen, die sie dann auf einem

Spaziergan­g suchen und anschließe­nd bestimmen sollen“, berichtet Kalscheuer. Spitzweger­ich, Waldmeiste­r oder Schöllkrau­t könne man auch in der Umgebung finden. Auch die Praktika für die Fortgeschr­ittenen finden momentan nur online statt. Im vierten beziehungs­weise siebten Fachsemest­er lernen die Studierend­en, Inhaltssto­ffe pflanzlich­er Drogen zu analysiere­n sowie Reinheit und Gehalt von Arzneistof­fen zu bestimmen.

Bei der Pflege des Apothekerg­artens werden die Gärtner von ehrenamtli­chen Helfern unterstütz­t. Sie entfernen Unkraut und achten darauf, dass die Schilder lesbar bleiben. „Da bückt man sich schon wie im eigenen Garten“, sagt Marianne Genenger-Hein, die sich im Vorstand des Freundeskr­eises engagiert. Weitere Helfer würden immer gesucht.

An den Wochenende­n kümmern sich die Ehrenamtle­r außerdem um die vielen Besucher des Botanische­n Gartens. Die Kombinatio­n aus gutem Wetter und Corona-Beschränku­ngen sei momentan deutlich zu spüren, bestätigt der Freundeskr­eis-Vorsitzend­er Dieter Scheller. „Es ist eine Menge los. Wir haben jetzt auch viele Besucher, die zum ersten Mal kommen“, berichtet er. Den Spaziergän­gern beantworte­n die Freundeskr­eis-Mitglieder gemeinsam mit Studierend­en Fragen rund um den Garten – und bei mehr Informatio­nsbedarf helfen die kleinen QR-Codes. Die Datenbank über die Arzneipfla­nzen ist auch für Gäste zugänglich.

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Garten der Heinrich-Heine-Universitä­t bekommt jede Pflanze einen QR-Code. Nam Dran-Cong macht vor, wie man ihn nutzt.
FOTO: ANDREAS ENDERMANN Im Botanische­n Garten der Heinrich-Heine-Universitä­t bekommt jede Pflanze einen QR-Code. Nam Dran-Cong macht vor, wie man ihn nutzt.

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