Millionen-Ärger um eine Streusalzhalle
Die Stadt hat die Planung eines inzwischen gekündigten Mitarbeiters gestoppt, aber hat sie auch rechtzeitig informiert?
HAAN Es ist nicht nur eine schlechte, sondern eine beinahe auch sehr teure Nachricht, die jetzt in den allgemeinen Beratungen zum Haaner Stadtetat 2021 um ein Haar völlig unbemerkt geblieben wäre: Die Stadt hat die Planung zum Bau einer neuen Streusalz-Halle auf dem Gelände des Betriebshofs Ellscheid gestoppt und eine neue veranlasst. Grund: Eine Kostensteigerung um 150 Prozent von 400.000 auf eine Million Euro.
Fast wäre das Drama nicht aufgefallen: Im Ausschuss für Umwelt und Mobilität in der vergangenen Woche hatte der Vorsitzende Vincent Endereß (CDU) beim Tagesordnungspunkt Haushaltsplanberatungen nämlich vorgeschlagen, alle städtischen Anträge zusammenzufassen und in einem Block abzustimmen – eine nicht ungewöhnliche Vorgehensweise bei langen Sitzungen.
Die Wählergemeinschaft Lebenswertes Haan legte jedoch ihr Veto ein und wollte alle Punkte zumindest kurz einzeln besprechen. Dabei fielen gut 80.000 Euro auf, die die Stadt Haan für eine auf zwei Jahre angelegte Anmietung eines Streusalzlagers in Mettmann bereitgestellt haben wollte.
„Wieso denn jetzt auf einmal mieten?“, wollte Meike Lukat ( WLH) wissen. Für die alte, inzwischen abgerissene Salzhalle an der Landstraße habe man doch eine neue am städtischen Betriebshof-Standort Ellscheid bauen wollen.
Bürgermeisterin Bettina Warnecke vermutete, Auswirkungen der Corona-Pandemie könnten mit den Verzögerungen des Projekts zu tun haben. Eine Antwort gab es an diesem Abend aber noch nicht, da der Technische Dezernent Engin Alparslan erkrankt fehlte.
Der ließ jetzt im Bauausschuss die Katze aus dem Sack: Statt der ursprünglich geplanten 400.000 Euro hätte die neue Halle, so wie sie ein mittlerweile gekündigter Abteilungsleiter vorgesehen habe, auf einmal „ein Vielfaches gekostet“. Auf RP-Nachfrage nannte die Verwaltung tags darauf die Summe: eine Million Euro! In den 736 Seiten des Haushaltsplanentwurfs findet sich unter der Produktnummer 65020002 allerdings nur: „Salzhalle Ellscheid“, Ansatz 2020: 400.000 Euro. Für das laufende Jahr ist keine Summe eingetragen.
In Teilen der Politik wächst der Ärger darüber, dass die Fehlplanung und ihre Auswirkungen erst jetzt und auch nur auf Nachfrage thematisiert worden seien. Dabei hatte die Stadt schon in diesem Winter auf in Mettmann gelagertes Streusalz
zurückgegriffen, weil die eigene Halle fehlte.
Im Bauausschuss am 15. September vergangenen Jahres hatte die Stadt lediglich angedeutet, „dass die angesetzten Kosten“für eine eigene neue Halle „nicht ausreichen werden“. Das Projekt liege etwa vier Wochen hinter dem Zeitplan. Zu diesem Zeitpunkt dürfte die gigantische Verteuerung zumindest Alparslan aber schon bekannt gewesen sein. Denn der berichtete jetzt, er habe sich einen Tag nach seinem Sommerurlaub seinerzeit die Zahlen vorlegen lassen und sofort die Notbremse gezogen. Die Berechnung sei „jenseits von Gut und Böse“gewesen, der Mitarbeiter inzwischen gekündigt: „Wir wollten schließlich nur eine Salzhalle – kein Monument für die Weltausstellung.“
„Über diese Dimension hätte angemessen informiert werden müssen“, ärgert sich Meike Lukat. Stattdessen sei versucht worden, das Ganze im Haushalt 2021 unter dem Titel Anmietung einer Halle „für die Lagerung von Salzbeständen“schnell durchwinken zu lassen und damit heimlich, still und leise das Thema zu beerdigen. Dabei sei die Anmietung der Mettmanner Salzhalle zu dieser Zeit schon praktisch vollzogen gewesen.
Heimlichtuerei? Die Haaner Stadtverwaltung weist so etwas von sich. Bis zum Abschluss der von Dezernent Alparslan nach seinem Urlaub 2020 veranlassten Prüfung sei nicht absehbar gewesen, dass das Projekt nicht weiterlaufen konnte, heißt es in einer Stellungnahme: „Diese Entscheidung ist auch nicht leichtfertig, sondern unter Abwägung aller relevanten Erwägungen – insbesondere der Wirtschaftlichkeit – getroffen worden.“
Der Technische Dezernent habe 2020 zudem jede Menge personelle Ausfälle kompensiert und die Steuerung wichtiger Projekte übernommen: „Dazu gehörte die komplette Projektleitung des Integrierten Handlungskonzepts Innenstadt sowie die Lösung von Problemstellungen in den Projekten Gymnasium, Kita Erikaweg, Feuerwehrgerätehaus.“In der Prioritätenliste sei das Projekt Salzhalle „daher von untergeordneter Bedeutung“gewesen.
„Es hätte früh genug Möglichkeiten gegeben, uns korrekt zu informieren“, beharrt dagegen Meike Lukat. Sie vermutet etwas anderes: „Die Dimension sollte nie bekannt werden – erst recht nicht vor der Bürgermeisterwahl am 13. September.“