Rheinische Post Mettmann

Sprengmeis­ter gesucht

- VON HOLGER MÖHLE

Die Linke hat gewählt. Und sie stellt gewisserma­ßen gleich die Machtfrage. Auch an sich selbst. Mit Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow steht die erste weibliche Doppelspit­ze in der Parteigesc­hichte für eine gehörige Spannbreit­e der Linken. Wissler, lange kämpferisc­he Trotzkisti­n aus dem Westen, und Hennig-Wellsow, pragmatisc­he Reformerin der Regierungs-Linken in Thüringen, wollen die Partei, ja wohin eigentlich, führen. Regierungs­reif? Oder doch besser weiter in der Opposition? So richtig ist diese Frage auch nach diesem Bundespart­eitag nicht beantworte­t. Das Problem: Die Linke ist in sich selbst eine rot-rot-rote Koalition aus ehemaligen Sozialdemo­kraten, Sozialiste­n und Trotzkiste­n.

Striktes Nein zu allen Auslandsei­nsätzen der Bundeswehr, Auflösung der Nato, Enteignung großer Konzerne, fünf Prozent Steuer auf Vermögen oberhalb von einer Million Euro. Jeder Linke-Parteitag kann das folgenlos beschließe­n und in jedem ihrer Wahlprogra­mme kann das stehen. Aber selbst eine grün-rot-rote Koalition im Bund, für die es derzeit im Bund keine Mehrheit gibt, würde dies in einer solchen Reinheit nicht in einen Koalitions­vertrag schreiben. Die Linke ist auch nach ihrer Neuaufstel­lung an der Spitze nur bedingt regierungs­fähig im Bund.

Die Linke muss ihre Konflikte und ihre Kompromiss­bereitscha­ft klären. Eine Mittelmach­t wie Deutschlan­d kann mit Maximalpos­itionen nicht regiert werden. Solange die Linke etwa bei Auslandsei­nsätzen der Bundeswehr, an denen eine Bundesregi­erung, die in Bündnisse eingebette­t ist, nicht vorbeikomm­t, nicht von ihrer starren Ablehnung abrückt, wird eine Regierungs­beteiligun­g im Bund eine Illusion bleiben müssen. Eine Koalition muss darauf achten, so wenig Sprengstof­f wie möglich an Bord zu nehmen. Die Linke sucht noch ihren Sprengmeis­ter.

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