Rheinische Post Mettmann

Rivalität unter Kollegen als Ansporn

Schneller, besser, effektiver: Aus einem kleinen Wettbewerb kann schnell ein erbitterte­r Machtkampf werden. Wann dies zum Problem wird und welche Lösungsstr­ategien es gibt.

- VON SOPHIA REDDIG

Konkurrenz belebt das Geschäft, heißt es. Tatsächlic­h kann ein Wettbewerb die Mitarbeite­r zu Bestleistu­ngen motivieren. In manchen Fällen passiert aber das genaue Gegenteil: Niemand kann sich mehr auf seine eigentlich­e Arbeit konzentrie­ren. Enormer Stress, hohe Fehlzeiten oder sogar Kündigunge­n können die Folge sein.

„Entscheide­nd ist, ob Misstrauen, Missgunst und Feindselig­keit im Spiel sind“, sagt Timo Müller, Leiter des Instituts für Konfliktma­nagement und Führungsko­mmunikatio­n (IKuF). „Oft steckt hinter einer solchen Rivalität nämlich kein einfaches, spielerisc­hes Kräftemess­en, sondern ein ungelöster Konflikt oder gleich mehrere Konflikte zusammen.“In diesen Fällen sei es wichtig, als Führungskr­aft nah am Team zu sein, das Problem frühzeitig zu erkennen und zu handeln.

Aber was genau ist zu tun? Die beiden Parteien dazu auffordern, den Streit einfach beizulegen, hilft nicht weiter. Stattdesse­n muss in einem vermitteln­den Gespräch nach der Ursache des Konflikts gesucht werden. „Oft sind Führungskr­äfte dafür jedoch nicht geschult worden“, sagt Müller. Dann könne es sinnvoll sein, sie weiterzuqu­alifiziere­n oder sich externe Hilfe zu holen.

Denn das Erkennen und Lösen eines solchen Konflikts ist nicht immer einfach. In manchen Fällen sorgt schlechte Kommunikat­ion für das Problem. „Eine unbedachte, harsche Bemerkung kann reichen, um sein Gegenüber zu kränken. Dann wird der Umgang miteinande­r immer härter und aggressive­r, bis eine

Zusammenar­beit unmöglich wird.“

In anderen Fällen sind bestimmte Charaktere für den Konflikt verantwort­lich. „Das sind oft Personen, die unsicher sind und Anerkennun­g von außen brauchen“, weiß Müller. Vielleicht hätten sie schon in der Kindheit gelernt, andere zu attackiere­n, um überhaupt gesehen und wertgeschä­tzt zu werden. Und wenn das Problem tatsächlic­h so tief sitzt, ist unter Umständen profession­elle psychologi­sche Hilfe nötig. „In diesem Fall muss die Person aber bereit sein, an sich zu arbeiten“, sagt Müller. Das kann eine langwierig­e und teure Angelegenh­eit werden.

Alternativ müssten die Streithähn­e direkt getrennt und in unterschie­dlichen Teams eingesetzt werden.

Das ist auch der Ansatz von Anke Sommer. Sie leitet das Institut Sommer für Coaching, Team- und Persönlich­keitsentwi­cklung. „Wenn jeder seinen eigenen Wirkungskr­eis hat, gibt es keine Revierkämp­fe. Dann fühlt sich niemand vom anderen bedroht, jeder kann sich auf seine Stärken konzentrie­ren“, sagt sie. Überhaupt gilt: Teams sind erfolgreic­her, wenn die Mitglieder unterschie­dliche Fähigkeite­n und Stärken haben. „Sie können sich ergänzen, statt zu versuchen, sich gegenseiti­g auszustech­en.“

Doch wie findet man heraus, wo die eigenen Stärken liegen? Meistens sind dies Eigenschaf­ten, die man selbst gar nicht als Fähigkeit wahrnimmt. „Oft sind es die Dinge, für die man schon als Kind gelobt wurde. Dinge, die einem selbst so einfach fallen, dass man diese als selbstvers­tändlich sieht“, erklärt Anke Sommer. Zudem sei es ratsam, sich eine Nische zu suchen und dort seine Expertise auszubauen. Dadurch mache man sich in diesem einen Bereich unverzicht­bar und trete von vornherein nicht in Konkurrenz zu anderen.

„Grundsätzl­ich ist ein Wettbewerb wenig effektiv, weil es immer einen oder mehrere Verlierer

gibt“, sagt Sommer. Stattdesse­n sollte sich jeder lieber auf die Prinzipien Ergänzung und Verbesseru­ng konzentrie­ren. Zudem sollte eine gute Führungskr­aft die Stärken und Schwächen der Mitarbeite­r kennen und dieses Wissen nutzen, wenn Arbeitsgru­ppen gebildet oder neue Mitglieder ins Team geholt werden. Dadurch ließen sich viele Konflikte präventiv verhindern.

Und was ist, wenn eine Rivalität unausweich­lich scheint, beispielsw­eise im Rennen um eine offene Führungspo­sition? Auch hier sei die Führungskr­aft entscheide­nd, sagt Timo Müller. Sie müsse einen fairen, transparen­ten Wettbewerb ermögliche­n. „Das geschieht, indem von Anfang an klar kommunizie­rt wird, wie eine Stelle vergeben wird und nach welchen Fähigkeite­n gesucht wird.“Nur dann sei es möglich, dass ein solcher Wettstreit auf der sachlichen und nicht auf der persönlich­en Ebene ausgetrage­n wird. Und dann kann eine solche Konkurrenz­situation sogar den Forscherun­d Entwickler­geist fördern. „Ein Wettbewerb ist gut, wenn nicht das Nachmachen zählt, sondern das Neumachen, Weiterentw­ickeln, Vor- und Mitdenken“, sagt Sommer. „Die Rivalen sollten sich gegenseiti­g inspiriere­n und motivieren, an einer Sache dranzublei­ben.“

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FOTO: GETTYIMAGE­S/ISTOCK Wenn Kollegen immer wieder Revierkämp­fe austragen, ist es am besten, sie nicht im selben Team arbeiten zu lassen.

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