Die Pandemie verändert das Verbrechen
In NRW sind die Fälle von Wohnungseinbrüchen und Gewaltkriminalität gesunken. Aber mehr Taten von Kindesmissbrauch kamen ans Licht.
DÜSSELDORF Das Verbrechen in NRW ist weiter auf dem Rückzug: Nachdem die Kriminalität bereits im Jahr 2019 auf dem niedrigsten Stand seit 30 Jahren war, ging die Kriminalitätsrate im vergangenen Jahr noch einmal zurück. Die Zahl der registrierten Straftaten sank demnach um 12.166 Fälle um ein Prozent auf rund 1,215 Millionen. Etwas mehr als die Hälfte (52,8 Prozent) der Straftaten wurden von der Polizei aufgeklärt. „Das ist die beste Aufklärungsquote meiner Antszeit“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) bei der Vorstellung der polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2020.
Ein wesentlicher Grund für die zum Teil deutlich rückläufigen Zahlen ist die Pandemie. Das räumte auch der Innenminister ein. „Die polizeiliche Kriminalitätsstatistik ist eine Corona-Statistik“, so Reul. Dennoch belegen die neuen Zahlen auch, dass sich der seit einigen Jahren positive Trend fortsetzt. Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte die innere Sicherheit zu einem zentralen Thema für die laufende Wahlperiode erklärt und unter anderem die Einstellungszahlen bei der Polizei wieder deutlich erhöht.
Die Zahl der Tatverdächtigen liegt bei rund 420.000 – 8000 weniger als 2019. 130.881 sind sogenannte nichtdeutsche Tatverdächtige; 31.187 sind Zuwanderer. Der Anteil der Ausländer an allen Straftaten sei mit 31,1 Prozent weiterhin überproportional hoch, so der Innenminister. In absoluten Zahlen sei die Zahl der durch Nichtdeutsche begangenen Straftaten aber gesunken, obwohl die Zahl der Ausländer in NRW gestiegen sei.
Deutliche Rückgänge gab es der Statistik zufolge bei der Gewaltkriminalität.
2020 registrierte die Polizei 372 Mord- und Totschlagsfälle – 40 weniger als im Vorjahr. Auch die Straßenkriminalität ist gesunken – ebenfalls wohl wegen der Pandemie. Bei den Delikten (etwa Raubüberfälle und Autodiebstahl) registrierte die Polizei rund 290.000 Fälle – ein Minus von 2,3 Prozent.
Eine ähnliche Entwicklung zeigte sich bei den Wohnungseinbrüchen. 2020 sind die Fälle von 26.857 auf 24.780 Einbrüchen gesunken, ein Rückgang von 7,7 Prozent. Auch dabei dürfte insbesondere die Pandemie eine Rolle gespielt haben, weil viele Arbeitnehmer im Homeoffice gearbeitet haben.
Der Kampf gegen Kinderpornografie und Kindesmissbrauch bleibt eine zentrale Aufgabe der Polizei in NRW. Laut Statistik gab es im vergangenen Jahr einen Anstieg bei der
Kinderpornografie (4776 Fälle, plus 102,5 Prozent) und bei Kindesmissbrauch (3553 Fälle, plus 19,5 Prozent). „Die Fälle sind nicht mehr geworden, wir sehen sie nur endlich. Der Anstieg ist ein trauriges Arbeitszeugnis unserer Amstrengungen“, sagte Reul. Das Land hatte in den vergangenen Jahren mehr als 30 Millionen Euro in neue Technik investiert und in die Ermittlerzahl in dem Bereich von 100 auf 400 erhöht.
Ebenfalls erst am Montag wurde bekannt, dass die Polizei landesweit 54 Objekte von 73 Beschuldigten wegen des Verdachts auf Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie durchsucht hat. Bei dem Einsatz, der am 25. Februar begann und mittlerweile beendet ist, wurden 440 Datenträger sichergestellt, teilte die Staatsanwaltschaft Köln mit.
Neben Kinderpornografie und Kindesmissbrauch stieg auch die Zahl der erfassten Fälle von Computerkriminalität an. In dem Bereich verzeichnete die Polizei 20,8 Prozent mehr Taten. Gestiegen sind auch Betrugsfälle
zum Nachteil älterer Menschen. Demnach gab es vergangenes Jahr 2621 Fälle – ein Plus von 37,7 Prozent. „Wir hatten es während Corona auch verstärkt mit falschen Ärzten zu tun“, erklärte Reul.
Auffallend: Trotz pandemiebedingter Abstandsregel stieg die Zahl der Taschendiebstähle. um 5,9 Prozent auf rund 33.000. Demnach wurde in den Geschäften (als sie geöffnet waren, Anm. d. Red.) deutlich mehr gestoheln als im Vorjahr. Ermittler vermuten, dass die Kunden nicht so gut auf ihre Taschen aufgepasst haben wie sonst.
Erstmals wurde die Statistik im Hinblick auf häusliche Gewalt analysiert. Darunter fallen Straftaten, bei denen Opfer und Tatverdächtige im gleichen Haushalt wohnen. Demnach gab es 29.155 Fälle in NRW; erfasst wurden 32.705 Opfer.