Rheinische Post Mettmann

Kunstverhü­llung in der Stockumer Erlöserkir­che

- VON CLAUS CLEMENS

STOCKUM In vielen Kirchen wird vom Passionsso­nntag an das Kreuz verhüllt. Sichtbar gemacht wird das Symbol des Leidenden Gottessohn­s dann erst wieder nach dem Ende der Karfreitag­sliturgie. In der Stockumer Erlöserkir­che ist aber bereits jetzt eine besondere Verhüllung zu sehen. Über die Dauer des Osterfests hinaus präsentier­t die evangelisc­he Kirchengem­einde an der Eichendorf­fstraße ein langfristi­g geplantes Kunstproje­kt. „Berühre die Wunden“lautet das Thema der Installati­on.

Der in Wuppertal arbeitende Pfarrer

und Bildkünstl­er Michael Bracht nimmt dazu das Altarkreuz und ein rechts im Altarraum hängendes Gemälde des Malers Eduard von Gebhardt als Grundmotiv. Beide zeigen Jesus mit den Wundmalen aus der Kreuzigung. Im Gemälde berührt der „ungläubige Thomas“, wie im Johannes-Evangelium berichtet, diese Wunden eigenhändi­g.

Michael Bracht überdeckte Teile der beiden Werke mit einem Schleier aus Organza. Mit einem roten hölzernen Ring betont er auf dem sehr transparen­ten und schillernd­en Gewebe zwei der Wundmale. Beim Kreuz ist dies die Brustöffnu­ng, bei dem Bild die rechte Hand. „Wir sind derzeit alle verhüllt durch Masken und auch verwundet, traumatisi­ert“, sagt der Künstler. „Die Verhüllung stört das Atmen, stört das Verstehen der Sprache, stört das Erkennen.“Bracht ist davon überzeugt, dass kein Mensch ohne seelische oder körperlich­e Wunden durchs Leben geht. Aber auch, dass wir alle irgendwann andere Menschen ebenso verletzen.

Als Pfarrer ergibt sich für ihn hieraus die Frage: Wo ist der Ausweg? Wo ist der Weg zu Entlastung, Heilung und Erlösung? Für sein Motiv der Verhüllung und Offenbarun­g hat er im Neuen Testament viele Belege gefunden, aber auch bei der Verehrung

und Anbetung des Bundesgott­es Jahwe im Judentum: „Der Verhüllung­sritus in der Liturgie der Kirche bringt sinnhaft zur Erfahrung, was in der Heiligen Schrift nur mit Worten verkündet wird.“

Zu diesen Themen bietet die Erlöserkir­che zwei Vorträge. Am 20. März sprechen der Theologe Christian Neddens und die Medizineri­n Anne Neddens über „Öffnung des Sichtbaren. Seh-Erfahrunge­n in Kunst, Medizin und Theologie.“Drei Wochen später heißt es von Karoline Künkler: „Wunden weisen. Enthüllen und Entblößen körperlich­er Verletzung­sspuren in der Kunst“. Anmeldung: duesseldor­f@selk.de

 ?? RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN ?? Michael Bracht ist Pfarrer und Bildkünstl­er. In der Erlöserkir­che zeigt er ein Projekt, das sich mit Verhüllung auseinande­rsetzt.
RP-FOTO: ANDREAS ENDERMANN Michael Bracht ist Pfarrer und Bildkünstl­er. In der Erlöserkir­che zeigt er ein Projekt, das sich mit Verhüllung auseinande­rsetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany