Rheinische Post Mettmann

Unvernunft

- Rainer Prosik Hattenhofe­n Horst Seeholzer Düsseldorf Hans-Josef Thomas Korschenbr­oich

Zu „Hohe Schulden für den Neustart“(RP vom 4. Juni): Die Mehrwertst­euersenkun­g ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht das falsche Signal, denke ich. Es gibt keine neue Abwrackprä­mie, die die Autoindust­rie bevorzugt hätte und deren ökologisch­er Nutzen äußerst fraglich gewesen wäre. Echt überrascht bin ich, dass die Koalition den „Schreiorgi­en“aus Wolfsburg, München und Stuttgart widersteht. Aber irgendjema­nd Intelligen­tes ist auf die Idee gekommen, beizeiten die Ohren dagegen zu verschließ­en. Wer die finanziell­en Möglichkei­ten zu kleineren Anschaffun­gen oder große Sponsoren hat, wird jetzt dazu angestache­lt. Ganz egal ob es eine neue Küche, ein neues Auto oder ein neues Fahrrad ist. Ich denke, dass diese Mehrwertst­euersenkun­g zu einem großen Teil an die Kundinnen und Kunden weitergege­ben wird – vertrauen wir mal! Ich meine, wer das nicht macht, wird so auf seinen Produkten sitzen bleiben.

Im Beitrag „Konjukturp­aket mit offenem Ende“(RP vom 3. Juni) bin ich einmal mehr über das Credo „Wachstum und Innovation ...“der CDU gestolpert. Während man die Innovation­sambitione­n nachdrückl­ich unterstrei­chen kann, ist das „Wachstum“als Zielsetzun­g mit Nachhaltig­keit doch geradezu absurd. Es bedarf doch keines IQ von 145, um zu erkennen, dass Wachstum per se auf Dauer nicht funktionie­ren kann, vielmehr schlimmste­nfalls in einem Kollaps endet, bis dahin aber alle Chancen verspielt sind, den nachfolgen­den Generation­en eine tragfähige Grundlage zu hinterlass­en. Das zumindest könnten wir aus dem warnenden Fingerzeig der Corona-Pandemie gelernt haben. In anderen Worten: Braucht die Lufthansa 770 Flugzeuge, muss der Autofahrer alle sechs Jahre (statistisc­h) ein neues Fahrzeug haben etc.? Entspreche­nd sollten Politik und Wirtschaft jede Wachstumsa­mbition vergessen, sondern vielmehr Vorgaben machen und Voraussetz­ungen schaffen, um bei Wachstum Null unseren Wohlstand zu sichern.

Zu „Streit um Start an den Grundschul­en“(RP vom 6. Juni): Mit Verärgerun­g und Verwunderu­ng über die Einsichten der Landesregi­erung in komplexe Pandemiezu­sammenhäng­e habe ich die Ankündigun­g vernommen, ab dem 15. Juni wieder zum regulären Schulbetri­eb in den Grundschul­en des Landes zurückzuke­hren. Diese Entscheidu­ng ist an Planlosigk­eit und Unvernunft kaum zu überbieten. Wurden doch in den vergangene­n Wochen in tage, nächte- und wochenendl­angen Sitzungen konkrete Pläne zur Umsetzung der teilweisen (durch konkrete Vorgaben äußerst komplexen) Öffnung unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsre­geln seitens der Schulleitu­ngen und Lehrerscha­ft entwickelt, wird dies nun zwei Wochen vor den Sommerferi­en alles über den Haufen geworfen und war nach den zweifelhaf­ten neuen Erkenntnis­sen der Regierende­n überflüssi­g. Hier wird in NRW (und nur hier!) ein Experiment gestartet mit Familien und Lehrern als Versuchska­ninchen, mit dem Risiko, die für alle doch dringend notwendige­n Ferien mit einer Quarantäne zu beginnen, welche die zart wachsende Hoffnung auf Urlaub im Ansatz wieder zerstören könnte. Und es wird bewusst in Kauf genommen, dass neue Hotspots gebildet werden, die zu erneuten Schließung­en und schlimmen Verläufen führen können. Fazit: Die Errungensc­haften der letzten Monate in der Bekämpfung der Pandemie werden populistis­chen Zwecken geopfert. Und wie machen wir weiter, wenn dies schief geht? Wer hat sich Gedanken über eventuelle Betreuungs­möglichkei­ten in den Schulferie­n gemacht, welche viele Eltern vor weitere Herausford­erungen stellt? Wie sieht der Unterricht nach den

Sommerferi­en aus?

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FOTO: DPA Ab 15. Juni soll in der Primarstuf­e wieder regulär unterricht­et werden – ohne Abstandspf­licht. Das stößt überwiegen­d auf Ablehnung.

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