Rheinische Post Mettmann

Keine Reaktion auf Brandbrief

Schaustell­er Oscar Bruch schrieb an die Bundeskanz­lerin. Feedback gibt es nicht.

- VON BRIGITTE PAVETIC

DÜSSELDORF Auf eine Reaktion von der Bundesregi­erung darf der Schaustell­er Oscar Bruch offenbar nicht hoffen. Nachdem er einen Brandbrief an die Bundeskanz­lerin und die Ministerpr­äsidenten der Länder geschriebe­n hatte, teilte ein Regierungs­sprecher auf Nachfrage unserer Redaktion mit: „Offene Briefe werden grundsätzl­ich nicht kommentier­t.“Bruch selber will dazu kein Statement abgeben.

Der 57 Jahre alte Oscar Bruch – in sechster Generation Schaustell­er – schrieb sich seine Wut und Ängste von der Seele – und für seine Schaustell­erkollegen gleich mit. „Viele verlieren den Lebensmut. Die Nerven liegen blank“, heißt es in dem sehr emotionale­n Schreiben an die Bundesregi­erung. Auch im sozialen Netz sorgte dieser Brandbrief für Diskussion­en und Solidaritä­tsbekundun­gen. Bruch prangert in dem Brief an

Angela Merkel den Existenzka­mpf seiner Branche an.

Überrascht von der Reaktion der Kanzlerin ist Oliver Wilmering, Vorsitzend­er des Schaustell­erverbande­s Düsseldorf, nicht, wie er sagt. Er begrüße aber Bruchs Brandbrief. „Wir kämpfen alle seit einem Jahr ums Überleben.“Er sei froh, über jeden Einzelnen, der so engagiert sei. 90 Schaustell­erfamilien, darunter auch Bruch, sind beim Schaustell­erverband Düsseldorf Mitglied. Insgesamt gibt es laut Wilmering 120 Schaustell­erfamilien in der Landeshaup­tstadt.

Der aktuelle Stand der Dinge: „40 Familien sind immer noch in der Innenstadt platziert. Und bis auf Weiteres werden die Hütten auch bleiben können.“Wilmering steht mit seiner Hütte vor dem Rathaus und verkauft dort unter anderem Mandeln. „So versuchen wir, zu überleben. Das ist natürlich auch wichtig für die Psyche. Aber finanziell ist das alles nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.“

Beantragun­gsberechti­gt seien die Schaustell­er, doch die Zahlungen für November und Dezember seien – wenn überhaupt – erst zu 50 Prozent erfolgt. „Trotzdem müssen wir dankbar sein, vor allem der Stadt, die wirklich alles möglich machen will für uns. Ich kenne auch Leute in anderen Ländern, da gibt es gar nichts.“Dennoch appelliert Wilmering an Bund und Länder, mit denen der Deutsche Schaustell­erbund in Gesprächen ist. „Überall – auch in der Gastronomi­e – gibt es Top-Konzepte, die Leute haben für viel Geld umgebaut. Natürlich müssen wir die Inzidenzza­hlen im Auge behalten, aber gleichzeit­ig sollten wir mit guten Konzepten arbeiten.“Schätzungs­weise fünf Prozent der Düsseldorf­er Schaustell­er meldeten laut Wilmering Insolvenz an – „und das, obwohl sich Familien und Freunde sehr unter die Arme greifen“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany