Was am Wochenende schiefging
Das Rheinufer wurde am Wochenende zum Corona-Hotspot. Das lag an den Besuchern selbst und zu wenig OSD-Personal, aber maßgeblich auch an der Zurückhaltung der Düsseldorfer Polizei. Die Kölner Kollegen schrieben allein am Sonntag 351 Anzeigen.
DÜSSELDORF Das Wochenende war in der Zusammenarbeit von Stadt und Polizei ein Betriebsunfall. Die Behörden unterschätzten den Andrang beim ersten schönen Wochenende des Jahres. Vor allem die Rheinuferpromenade und das Untere Rheinwerft waren so voll, als gäbe es keine Pandemie und erst recht keine gefährlichen Corona-Mutationen. Viele Menschen trugen keine Maske. Natürlich stellt sich als Erstes die Frage, was die Menschen dazu verleitet hat, einen Ort aufzusuchen, der oft überlaufen ist. Mit Blick auf mögliche Ansteckungssituationen ist dieses Ausflugsziel nicht die beste Wahl. Offenbar herrscht bei vielen Menschen die Auffassung vor, dass an der frischen Luft nichts passieren kann. Ein Trugschluss.
Solche Fehleinschätzungen dürfen sich wichtige Amtsträger nicht leisten. Deswegen gilt am Rheinufer etwa die Maskenpflicht. „Wir wussten, dass viele Menschen kommen würden, aber dass es gleich so viele werden würden, damit haben wir nicht gerechnet“, räumte Ordnungsdezernent Christian Zaum später ein. Immerhin hatten sich am Sonntag in zwei Schichten 40 Mitarbeiter des Ordnungsund Servicedienstes (OSD) allein auf den Bereich Altstadt/Rheinufer konzentriert. Rund 100 Hinweisen aus dem übrigen Stadtgebiet ging der OSD daher nicht nach. Mehr als 230 Ordnungswidrigkeitsverfahren wurden wegen Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung (CSV ) eingeleitet. Dennoch war der OSD überfordert, die Polizei kaum zu sehen.
Die Stadt hat nach eigener Aussage vorige Woche bei der Polizei um Unterstützung nachgesucht, speziell ging es um den Einsatz einer Hundertschaft. Dem sei trotz mehrfacher Bitte nicht entsprochen worden. Formell ist diese Anforderung offenbar nicht ergangen, wie von der Polizei zu hören ist – allerdings war dies auch in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Formalistisch kontert das Düsseldorfer Polizeipräsidium
auch die Kritik der Stadtspitze: „Die originäre Zuständigkeit für die Überwachung der CSV liegt bei der Stadt Düsseldorf“, heißt es in einer Stellungnahme. Und: Die Polizei unterstütze die Stadt regelmäßig im Rahmen der Amts- und Vollzugshilfe bei entsprechenden Maßnahmen im Sinne des Infektionsschutzes. In der zurückliegenden Zeit sei solchen städtischen Ersuchen regelmäßig entsprochen worden.
Wie sind die Zuständigkeiten geregelt? Grob gesagt, ist die Polizei für die Sicherheit zuständig, das Ordnungsamt setzt kommunales Ordnungsrecht (etwa die Düsseldorfer Straßenordnung und Sondernutzungssatzungen) durch, aber auch Landes- (Landeshundegesetz) und
Bundesrecht (Infektionsschutzgesetz und dem folgend die CSV). In der CSV heißt es in Paragraph 17, die örtlichen Ordnungsbehörden seien zuständig im Sinne der Verordnung. „Sie werden bei ihrer Arbeit von den unteren Gesundheitsbehörden und im Vollzug dieser Verordnung von der Polizei im Rahmen der Amtsund Vollzugshilfe unterstützt.“
Muss die Stadt also die Polizei jedes Mal anfordern? Das kann man so sehen, muss es aber nicht. Wie so oft in der Juristerei kommt es auf die Auslegung an. So sind OSD und Polizei beide für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zuständig. Im zuständigen Bundesgesetz heißt es sogar, „die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben nach pflichtgemäßem Ermessen Ordnungswidrigkeiten zu erforschen“. Um solche handelt es sich bei Verstößen gegen die CSV, der OSD leitet täglich diese Verfahren ein.
Also spielt das Thema für die Düsseldorfer Polizei eine nachgeordnete Rolle. In Köln ist dies anders – und darauf dürfte mancher im Rathaus ein bisschen neidisch sein. Dort meldete das Präsidium: „Polizistinnen und Polizisten sprachen alleine am Sonntag mehr als 900 Personen auf geltende Regeln an und erteilten 28 Platzverweise. Gegen 351 nicht einsichtige Personen erstatten die Einsatzkräfte Anzeigen.“Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob appellierte angesichts eines vollen Rheinufers im Stil eines Oberbürgermeisters
an die Bürger, sie sollten besser die Naherholungsflächen in ihren Veedeln nutzen. „Für Ausflüge im Frühling ist es wichtiger denn je, die geltenden Regeln zu beachten. Wir müssen die Zeit überstehen, bis die Impfungen soweit fortgeschritten sind, dass wir wieder freier leben können.“
Je nachdem, welches Wetter Frühling und Sommer bringen und je nach Immunisierungsgrad der Bevölkerung wird Düsseldorf das Ordnungsrecht nutzen. Denkbar sind Lockerungen, aber auch begrenzte Betretungsverbote oder Alkoholverkaufsverbote. Wenn OSD und Polizei dann besser kooperieren, hat der Betriebsunfall vom Wochenende etwas Gutes gehabt.