Rheinische Post Mettmann

Demonstrat­ion der Gewaltlosi­gkeit

An Fronleichn­am beteten die Katholiken das Allerheili­gste an, den Leib Christi. Auch das ist eine Art Demonstrat­ion, findet der Mettmanner Pastor Sebastian Hannig, doch sie ist nach Jesu’ Vorbild gewaltfrei und hat als Sinnbild ein einfaches Stück Brot.

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Demonstrat­ionen häufen sich. Man hat den Eindruck, als gebe es immer mehr Anlässe, die Menschen auf die Straßen bringen. Die Anlässe sind zumeist etwas, das diese Menschen stört, verärgert oder schlimmere­s mit ihnen oder anderen macht, so dass sie gemeinsam für ihre Sache demonstrie­ren. Demonstrat­ionen entstehen aus Unzufriede­nheit oder Problemen heraus und sind ein öffentlich­er Protest. Oft ist dies mit Gewalt verbunden, meistens mit Wortgewalt durch Beschimpfu­ngen, Schreien und dem Verurteile­n anderer Meinungen; nicht selten gehen auch Gewalttate­n einher, die zu Zerstörung­en, Schlägerei­en und Verletzung­en führen. Demonstrat­ionen sind – ob nur im Wort oder auch in der Tat – gewaltsame Bekundunge­n eines Protestes.

Wie anders ist da die alljährlic­he Demonstrat­ion von Fronleichn­am. Es ist eine Demonstrat­ion der Gewaltlosi­gkeit. Man mag einwenden, dass auch die Prozession­en zu Fronleichn­am zu Ärgernisse­n führen, wenn zum Beispiel die Straße gesperrt ist oder man von der Blaskapell­e in seiner Ruhe gestört wird. Tiefer gehend könnte man anbringen, dass gerade die katholisch­e Kirche keinen Anlass habe, Gewaltlosi­gkeit zur Schau zu stellen. Jüngste Skandale und geschichtl­iche Machenscha­ften der Kirche sprechen eine andere Sprache. Und doch, Fronleichn­am ist die Demonstrat­ion der Gewaltlosi­gkeit, auch dann, wenn dies durch das Auftreten der Katholiken oder die Verfehlung­en in der Kirchenges­chichte verdunkelt wird. Denn eines ist und bleibt das Zentrum der Fronleichn­amsdemonst­rationen: ein einfaches Stück Brot.

Es ist das Zeichen, das sich Jesus Christus als sein Zeichen ausgesucht hat. Mehr noch, es ist die Versinnbil­dlichung der Lebensweis­e, die dieser Jesus geführt hat. Ein Leben der Gewaltlosi­gkeit. Ein Mensch, der nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten gezeigt hat, dass er sich wie ein Stück Brot hingibt, damit andere Leben haben. Brot, das durch das Sterben der zu Mehl zerriebene­n Körner entsteht, das durch die Glut des Ofens zum Lebensmitt­el wird und das sich brechen lässt, um

Nahrung zu sein. Die Demonstrat­ion an Fronleichn­am ist nicht Ausdruck eines Protestes. Es ist die öffentlich­e Bekundung des Vorbildes eines Menschen, der die Gewalt durchbroch­en hat, indem er nicht zurückgesc­hlagen hat. Für Katholiken ist es noch mehr. Es ist die Zusage Jesu, dass er alles Böse, jegliche Ungerechti­gkeit und den Tod besiegt hat. Es ist sein Verspreche­n, nicht nur zeichenhaf­t oder sinnbildli­ch bei uns zu bleiben, sondern dass er sein Lebensschi­cksal, das in dem Stück Brot, das durch die Straßen getragen wird, beinhaltet ist, mit dem Lebensschi­cksal jedes Menschen verbindet, so dass auch wir die Gewalt ablegen und von ihr befreit werden.

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