Mutation macht die Hälfte der Infektionen aus
Mit einer Inzidenz von 57,4 ist die Stadt aktuell dennoch kein Hotspot. Die Impfungen gehen weiter voran. An der Düsseldorfer Uniklinik werden ein Jahr nach dem ersten Fall aktuell 27 Covid-Patienten stationär behandelt.
DÜSSELDORF Die britische Mutation des Coronavirus breitet sich immer stärker in Düsseldorf aus. „Mittlerweile liegt ihr Anteil bei 49 Prozent aller festgestellten neuen Infektionen“, sagt Gesundheitsamtsleiter Klaus Göbels. Der Infektiologe ist schon bei den ersten Meldungen über die Verbreitung dieser Variante in Großbritannien davon ausgegangen, dass sich B.1.1.7 auch in Deutschland durchsetzt. Dies liegt an der erhöhten Ansteckungsgefahr dieser Variante.
Die Verbreitung in der Landeshauptstadt geschieht vergleichsweise schnell. Für Deutschland meldete Gesundheitsminister Jens Spahn am Dienstag eine Verbreitung von 30 Prozent. Diesen Wert erreichte Düsseldorf vorigen Mittwoch. Am Freitag kletterte der Wert bereits auf mehr als 40 Prozent. Einige Städte wie Köln erfassen den Anteil noch nicht, andere wie Stuttgart (12 Prozent) und Dortmund (2 Prozent) melden niedrigere Werte.
Das dürfte aber auch mit der unterschiedlichen Teststrategie zu tun haben: Jede positive Corona-Probe in Düsseldorf wird seit einigen Wochen auf die Mutation untersucht. Seit dem 15. Februar sind zudem alle privaten Labore in Düsseldorf angewiesen, positive Tests auf Virusvarianten zu typisieren. „Diese umfassende Untersuchung trägt dazu bei, dass ein hoher Anteil an Mutationen bekannt ist“, so eine Stadtsprecherin.
Trotz des hohen Anteils der britischen Virusvariante ist Düsseldorf nach Einschätzung der Verwaltung kein Hotspot. Die Inzidenz spreche dagegen: Der Wert liegt derzeit in der Landeshauptstadt bei 57,4. Die Inzidenzen für Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland bewegen sich ebenfalls um die 60. Gegenüber dem Vortag gab es am Mittwoch 60 Neu-Infektionen in Düsseldorf. An diesem Donnerstag ist es ein Jahr her, dass erstmals ein Corona-Patient in Düsseldorf behandelt wurde.
Der hohe Anteil der britischen Virusvariante zeige, wie wichtig es sei, die Infektionsketten schnell zu unterbrechen, hieß es. Darum hat die Stadt die Quarantäne-Regeln verschärft: Bei jeglichem engeren Kontakt ohne Schutzmaßnahmen zu einer mit einer Virusvariante infizierten Person wird vorsorglich eine Quarantäne angeordnet. Zudem wurden die Mitarbeiter der Kontaktnachverfolgung geschult, damit sie auch auf Infektionen mit einer Virusvariante reagieren können.
Weitere Einschränkungen fordert der Gesundheitsamtsleiter wegen der Mutante aktuell nicht. Die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln sowie das Tragen einer FFP2-Maske sollten in seinen
Augen Standard sein. Die Öffnung der Schulen und Kitas stellt Göbels nicht infrage, neben den infektiologischen seien auch die sozialen und psychologischen Folgen der Pandemie zu berücksichtigen, sagt er im Gespräch mit unserer Redaktion.
Insgesamt wurden in Düsseldorf bisher 28.387 Menschen geimpft, davon haben 14.318 bereits ihre zweite Impfung erhalten. Gerüchte von vielen abgesagten Terminen im Impfzentrum dementiert die Stadt. Zwar platzten in anderen Städten viele Termine, weil die Impfberechtigten wegen möglicher Reaktionen auf den Impfstoff von Astrazeneca absagten. In Düsseldorf aber verzeichne man „eine positive Haltung der Impfberechtigten gegenüber dem Impfstoff Astrazeneca“, heißt es. In der Regel würden vereinbarte Termine eingehalten, es gebe nur wenige Absagen – und nur in Einzelfällen sei das auf den Impfstoff zurückzuführen. Sollte vereinzelt doch Impfstoff übrig bleiben, würden diese an berechtigte Personen nach einer Überhangliste verimpft.
In der Düsseldorfer Uniklinik (UKD) ist die Lage aktuell entspannter als zu Hochzeiten der Pandemie.
Insgesamt wurden dort in einem Jahr 675 Patientinnen und Patienten stationär behandelt. Momentan sind es 27 – die meisten in einem Neubau, der eigens wegen Corona errichtet und im November in Betrieb genommen wurde. „Die Zahlen deuten darauf hin, dass die starken Einschränkungen der vergangenen Monate sich nun positiv bemerkbar machen“, sagt der Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie, Tom Lüdde: „Wir bleiben allerdings vorsichtig und beobachten genau, wie sich die Situation nun weiter entwickelt.“Daher blicke man auch wachsam auf die Entscheidungen zu möglichen Lockerungen: „Die Zusammenarbeit im gesamten Team war im vergangenen Jahr fantastisch, und ich bin allen sehr dankbar für das Engagement. Aber das alles hat auch viel Kraft gekostet, und viele sind an ihre Grenzen gegangen.“
Seit der Einlieferung des ersten Corona-Patienten vor einem Jahr habe man vieles über die Erkrankung gelernt, sagt Lüdde: über ihren Verlauf mit den verschiedenen Phasen ebenso wie über die Wirksamkeit der Behandlungsmethoden. Über die Monate haben sich laut Oberarzt Björn-Erik Jensen auch die Schwerpunkte verändert – mal wurden mehr Urlaubsrückkehrer und damit auch jüngere Patienten eingeliefert, dann kamen die Ausbrüche in Pflegeheimen. „Aber bei allen diesen Fällen darf man nie vergessen, dass sie nicht nur Zahlen sind, sondern immer auch ein menschliches Schicksal“, sagt Tom Lüdde. Interview „Vielleicht jährlich eine Corona-Impfung“Seite C2
NACHRICHTEN
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