Verzicht auf die Grundsteuer-Keule
In einem wäre Mettmann in diesem Jahr Spitze: bei der Steuerlast für die Bürger. Doch dazu gibt es Alternativen, finden zwei Fachleute. Und sagen, wo das Geld stattdessen herkommen soll: unter anderem aus dem Personaletat.
METTMANN Die Stadt will 2021 rund 126 Millionen Euro ausgeben und knapp 122 Millionen Euro einnehmen. Dieses Millionen-Minus gelingt laut Kämmerin Veronika Traumann nur, falls eine Anhebung der Grundsteuer um 300 Prozentpunkte 5,1 Millionen Euro in die Stadtkasse spült. Alle Haus- und Wohnungseigentümer und damit auch alle Mieter müssten zahlen. Der Widerstand der Bürger dagegen ist immens: Erstmals gibt es mehr als 100 Einwendungen. Nun sagen zwei Männer, Ratingens Ex-Bürgermeister Harald Birkenkamp und Wirtschaftsexperte Helmut Peick: „Aus unserer Sicht besteht gar kein Anlass für diese Steuererhöhung und zur Panikmache rund um die Mettmanner Finanzlage.“Wie kann das sein?
Gewerbesteuer Jede Kämmerei muss die Einnahmen durch Gewerbesteuer in einem Jahr schätzen. Dazu müssen Annahmen getroffen werden. Läuft die Konjunktur gut oder schlecht? Wie entwickeln sich die Zinsen? Exporte, Branchenmix – vieles muss berücksichtigt werden. Damit das nicht jede Stadt für sich tun muss, gibt das Land Nordhrein-Westfalen Orientierungsdaten zur Entwicklung der Gewerbesteuer vor. Von denen weicht Mettmann 2021 ab und gibt sich pessimistischer. „Ohne Grund“, sagt Helmut Peick. „Weil die Orientierungsdaten zu unrealistischen Annahmen führen würden“, sagt Kämmerin Traumann. Wenn Mettmann den Orientierungsrahmen von NRW nutzen würde, so Peick, stünden drei Millionen Euro mehr an Einnahmen im Haushalt.
Personalkosten Mettmanns Personalkosten weisen laut Helmut Peick von 2017 bis 2021 eine Steigerung von 46 Prozent auf – von 26 auf 38 Millionen Euro. Die Mehrzahl der neuen Stellen sei im Bereich der „Allgemeinen Verwaltung“geschaffen worden. Bis 2024 sollen weitere 79 Mitarbeiter hinzukommen. „Die
Personalkosten der Verwaltung sind der wunde Punkte der Verwaltung in Mettmann“, analysiert Peick. Wülfrath gebe pro Einwohner ein Viertel weniger für die Stadtverwaltung aus. Mit einem Einstellungsstopp und der Nichtbesetzung offener Stellen wollen Birkenkamp und Peick rund 1,3 Millionen weniger für Personal ausgeben.
Grundsteuer-B Sie soll Mettmann 5,1 Millionen Euro mehr einbringen. Durch den anderen Ansatz bei der Gewerbesteuer (3 Millionen), um 1,3 Millionen Euro reduzierte Persobalausgaben und rund 800.000 Euro Einsparungen bei den Sachmittelausgaben bekomme man diese Summe zusammen – und könne 2021 die Grundsteuer-B unverändert lassen.
Schieflage Damit ist Mettmann nicht dauerhaft saniert. Laut Birkenkamp und Peick steckt vor allem im Dispo der Stadt – bei den Liquiditätskrediten – ein großes Risiko. Sie sollen von 2020 bis 2024 um 69
Prozent ansteigen, von 51 auf 93,2 Millionen Euro – bei mutmaßlichen steigenden Zinsen eine tickende Zeitbombe. Deshalb brauche es dauerhaft mehr Einnahmen. Durch den Verkauf von städtischen Forderungen,
die Ausgliederung städtischer Immobilien in eine Tochtergesellschaft – sagen die Experten.
Großprojekte Ob die neue Feuerwache 28 Millionen kosten muss, wird bereits diskutiert. Ein Nebeneinander von Gesamtschule und Realschule wäre gegenüber einem Gesamtschul-Solo um 15 Millionen preiswerter, sagt Peick.
Spargroschen Demgegenüber brächten die Schließung von Musikschule und Stadtbibliothek jeweils nur einige Hunderttausend Euro pro Jahr ein. Selbst die Stadthalle müsse nicht zwangsläufig abgerissen werden. „Ich würde sie veräußern, mit dem Gewinn renovieren und einem professionellen Management übergeben“, schlägt Peick vor.