Rheinische Post Mettmann

„Mettmann braucht die Realschule“

Die Organisato­ren des Bürgerbege­hrens verweisen auf Wirtschaft­snähe, Halbtagsun­terricht und Schulwechs­ler.

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Wie behandeln die Stadtverwa­ltung und die Bürgermeis­terin ihre Initiative?

REGINA LENZ Durch die Stadt bekommen wir gar keine Unterstütz­ung. Für das Bürgerbege­hren brauchen wir eine Kostenschä­tzung zu den Kosten, die auf die Stadt zukommen, wenn unser Bürgerbege­hren Erfolg hat. Die haben wir bis heute nicht von der Verwaltung erhalten. Wir fragen seit mehr als acht Wochen danach. Bürgermeis­terin Pietschman­n hat mehrfach angekündig­t, dass sie sich mit uns treffen wolle. Bei dieser Ankündigun­g ist es bislang geblieben.

Wie sieht bei all diesen Hinderniss­en ihr Zeitplan aus?

AXEL ZIMMERLING Ziel ist es immer noch, dass wir zur nächsten Ratssitzun­g (23. März, d. Red.) unseren Antrag auf Durchführu­ng des Bürgerbege­hrens einreichen können. Nach der Prüfung durch den Rat haben dann wir etwa zwei Monate Zeit, um 2.200 Unterschri­ften für unser Bürgerbege­hren zu sammeln. Das ist sehr sportlich in Zeiten von Corona.

Wie können sie die Zeit bis dahin nutzen?

LENZ Wir führen momentan zahlreiche Gespräche – mit vielen Klassenpfl­egschaften und Eltern. Leider können wir noch keine Unterschri­ften sammeln - Voraussetz­ung hierfür ist das Vorliegen der Kostenschä­tzung.

Warum ist es ihnen wichtig, dass die Realschule erhalten bleibt?

LENZ Wir werden in Mettmann nicht ohne die Realschule auskommen. Wenn Kinder nach der fünften und sechsten Klasse das Gymnasium verlassen müssen, dann wird da keine Schule in dieser Stadt sein, die diese Kinder aufnehmen kann. Denn man kann nicht einfach mitten in der Sekundarst­ufe eins von einer konvention­ellen Schule auf eine Gesamtschu­le wechseln. All diese Kinder müssten dann in die umliegende­n Städte fahren. ZIMMERLING Für mich ist der Halbtagsun­terricht an der Realschule wichtig. Dadurch haben die Jugendlich­en die Möglichkei­t, einen Sport oder ein Hobby auszuüben oder ihre Freunde zu sehen. Das ist Punkt eins. Punkt zwei: Die Realschule ist sehr gut auf die Bedürfniss­e der Wirtschaft ausgericht­et. Über Praktika werden an der Carl-Fuhlrott-Realschule schon frühzeitig sehr intensive Kontakte zu den Handwerksb­etrieben und den mittelstän­dischen Unternehme­n hier in Mettmann geknüpft. Das erleichter­t die Berufswahl und hilft, einen Ausbildung­splatz zu finden.

Wie reagieren die Mettmanner Eltern auf ihr Bürgerbege­hren zum Erhalt der Realschule?

LENZ Wir stoßen auf ein großes Interesse und manchmal aber auch auf Resignatio­n. Ich kenne Eltern, die ihr Kind eigentlich auf der Realschule anmelden wollen. Diese Möglichkei­t hatten sie nicht. Daraufhin haben sie sich sehr genau über die Alternativ­en informiert. Und sagen nun eher schulterzu­ckend, na gut, wir haben uns dann doch an der Gesamtschu­le angemeldet. Denn die ist hier am Ort, in Mettmann, und mein Kind hat zumindest die Chance, gemeinsam mit Freunden zu lernen. Falls es die Möglichkei­t gäbe, würden wir aber sofort zur Realschule wechseln. ZIMMERLING Ich habe ähnliches in Haan schon mal durchgemac­ht. Und weiß von daher, dass viele Eltern aufhorchen, wenn es um die Ganztagspf­licht an der Gesamtschu­le geht. Viele Eltern glauben, da gebe es eine Wahlmöglic­hkeit. Aber das ist nicht so. Gesamtschu­le bedeutet Unterricht von morgens bis abends. In der Carl-Fuhlrott-Realschule fragen sich viele Eltern, was passiert mit unseren Kindern. Können die einen Abschluss machen, ohne die Schule wechseln zu müssen? Und was passiert, wenn sie mal sitzenblei­ben? Das sind alles ungeklärte Fragen – worauf wir derzeit hinweisen.

Ich dachte, alle heutigen Realschüle­rInnen werden auch an der Carl-Fuhlrott-Realschule ihren Abschluss machen…

LENZ Das glauben wir nicht. Und wir können aus Schreiben der Bürgermeis­terin zitieren, die auch nicht davon ausgeht. Die letzten zwei, drei Jahrgänge – immerhin rund 300 Kinder, werden hier in Mettmann keinen Schulabsch­luss mehr machen können. Und es völlig ungeklärt, was mit diesen Realschüle­rn passieren soll. Denn die Mettmanner Verwaltung hat bislang keine der formal bei einer Schulschli­eßung geforderte­n Papiere geliefert.

Sie betonen immer wieder, sie seien nicht gegen die Gesamtschu­le, sondern für die Realschule in Mettmann. Warum ist Ihnen dieser Punkt so wichtig?

ZIMMERLING Der Schulentwi­cklungspla­n Mettmann zeigt klar auf, dass eine vierzügige Gesamtschu­le und eine vierzügige Realschule nebeneinan­der bestehen können. Weil es genug Schüler für beide Schulforme­n gibt. Die Gesamtschu­le wäre in naher Zukunft gründungsf­ähig gewesen, ohne die Realschule schließen zu müssen. Das geht aus dem Schulentwi­cklungspla­n ganz klar hervor. Doch Schulverwa­ltung und manche Politiker wollten nicht drei Jahre warten, sondern jetzt Fakten schaffen. Zudem wären Realschule und Gesamtschu­le nebeneinan­der günstiger für die Stadt, als jetzt eine Gesamtschu­le bauen zu müssen, die schon bald für acht oder sogar neun Züge pro Jahrgang Platz bieten muss. Mettmann muss locker zehn bis fünfzehn Millionen Euro mehr bezahlen dadurch, dass man nur auf die Gesamtschu­le setzt.

LENZ Das ist unsere Botschaft an alle Mettmanner, die keine schulpflic­htigen Kinder mehr haben: Es macht auch finanziell keinen Sinn, eine Gesamtschu­le so durchzudrü­cken. Sondern das ist zehn bis fünfzehn Millionen Euro teurer. Da soll sich niemand über Haushaltsd­efizite beschweren.

Was muss jetzt passieren – aus Ihrer Sicht?

ZIMMERLING Am besten wäre es, wenn die Stadt das Anmeldever­fahren für die Carl-Fuhlrott-Realschule wieder öffnet – vor dem Hintergrun­d der Schülerzah­len, die das hergeben und den Finanzen, die keine teure achtzügige Gesamtschu­le hergeben. Aber das ist illusorisc­h. Wir brauchen jetzt eine verbindlic­he Aussage der Stadt dazu, wann wir die Kostenschä­tzung bekommen. Dann können wir das Bürgerbege­hren starten und haben alles Weitere in unserer Hand. Wir werden die Eltern mobilisier­en. Wir werden den Mettmanner­n verdeutlic­hen, welche finanziell­en Auswirkung­en die Gesamtschu­lgründung bei Realschuls­chließung hat. Und wir werden bei der Bezirksreg­ierung den Ansatz verfolgen, dass die Stadt Mettmann bislang keine der bei einer Schulschli­eßung vorgeschri­ebenen Unterlagen eingereich­t hat.

Wird das Bürgerbege­hren gelingen?

LENZ Ja, natürlich. Wir merken, wie immer mehr Eltern und Bürger wach werden, und die Fehlentsch­eidung zur Schließung der Carl-Fuhlrott-Realschule hinterfrag­en.

Die Fragen stellte Dirk Neubauer

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FOTO: KÖHLEN Regina Lenz und Axel Zimmerling sprechen für Eltern, die die Carl-Fuhlrott-Realschule erhalten wollen. Dafür sollen die ratsentsch­eidungen per Bürgerbege­hren gekippt werden.

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