Jimmy Carter besucht Nordkorea
Es war ein „privater Besuch“, doch seine Bedeutung war groß. Am 15. Juni 1994 besuchte mit Jimmy Carter und seiner Ehefrau Rosalynn ein ehemaliges US-Präsidentenpaar das ostasiatische Land Nordkorea. Kurz zuvor hatte Pjöngjang sein Atomprogramm intensiviert. Das alarmierte die US-Regierung unter Bill Clinton. Der amtierende Präsident soll damals sogar erwogen haben, Nordkorea militärisch anzugreifen. Da bot sich Carter, der von 1977 bis 1981 für die Demokraten regiert hatte, als Vermittler an. Um überhaupt nach Nordkorea zu gelangen, griff er zu einer List: Er ließ freundlich anfragen, ob eine Einladung aus früheren Zeiten für ihn und seine Frau noch gelten würde. Damit überrumpelte er Clinton, der den Vermittlungsversuch eher kritisch sah. Die Regierung betonte den „privaten Charakter“der Reise, unterstützte Carter aber trotzdem bei der Vorbereitung. „Der Spiegel“bezeichnete den Ex-Präsidenten damals als „freischaffenden Krisenmanager“. Carter und seine Frau flogen nach Südkorea, überquerten dann den 38. Breitengrad und wurden in Nordkorea von Machthaber Kim Il-Sung empfangen. Entgegen der Verabredung mit der US-Regierung verhielt sich Carter nicht gerade unauffällig: Er gab TV-Interviews und hielt sich auch mit Kritik an den USA nicht zurück. Die Taktik ging auf: Pjöngjang konnte den Besuch propagandistisch als Erfolg auswerten. Kim Il-Sung sagte zu, den Atomwaffensperrvertrag einzuhalten, und erhielt im Gegenzug Hilfen bei militärisch eher unbedeutender Atomtechnik. Der Atomstreit zwischen Washington und Pjöngjang war damit nicht aus der Welt, die Krise aber für den Augenblick entschärft.