Kunstverhüllung in der Stockumer Erlöserkirche
STOCKUM In vielen Kirchen wird vom Passionssonntag an das Kreuz verhüllt. Sichtbar gemacht wird das Symbol des Leidenden Gottessohns dann erst wieder nach dem Ende der Karfreitagsliturgie. In der Stockumer Erlöserkirche ist aber bereits jetzt eine besondere Verhüllung zu sehen. Über die Dauer des Osterfests hinaus präsentiert die evangelische Kirchengemeinde an der Eichendorffstraße ein langfristig geplantes Kunstprojekt. „Berühre die Wunden“lautet das Thema der Installation.
Der in Wuppertal arbeitende Pfarrer
und Bildkünstler Michael Bracht nimmt dazu das Altarkreuz und ein rechts im Altarraum hängendes Gemälde des Malers Eduard von Gebhardt als Grundmotiv. Beide zeigen Jesus mit den Wundmalen aus der Kreuzigung. Im Gemälde berührt der „ungläubige Thomas“, wie im Johannes-Evangelium berichtet, diese Wunden eigenhändig.
Michael Bracht überdeckte Teile der beiden Werke mit einem Schleier aus Organza. Mit einem roten hölzernen Ring betont er auf dem sehr transparenten und schillernden Gewebe zwei der Wundmale. Beim Kreuz ist dies die Brustöffnung, bei dem Bild die rechte Hand. „Wir sind derzeit alle verhüllt durch Masken und auch verwundet, traumatisiert“, sagt der Künstler. „Die Verhüllung stört das Atmen, stört das Verstehen der Sprache, stört das Erkennen.“Bracht ist davon überzeugt, dass kein Mensch ohne seelische oder körperliche Wunden durchs Leben geht. Aber auch, dass wir alle irgendwann andere Menschen ebenso verletzen.
Als Pfarrer ergibt sich für ihn hieraus die Frage: Wo ist der Ausweg? Wo ist der Weg zu Entlastung, Heilung und Erlösung? Für sein Motiv der Verhüllung und Offenbarung hat er im Neuen Testament viele Belege gefunden, aber auch bei der Verehrung
und Anbetung des Bundesgottes Jahwe im Judentum: „Der Verhüllungsritus in der Liturgie der Kirche bringt sinnhaft zur Erfahrung, was in der Heiligen Schrift nur mit Worten verkündet wird.“
Zu diesen Themen bietet die Erlöserkirche zwei Vorträge. Am 20. März sprechen der Theologe Christian Neddens und die Medizinerin Anne Neddens über „Öffnung des Sichtbaren. Seh-Erfahrungen in Kunst, Medizin und Theologie.“Drei Wochen später heißt es von Karoline Künkler: „Wunden weisen. Enthüllen und Entblößen körperlicher Verletzungsspuren in der Kunst“. Anmeldung: duesseldorf@selk.de