Neuer Streit um Straßenbaubeiträge
65 Millionen Euro stellt NRW zur Abfederung der Kosten zur Verfügung. Das Geld fließt nur spärlich ab.
DÜSSELDORF Die Straßenausbaubeiträge in Nordrhein-Westfalen haben erneut zu Streit zwischen Opposition und Landesregierung geführt. Hausbesitzer werden dabei an den Kosten für grundlegende Erneuerungen oder Aufwertungen – etwa durch neue Straßenlaternen, Bürgersteige oder Bepflanzungen – zur Kasse gebeten. Das können bis zu fünfstellige Beträge sein. Die Landesregierung hatte das System der Straßenausbaubeiträge nach einer Volksinitiative und hitzigem Streit in der Landespolitik reformiert. Für Bauvorhaben rückwirkend zum 1. Januar 2018 wurden die Beiträge halbiert, zudem wurden großzügige Stundungsregelungen eingeführt. Eine Komplettabschaffung lehnt Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) allerdings bis heute ab.
Nun fühlen sich die Kritiker der Maßnahme durch einen aktuellen
Bericht der Landesregierung in ihrer Argumentation bestätigt. Das Land NRW hat nach Angaben des Ministeriums den Kommunen im letzten Quartal 3,5 Millionen Euro bewilligt, um die Kosten für die Bürger durch anfallende Straßenausbaubeiträge abzumildern. Das geht aus einem Bericht des NRW-Bauministeriums hervor. 124 Anträge seien bewilligt worden.
Die SPD-Fraktion und der Bund der Steuerzahler nutzen diese Zahlen, um erneut eine Abschaffung der Straßenausbaubeiträge zu fordern. „65 Millionen Euro Entlastung hatte Ministerin Scharrenbach den Anliegern in NRW bei den Straßenausbaubeiträgen versprochen. Geworden sind es im Jahr 2020 ganze 3,5 Millionen“, sagte Stefan Kämmerling, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, unserer Redaktion. Er warf der Landesregierung vor, sie könne nicht sagen, wie lange der durchschnittliche Bearbeitungszeitraum für einen solchen Antrag sei. „Dieses Programm ist bei der Bevölkerung nicht angekommen, es ist bei den Kommunen nicht angekommen.“Es sei so kompliziert, dass die kommunalen Spitzenverbände es mehrfach mit Fragen und Antworten erklären mussten. „Die Ministerin kann nicht einmal beantworten, wie hoch die Einnahmen der Kommunen aus den Straßenausbaubeiträgen sind. Schätzungen zufolge stehen den angenommenen Beiträgen Kosten in Höhe von 40 bis 75 Prozent gegenüber. Es handelt sich schlicht um ein Bürokratie-Monster.“Kämmerling forderte die Abschaffung. „Das System ist und bleibt bürokratisch und ungerecht. Auch der verzweifelte Versuch von Ministerin Scharrenbach die Straßenausbaubeiträge zu retten, kann daran nichts ändern. Sie gehören endlich abgeschafft. Das wäre es den Kommunen und Wählern nur schuldig.“
Rik Steinheuer, Vorsitzender des Bunds der Steuerzahler in NRW, sagte unserer Redaktion, es sei auffällig, wie wenig Geld abfließe. „Am Ende stützt der Betrag von landesweit 3,5 Millionen Euro unsere These, dass NRW sehr wohl die Möglichkeiten und Mittel gehabt hätte, um die Straßenbaubeiträge vollständig abzuschaffen.“Es sei interessant, dass das Land zu den Bürokratiekosten gar keine Angaben macht. „Böswillig könnte man auch sagen: nicht machen will“, sagte Steinheuer. „Die Straßenbaubeiträge müssen in NRW müssen so schnell wie möglich abgeschafft werden. Jetzt wäre ein richtiger Zeitpunkt, um dies ohne großen Gesichtsverlust hinzubekommen.“
Acht Bundesländer haben die Straßenausbaubeiträge inzwischen komplett abgeschafft. Sechs Länder überlassen es ihren Kommunen, ob sie sie erheben wollen. Rheinland-Pfalz kippt sie ab 2024.