René Heinersdorff: „Dann kann ich das Theater an der Kö schließen“
Die neuen Corona-Regeln machen Kultureinrichtungen das Leben schwer. Kulturdezernent Hans-Georg Lohe fordert Nachbesserungen und hat sich an die Landesregierung gewandt.
DÜSSELDORF Maximal 250 Plätze dürfen wegen der Corona-Pandemie in den kommenden zwei Wochen in Düsseldorfer Kultureinrichtungen besetzt werden. Die Regelung gilt in ganz NRW, sie entstammt einem Erlass des Gesundheitsministeriums. Generell dürfen nur 20 Prozent der Sitzplatzkapazität genutzt werden. „Das ist eine existenzielle Bedrohung vor allem für die privaten Theater“, sagt Kulturdezernent Hans-Georg Lohe, der sich in dieser Frage mit seiner Kölner Amtskollegin abgestimmt hat. Er habe sich an das Kulturministerium gewandt und fordere eine Nachbesserung.
Sollte die neue Regelung länger gelten, sieht René Heinersdorff das Theater an der Kö bedroht. Von 400 Plätzen verkauft er aktuell maximal 200, jetzt dürfen es nur 80 sein. „Dann kann ich das Theater zumachen.“Heinersdorff ist Vorsitzender der Privattheatergruppe
im Deutschen Bühnenverein. Er spricht in einem Schreiben an die NRW-Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen von „Unkenntnis oder Ignoranz“und bittet um Hilfe. „Seit Wochen weisen wir darauf hin, sich mit uns darüber zu verständigen, was bei einem Anstieg von über 50/100.000 passieren könnte. Das wurde versäumt und nun musste es schnell gehen. Die Politik agiert nicht, sie reagiert und das ist sträflich.“
Der Erlass setzt die Oper bei der aktuellen Ballettpremiere unter Druck. Orchester und Compagnie bieten ihre Künste am Donnerstagabend nun nicht ein-, sondern zweimal dar: um 18 und um 20.15 Uhr. Die Drähte zwischen Oper, Stadtverwaltung und Kulturministerium liefen am Mittwochmorgen heiß. Klar war, dass es eine schnelle Entscheidung zu geben hatte, denn die Mitarbeiter der Oper mussten die Kartenkäufer anrufen und sie fragen, wann sie kommen wollen. 1280 Plätze hat die
Oper, verkauft wurden wegen der Corona-Krise bislang maximal 445 pro Abend. Jetzt dürfen es nur noch höchstens 250 Karten sein. Demis Volpi, Düsseldorfs neuer Ballettchef, muss also einmal mehr Improvisationskünstler sein. Schon seine Ideen für seine erste Spielzeit wurden durch die Pandemie Makulatur, ein neuer Spielplan mit kürzeren Stücken musste aufgestellt werden. Jetzt hakt es auch damit.
Probleme hat die Oper auch mit weiteren Aufführungen. Der Spielplan ist anders als bei der Tonhalle, wo bereits viele Aufführungen abgesagt oder verschoben wurden, voll. Dennoch gibt es einen Unterschied: Viele Stücke sind nicht ausverkauft, durch Telefonate mit den Kartenkäufern und die Ausgabe von Gutscheinen kann die Grenze von 250 Besuchern erreicht werden.
Dauerhaft ist dies aus Sicht von Generalintendant Christoph Meyer für die Oper kein rentables Modell. Wie Tonhallen-Intendant Michael
Becker fordert er eine eigene Betrachtung der Kulturhäuser und der Bemühungen, die dort für den Infektionsschutz geleistet werden. „Bei uns haken sich nicht die Headbanger ein und singen laut mit“, sagt Becker, „unsere Gäste sitzen still in der Reihe und genießen die Kunst.“
Den Tonhallen-Chef stört, dass gut belüftete Konzertgebäude über einen Kamm geschoren werden mit schlecht belüfteten Hallen, wo Rockkonzerte stattfinden. Die nächste Veranstaltung in der Tonhalle ist für den 26. Oktober geplant, das Konzert mit Violinist Frank Peter Zimmermann ist ausverkauft, 1000 von 1850 Plätzen konnten bislang besetzt werden. Becker hofft, dass die Inzidenz-Werte rasch sinken und es eine Chance für das Konzert gibt. Nächste Woche soll entschieden werden. Die Aufteilung der Gästeschar auf vier Konzerte ist für Becker keine Option. „Das ist dem Künstler nicht zuzumuten.“Eher werde man den Abend verlegen.