Sprengmeister gesucht
Die Linke hat gewählt. Und sie stellt gewissermaßen gleich die Machtfrage. Auch an sich selbst. Mit Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow steht die erste weibliche Doppelspitze in der Parteigeschichte für eine gehörige Spannbreite der Linken. Wissler, lange kämpferische Trotzkistin aus dem Westen, und Hennig-Wellsow, pragmatische Reformerin der Regierungs-Linken in Thüringen, wollen die Partei, ja wohin eigentlich, führen. Regierungsreif? Oder doch besser weiter in der Opposition? So richtig ist diese Frage auch nach diesem Bundesparteitag nicht beantwortet. Das Problem: Die Linke ist in sich selbst eine rot-rot-rote Koalition aus ehemaligen Sozialdemokraten, Sozialisten und Trotzkisten.
Striktes Nein zu allen Auslandseinsätzen der Bundeswehr, Auflösung der Nato, Enteignung großer Konzerne, fünf Prozent Steuer auf Vermögen oberhalb von einer Million Euro. Jeder Linke-Parteitag kann das folgenlos beschließen und in jedem ihrer Wahlprogramme kann das stehen. Aber selbst eine grün-rot-rote Koalition im Bund, für die es derzeit im Bund keine Mehrheit gibt, würde dies in einer solchen Reinheit nicht in einen Koalitionsvertrag schreiben. Die Linke ist auch nach ihrer Neuaufstellung an der Spitze nur bedingt regierungsfähig im Bund.
Die Linke muss ihre Konflikte und ihre Kompromissbereitschaft klären. Eine Mittelmacht wie Deutschland kann mit Maximalpositionen nicht regiert werden. Solange die Linke etwa bei Auslandseinsätzen der Bundeswehr, an denen eine Bundesregierung, die in Bündnisse eingebettet ist, nicht vorbeikommt, nicht von ihrer starren Ablehnung abrückt, wird eine Regierungsbeteiligung im Bund eine Illusion bleiben müssen. Eine Koalition muss darauf achten, so wenig Sprengstoff wie möglich an Bord zu nehmen. Die Linke sucht noch ihren Sprengmeister.
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