Betrüger bieten „Impfung an der Haustür“an
Kriminelle nutzen die Angst vor dem Coronavirus auf unterschiedliche Weise für sich. Aktuell versuchen Betrüger, mit angeblichen Formularen zur Impfung in die Wohnungen von Senioren zu gelangen.
DÜSSELDORF Ein Mann und eine Frau klingeln am vergangenen Freitag bei einer Seniorin in Leverkusen-Wiesdorf und geben sich als Mitarbeiter eines Impfzentrums aus. Sie bitten die 93-Jährige, ein Formular zur Abrechnung mit der Krankenkasse auszufüllen – dies sei notwendig, da die Seniorin ihre erste Schutzimpfung ja bereits bekommen habe, erklären die beiden der Frau. Da sie tatsächlich vor einigen Tagen schon eine erste Impfung bekommen hatte, glaubte die Frau die Geschichte. Doch während die Seniorin in ihrer Küche im Beisein der Frau alle Unterlagen ausfüllte, durchsuchte deren Komplize die Wohnung. Die Betrüger entkamen mit Bargeld und Schmuck.
Diese Masche ist eine von vielen Betrugsvarianten, mit der Täter die Corona-Pandemie und die Unsicherheit vieler Menschen ausnutzen, um sich zu bereichern. Es sind
Abwandlungen des altbekannten Wasserwerker-Tricks mit dem Ziel, in die Wohnung des Opfers zu gelangen. „Es gilt immer: Nie Fremde ins Haus oder in die Wohnung lassen“, sagt Frank Scheulen vom Landeskriminalamt (LKA). „Mitarbeiter des Gesundheitsamtes stehen nicht einfach so ohne Anmeldung vor der Tür.“Dies auch dann nicht, wenn es in einigen Wochen dazu kommen sollte, dass mobile Impfteams zu Senioren geschickt würden, die allein leben, aber nicht in der Lage seien, ins Impfzentrum zu kommen. „Das wird dann vorher aber ganz klar und deutlich kommuniziert“, sagt Scheulen.
Die in Nordrhein-Westfalen aufgebauten Impfstrukturen bestehen derzeit ausschließlich aus Impfzentren, mobilen Teams zur Versorgung in Alten- und Wohnheimen und eigenständigen Impfungen des Krankenhauspersonals. „Wer jetzt schon an der Haustüre schellt und sich als Arzt oder Mitarbeiter des Gesundheitsamts ausgibt, kann nur ein Betrüger sein“,
„Wer jetzt schon an der Haustüre schellt und sich als Arzt ausgibt, kann nur ein Betrüger sein“
Frank Scheulen
Landeskriminalamt sagt Scheulen.
Die Betrüger haben es nicht nur auf ältere Menschen abgesehen. Mitte Februar boten zwei Unbekannte einem 30 Jahre alten Mann in Olpe eine Corona-Impfung an der Haustür an. „Sie erklärten ihm, dass er aufgrund einer Behinderung die Impfung zu Hause erhalten würde, die Kosten in Höhe von 175 Euro müsse er aber selbst tragen“, teilte die Polizei mit. Der Mann verlangte die Ausweise, woraufhin die Männer verschwanden. In Bonn wurde einer 64-Jährigen am Telefon ein Corona-Impfstoffpaket im Wert von 6000 Euro angeboten. Die Frau ließ sich zum Schein darauf ein, das Geld einem Boten zu übergeben. Das Impfserum sollte sie angeblich danach per Post erhalten. Als die Betrüger schellten, wurden sie von der Polizei empfangen.
Die Polizei weist darauf hin, dass die Impfung gegen das Coronavirus grundsätzlich kostenfrei ist und der Impfstoff nicht auf dem freien Markt verkauft wird. Landesweit gibt es nach Angaben des LKA überall Betrugsmaschen mit Corona-Bezug in unterschiedlichsten Varianten. Nicht nur vermeintliche Impfstoffe, sondern auch illegale Corona-Tests werden angeboten. Da diese Taten als Betrugsdelikte in die Kriminalstatistik einfließen, gibt es aber keine Aufschlüsselung der Fallzahlen.
Die Täter setzen nicht nur auf Haustürgeschäfte, seit Beginn der Pandemie gibt es auch viele Betrugsfälle mit „Fakeshops“. Dabei wird die real existierende Domain eines Webshops leicht abgeändert. Unter ähnlicher Aufmachung wie beim echten Shop bieten Betrüger dann Hygieneartikel, Desinfektionsmittel, aber auch Medikamente günstiger an. Alles läuft über Vorkasse, das Produkt wird aber nicht geliefert. Kriminelle geben sich immer wieder auch als Mitarbeiter der NRW-Bank aus und stellen Fördergelder in Aussicht. Ziel ist es, an Konten-Zugangsdaten zu gelangen.
In einer Variante des Enkeltricks rufen Betrüger bei Senioren an und
geben sich als Angehörige aus („Rate mal, wer hier am Telefon ist?“), die sich mit dem Virus infiziert hätten und nun in einem Krankenhaus liegen würden. Sie benötigten dringend Geld für die Behandlung oder auch teure Medikamente. Da sie selbst im Krankenhaus liegen würden, könnten sie nur einen Boten schicken, der das Geld abholt. Die Polizei rät immer dazu, sich zu vergewissern, ob der Anrufer wirklich ein Verwandter ist, indem man ihn zum Beispiel zurückruft unter der bekannten Mobilnummer. Senioren sollten immer misstrauisch werden, wenn jemand am Telefon um Geld bittet und niemals einer unbekannten Person Geld übergeben.
Vor allem ältere Menschen schweigen oft aus Scham, wenn sie Opfer von Betrugsdelikten wurden. Die Polizei rät aber dringend, die 110 zu wählen, sobald der Betrug aufgeflogen ist, und Anzeige zu erstatten.