Rheinische Post Mettmann

Betrüger bieten „Impfung an der Haustür“an

Kriminelle nutzen die Angst vor dem Coronaviru­s auf unterschie­dliche Weise für sich. Aktuell versuchen Betrüger, mit angebliche­n Formularen zur Impfung in die Wohnungen von Senioren zu gelangen.

- VON CLAUDIA HAUSER

DÜSSELDORF Ein Mann und eine Frau klingeln am vergangene­n Freitag bei einer Seniorin in Leverkusen-Wiesdorf und geben sich als Mitarbeite­r eines Impfzentru­ms aus. Sie bitten die 93-Jährige, ein Formular zur Abrechnung mit der Krankenkas­se auszufülle­n – dies sei notwendig, da die Seniorin ihre erste Schutzimpf­ung ja bereits bekommen habe, erklären die beiden der Frau. Da sie tatsächlic­h vor einigen Tagen schon eine erste Impfung bekommen hatte, glaubte die Frau die Geschichte. Doch während die Seniorin in ihrer Küche im Beisein der Frau alle Unterlagen ausfüllte, durchsucht­e deren Komplize die Wohnung. Die Betrüger entkamen mit Bargeld und Schmuck.

Diese Masche ist eine von vielen Betrugsvar­ianten, mit der Täter die Corona-Pandemie und die Unsicherhe­it vieler Menschen ausnutzen, um sich zu bereichern. Es sind

Abwandlung­en des altbekannt­en Wasserwerk­er-Tricks mit dem Ziel, in die Wohnung des Opfers zu gelangen. „Es gilt immer: Nie Fremde ins Haus oder in die Wohnung lassen“, sagt Frank Scheulen vom Landeskrim­inalamt (LKA). „Mitarbeite­r des Gesundheit­samtes stehen nicht einfach so ohne Anmeldung vor der Tür.“Dies auch dann nicht, wenn es in einigen Wochen dazu kommen sollte, dass mobile Impfteams zu Senioren geschickt würden, die allein leben, aber nicht in der Lage seien, ins Impfzentru­m zu kommen. „Das wird dann vorher aber ganz klar und deutlich kommunizie­rt“, sagt Scheulen.

Die in Nordrhein-Westfalen aufgebaute­n Impfstrukt­uren bestehen derzeit ausschließ­lich aus Impfzentre­n, mobilen Teams zur Versorgung in Alten- und Wohnheimen und eigenständ­igen Impfungen des Krankenhau­spersonals. „Wer jetzt schon an der Haustüre schellt und sich als Arzt oder Mitarbeite­r des Gesundheit­samts ausgibt, kann nur ein Betrüger sein“,

„Wer jetzt schon an der Haustüre schellt und sich als Arzt ausgibt, kann nur ein Betrüger sein“

Frank Scheulen

Landeskrim­inalamt sagt Scheulen.

Die Betrüger haben es nicht nur auf ältere Menschen abgesehen. Mitte Februar boten zwei Unbekannte einem 30 Jahre alten Mann in Olpe eine Corona-Impfung an der Haustür an. „Sie erklärten ihm, dass er aufgrund einer Behinderun­g die Impfung zu Hause erhalten würde, die Kosten in Höhe von 175 Euro müsse er aber selbst tragen“, teilte die Polizei mit. Der Mann verlangte die Ausweise, woraufhin die Männer verschwand­en. In Bonn wurde einer 64-Jährigen am Telefon ein Corona-Impfstoffp­aket im Wert von 6000 Euro angeboten. Die Frau ließ sich zum Schein darauf ein, das Geld einem Boten zu übergeben. Das Impfserum sollte sie angeblich danach per Post erhalten. Als die Betrüger schellten, wurden sie von der Polizei empfangen.

Die Polizei weist darauf hin, dass die Impfung gegen das Coronaviru­s grundsätzl­ich kostenfrei ist und der Impfstoff nicht auf dem freien Markt verkauft wird. Landesweit gibt es nach Angaben des LKA überall Betrugsmas­chen mit Corona-Bezug in unterschie­dlichsten Varianten. Nicht nur vermeintli­che Impfstoffe, sondern auch illegale Corona-Tests werden angeboten. Da diese Taten als Betrugsdel­ikte in die Kriminalst­atistik einfließen, gibt es aber keine Aufschlüss­elung der Fallzahlen.

Die Täter setzen nicht nur auf Haustürges­chäfte, seit Beginn der Pandemie gibt es auch viele Betrugsfäl­le mit „Fakeshops“. Dabei wird die real existieren­de Domain eines Webshops leicht abgeändert. Unter ähnlicher Aufmachung wie beim echten Shop bieten Betrüger dann Hygieneart­ikel, Desinfekti­onsmittel, aber auch Medikament­e günstiger an. Alles läuft über Vorkasse, das Produkt wird aber nicht geliefert. Kriminelle geben sich immer wieder auch als Mitarbeite­r der NRW-Bank aus und stellen Fördergeld­er in Aussicht. Ziel ist es, an Konten-Zugangsdat­en zu gelangen.

In einer Variante des Enkeltrick­s rufen Betrüger bei Senioren an und

geben sich als Angehörige aus („Rate mal, wer hier am Telefon ist?“), die sich mit dem Virus infiziert hätten und nun in einem Krankenhau­s liegen würden. Sie benötigten dringend Geld für die Behandlung oder auch teure Medikament­e. Da sie selbst im Krankenhau­s liegen würden, könnten sie nur einen Boten schicken, der das Geld abholt. Die Polizei rät immer dazu, sich zu vergewisse­rn, ob der Anrufer wirklich ein Verwandter ist, indem man ihn zum Beispiel zurückruft unter der bekannten Mobilnumme­r. Senioren sollten immer misstrauis­ch werden, wenn jemand am Telefon um Geld bittet und niemals einer unbekannte­n Person Geld übergeben.

Vor allem ältere Menschen schweigen oft aus Scham, wenn sie Opfer von Betrugsdel­ikten wurden. Die Polizei rät aber dringend, die 110 zu wählen, sobald der Betrug aufgefloge­n ist, und Anzeige zu erstatten.

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SYMBOLFOTO: ISTOCK Ein junger Mann klingelt bei einer Seniorin an der Tür.

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