Covestro zahlt Lohnkürzung zurück
Nach dem Absturz im zweiten Quartal holt der Chemiekonzern auf. Sogar die Dividende für 2020 steigt.
LEVERKUSEN Der Ausbruch der Corona-Pandemie hatte den Kunststoff-Hersteller Covestro so schwer getroffen wie kaum einen anderen Dax-Konzern. Als die Autofabriken in Europa ihre Bänder stoppten, brach der Gewinn der Leverkusener um fast ein Viertel weg. Covestro kürzte in der Folge die Löhne (gegen Freizeitausgleich) – ein ungewöhnlicher Vorgang für die deutsche Chemieindustrie. Doch mit der Erholung im zweiten Halbjahr setzte Covestro zur Aufholjagd an und erzielte 2020 einen Vor-Steuer-Gewinn (Ebitda) von 1,5 Milliarden Euro. Das sind zwar 8,2 Prozent weniger als im Vorjahr, doch Covestro hatte erst Schlimmeres erwartet. Der Umsatz sank um 13,7 Prozent auf 10,7 Milliarden Euro. Konzern-Chef Markus Steilemann zeigte sich erleichtert: „Wir sind sicher durch dieses außergewöhnliche Jahr gekommen und haben unsere Handlungsfähigkeit jederzeit bewahrt: Durch umfassende Maßnahmen haben wir unsere Beschäftigten geschützt und Lieferketten aufrecht erhalten.“
Folgen für Mitarbeiter Damit entspannt sich auch die Lage für die 16.500 Beschäftigten. Sie mussten seit Sommer für ein halbes Jahr auf 6,7 Prozent ihres Gehalts verzichten, Vorstand und Aufsichtsrat auf 15 Prozent ihrer Vergütung, leitende Angestellte lagen beim Verzicht dazwischen. „Im Dezember haben wir alles, was wir einbehalten haben, an die Mitarbeiter zurückgezahlt und zahlen seitdem auch die vollen Löhne wieder“, so Finanzvorstand Thomas Toepfer. Auch der Stellenabbau ist abgehakt. 2018 hatte Covestro den Abbau von 900 Stellen bis Ende 2020 angekündigt, davon 400 in Deutschland und hier vor allem in Leverkusen. Das Sparprogramm „Perspective“wurde zum Jahresende abgeschlossen.
Covestro-Chef Markus Steilemann will Impfungen anbieten.
Folgen für die Aktionäre An den Anteilseignern geht die Krise dagegen vorbei. Sie erhalten für 2020 sogar eine höhere Dividende als im Vorjahr: Nun gibt es 1,30 Euro pro Aktie. Das sind zehn Cent mehr als im Vorjahr. Das rechtfertigte Toepfer so: „Dies ist angesichts der Bilanz 2020 gerechtfertigt, auch wegen des positiven Ausblicks“. Die Dividende entspricht einer Ausschüttung von 55 Prozent des Nettogewinns. Nun soll die Dividendenpolitik umgestellt werden. Künftig peilt Covestro eine Ausschüttungsquote von 35 bis 55 Prozent des Nettogewinns an. „Wir wollen die Dividende im Gleichklang mit den Gewinnen halten“, sagte Toepfer. In schwachen Jahren soll es dann auch nur eine geringe Dividende geben. An der Börse kam die Bilanz gut an: Mit einem Kursplus von 0,7 Prozent war Covestro einer der wenigen Gewinner im Dax.
Folgen für die Bereiche Der Bereich Polyurethane, der Schaumstoff-Produkte für Auto- und Bauwirtschaft herstellt, musste Federn lassen. Hier ging der Gewinn um 3,5 Prozent zurück. Noch ärger traf es den Bereich Beschichtungen, der ebenfalls stark von der Autoindustrie abhängt. Hier brach der Gewinn sogar um 27,3 Prozent ein. Nur der Bereich Polycarebonate, der Kunststoffe – etwa für Smartphones – herstellt, legte zu. Covestro spiegelt die Lage der Gesamtwirtschaft wider. Nun organisiert sich der Konzern in zwei Bereiche um: in einen für Standard-Produkte (wie Polycarbonate und Polyurethane) und einen für Spezial-Kunststoffe, mit denen sich höhere Gewinnmargen erzielen lassen. Hierzu hat Covestro trotz Pandemie den Bereich Beschichtungsharze vom niederländischen Konkurrenten DSM für 1,6 Milliarden Euro übernommen.
Lernen aus Corona „Die Pandemie hat uns noch lange nicht aus dem kalten Griff der Pandemie entlassen“, warnte Steilemann. Noch immer sind viele Mitarbeiter im Homeoffice. Sobald es möglich sei, werde der Konzern auch Impfungen anbieten. Der Konzern geht aber davon aus, 2021 den Gewinn von vor der Krise zu übertreffen. Manches aber wird sich ändern: Geschäftsreisen könnten auf Dauer weniger werden, erwartet Toepfer. Die Krise habe gezeigt, dass es oft ohne persönliche Treffen gehe. Die jährlichen Reisekosten fielen von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag auf einen einstelligen Millionen-Betrag.