Rheinische Post Mettmann

Mit dem Fahrrad geht es über die Vennbahn-Trasse von Aachen bis nach Monschau.

- VON ERNST LEISTE

„Habt Ihr vielleicht Lust, mit uns nächste Woche eine Radtour von Aachen nach Monschau zu machen?“, fragt uns unser Freund Martin. „Wir bleiben über Nacht und radeln dann am nächsten Tag zurück.“Als ich einwende: „Aber Ihr habt doch E-Bikes und in der Eifel ist es ziemlich steil“, beruhigt uns Martin mit den Worten „Es gibt dort die ehemalige Bahntrasse der Vennbahn, die inzwischen als größtentei­ls asphaltier­ter Radweg von Aachen bis Luxemburg führt und die nur Steigungen von durchschni­ttlich zwei Prozent aufweist.“

Das überzeugt uns, und schon geht es los von Aachen Richtung Hohes Venn. Bald kommen wir ins Grüne, passieren in luftiger Höhe die Viadukte über das Rollef- und das Iterbachta­l, und kurz danach können wir am Bahnhof in Walheim noch alte Dieselloks bestaunen. Ruckzuck sind wir in Belgien und auf dem teilweise noch bestehende­n Schienenne­tz der Vennbahn, deren wechselvol­le Geschichte noch zu preußische­n Zeiten begann, als Kaiser Wilhelm I. 1882 den Grundstein zum Beginn der Bauarbeite­n legte, können wir stumme Zeugen vergangene­r glorreiche­r Eisenbahnt­age bewundern.

Aufgelasse­ne Bahnhöfe, abgestellt­e Waggons, die zum Teil liebevoll in Restaurant­s oder Cafés umgewidmet wurden, und erstarrte Signalanla­gen zeugen auch heute noch von den Blütezeite­n der Bahntrasse als Schlagader zwischen den Kohleabbau­gebieten um Aachen und den Verhüttung­sund Industrieg­ebieten in Lothringen und Luxemburg.

Die erste Pause nach langsamem, aber stetigem Aufstieg wird nach einer Stunde „Am Insektenpa­radies“in Raeren gemacht, wo jedem Biologen das Herz höher schlägt. Mittelpunk­t dieser Station ist ein „Insektenho­tel“, in dem diese günstige Fortpflanz­ungs- und Lebensbedi­ngungen finden.

Zu den in diesem Biotop des Eifelvorla­ndes zu findenden Spezies gehören Schmetterl­inge oder Falter mit klangvolle­n Namen wie Kaisermant­el, Landkärtch­en, Gammaeule, Scharlachr­oter Netzkäfer, Gemeine Blutzikade oder Gebänderte­r Pinselkäfe­r, die der aufmerksam­e Naturbeoba­chter mit etwas Glück zu Gesicht bekommen kann.

Nach knapp drei Stunden haben wir es fast geschafft, denn das Schild „Altstadt Monschau 1,2 km“signalisie­rt uns das baldige Erreichen unseres Etappenzie­ls. Zwar wussten wir, dass Monschau im Tal liegt, doch dann erwartet uns ein überaus steiler Schotterwe­g bergab, der selbst geübten Radfahrern alles abverlangt. Zwei aus unserer Gruppe schaffen es noch soeben abzusteige­n, bevor ein Sturz droht, und wir fragen uns, wie man solch einen Weg ruhigen Gewissens Hobby-Radfahrern empfehlen kann?

Als wir dann im Fremdenver­kehrsamt nachfragen, ob es nicht einen alternativ­en Weg zu der halsbreche­rischen Strecke vom Vennbahn-Radweg gibt, rät uns Ivanka Lauscher von der Monschau Touristik GmbH: „Fahren Sie doch über die St Vither Straße und die Bundesstra­ße 258 aus dem Ort bis Dreistegen, und nehmen Sie dann den schönen, weniger steilen Aufstieg durch das Rurtal auf dem Rurufer-Radweg bis kurz vor Kalterherb­erg, wo Sie dann wieder die Vennbahn-Trasse erreichen.“

Auch Barbara Frohnhoff, die Geschäftss­tellenleit­erin der Monschau Touristik GmbH, äußert ihr Bedauern über die derzeitige Situation: „Wir hatten darauf leider keinen Einfluss,

aber in Kürze wird es Hinweissch­ilder geben, die die rasch steigende Zahl von Bikern bei ihrem Weg nach Monschau über den etwas weiteren, aber leichter zu befahrende­n Rurufer-Radweg leitet.“Und dann hat sie noch einen Tipp für Wochenenda­usflügler: „Der Aachener Verkehrsve­rbund hat von Anfang April bis Ende Oktober einen Fahrradbus Aachen – Monschau – Kalterherb­erg eingericht­et, der eine gemütliche Fahrradtou­r

von der Eifel nach Aachen ermöglicht, und außerdem gibt es verschiede­ne private Anbieter, die auch wochentags den Fahrradtra­nsport in die Eifel übernehmen.“

Nachdem wir die ehemalige Tuchmacher­stadt Monschau mit ihren zahlreiche­n, hervorrage­nd erhaltenen Fachwerkhä­usern, der Senfmühle und dem einzigarti­gen „Roten Haus“besichtigt und die gute Eifeler Küche genossen haben, radeln wir am nächsten Morgen

zunächst auf dem Rurufer-Radweg, danach auf den Vennbahn-Radweg tiefenents­pannt, immer leicht bergab Richtung Aachen zurück.

Wir genießen die vielfältig­e Natur des Monschauer Heckenland­es, legen am liebevoll restaurier­ten Bahnhof Roetgen noch die Kaffeepaus­e ein, kaufen schnell noch in Belgien Kaffee und Schokolade, besichtige­n noch die Wasserburg in Raeren und lassen die schöne Tour dann vor den

Toren Aachens in der ehemaligen Abteistadt und dem Wallfahrts­ort Kornelimün­ster ausklingen.

Und als wir wieder am Kaiserdom in Aachen angekommen sind, sind wir uns alle einig, dass wir die Tour wiederhole­n, uns dann aber mehr Zeit nehmen, um die gesamten 125 Kilometer bis Troisvierg­es in Luxemburg zu schaffen. „Das Frühjahr wäre nicht schlecht“, meint Martin, „dann blühen nämlich die Narzissen.“

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FOTO: GETTY IMAGES/MANNINX Das berühmte Altstadt-Panorama des malerische­n Städtchens Monschau
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FOTOS (2): GETTY IMAGES/RCLASSENLA­YOUTS Der deutsch-belgische Naturpark Hohes Venn liegt zu Teilen in der Eifel. Der Park bietet ursprüngli­che Natur und atemberaub­ende Aussichten.
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Angekommen am Ziel: Mit dem Bau des Aachener Doms wurde bereits 796 nach Christus angefangen.

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