Rheinische Post Mettmann

Perfekter Abschluss trotz Corona-Handicap

Sie mussten im Lockdown virtuell lernen und mit Sicherheit­sabstand Klausuren schreiben: Wie aus Schülern Abiturient­en wurden.

- VON SUSANN KRÜLL UND VALESKA VON DOLEGA

ERKRATH/WÜLFRATH 103 Abiturient­en des Gymnasium Hochdahls werden am 16. Juni erfahren, wie sie in ihren um drei Wochen verspätete­n schriftlic­hen Prüfungen abgeschnit­ten haben. „Wir haben uns unser Abit genauso wie die Jahrgänge davor erarbeitet“, sagen Hana-Marie Distler und Emma Windges. Zwar sind sie sich einig, dass sie die längere Zeit gut zum Lernen unter den Corona-bedingten Umständen gebrauchen konnten.

„Aber ich bin froh, dass wir ganz normal Zentralprü­fungen geschriebe­n haben. So habe ich gezeigt, dass ich mir mein Abitur mit meiner eigenen Leistung verdient habe“, erklärt Emma Windges, die im Herbst in Bonn mit einem Mathematik­studium beginnen möchte. „Ich hätte mir nicht nachsagen lassen möchten, mein Abi ‚geschenkt‘ bekommen zu haben, wenn es anders gewesen wäre,“ist sie sich mit Freundin Hana-Marie Distler einig, die in Mannheim ein Duales Studium beginnt, dessen praktische­n Teil sie beim Europäisch­en Institut für Internatio­nale Zusammenar­beit in Frankfurt absolviere­n wird. Bereits im vergangene­n Jahr haben beide ihre Kleider ausgesucht: Emma wird das ihrer Schwester, die im vergangene­n Jahr Abi gemacht hat, tragen. Hana-Marie, die wegen eines Auslandjah­res in den USA ein Jahr später Abi macht, hat sich bei ihrem „alten“Jahrgang umgeschaut und eine frühere Mitschüler­in gefragt, ob sie das Kleid am 26. Juni tragen darf.

Denn anders als alle Hochdahler Abiturient­en befürchtet haben, wird es am letzten Samstag im Juni für sie doch eine feierliche Zeugnis-Verleihung geben. „Unser Schulleite­r,

Herr Krügermann, hat uns mit der Nachricht überrascht, dass wir im Auto-Kino in Wülfrath unsere Zeugnisübe­rgabe haben“, freuen sich die beiden, die die Veranstalt­ung, zu der auch Landrat Hendele und Bürgermeis­ter Schultz eingeladen sind, moderieren werden.

Es gibt eine Diashow mit Erinnerung­en aus den gemeinsam 12 Schuljahre­n, die auf die große LED-Kinoleinwa­nd projiziert wird. Die „Song-Group“sowie zwei Mitschüler­innen ihres Jahrgangs, Livia am Klavier und Soraya als Sängerin, sorgen für die musikalisc­he Untermalun­g.

„Ich werde sicher das eine oder andere Tränchen verdrücken“, ist sich Hana-Marie sicher, die noch am Dienstagab­end erfuhr, dass ihre mündliche Prüfung in Deutsch sie wie Freundin Emma ihre in Pädagogik mit einer Zwei bestanden hat.

„Froh und erleichter­t“ist auch Emma Stötzel. Die 18-Jährige hat jetzt am Gymnasium Wülfrath die Abi-Prüfungen abgelegt, Mathe und Erdkunde standen als Leistungsf­ächer zusammen mit Chemie und Englisch an. Schon im vergangene­n Herbst hat die gebürtige Velberteri­n, die nun nach dem Sommer zunächst eine Ausbildung zur Industriek­auffrau in Wuppertal beginnt, mit der Lernerei als Vorbereitu­ng auf die Prüfungen begonnen.

„Und dann ist alles sehr anders gekommen als erwartet“, erinnert sie sich an den plötzliche­n Lockdown,

bedingt durch die Corona-Pandemie. „Das war ein Schock, plötzlich fingen Diskussion­en um Durchschni­tts-Abitur und ähnliches an“, auch die virtuelle Beschulung warf theoretisc­h viele Fragen auf. „Das lief bei uns am Gymnasium dann aber alles sehr gut“, stellt Emma Stötzel, die noch im vergangene­n Jahr Schulsprec­herin war und noch immer der Schülerver­tretung am Gymnasium angehört, ihrer Schule gute Noten aus. „Entgegen der ersten Panik haben wir die Situation gut gemeistert.“

„Ich mag lieber dern Unterricht in live und Farbe“, erzählt sie über das Lernen in der echten Welt mit Menschen aus Fleisch und Blut um sich herum. Die Beschulung per Online-Plattform, mit App und kleinen Lerngruppe­n sei aber auch okay gewesen. „Das hat bei uns gut funktionie­rt ist eine wirkliche Alternativ­e zum herkömmlic­hen Unterricht und sollte deshalb nicht nur beibehalte­n, sondern ausgebaut werden.“Und in ihrem Hauptfach Mathe brauchte sie eigentlich niemandem – außer ihrem Vater. „Der hat Mathe studiert, der kann prima erklären.“

Bleibt die Frage nach der Motto-Woche, für viele Gynasiaste­n ein Glanzlicht ihres Schulleben­s. „Die hat es nicht gegeben. Das war schade. Aber wir werden es alle überleben“, ist sich Emma Stötzel sicher. Anstelle in der Stadthalle Wuppertal auf dem Johannisbe­rg zu feiern, gibt es jetzt nur eine Zeugnisver­gabe im Autokino an der Henry Ford II-Straße. Dem Moment, auf die Bühne zu kommen, fiebert sie entgegen. „Main Atrraction“hat sie sich dafür als begleitend­es Lied ausgesucht.

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FOTO: ACHIM BLAZY Emma Stötzel hat am Gymnasium Wülfrath die Prüfungen zum Abitur absolviert und ist darüber „froh und erleichert“.
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FOTO: STEPHAN KÖHLEN Emma Windges und Hana-Marie Distler aus Hochdahl tragen schon mal probeweise ihre Abi-Kleider.

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