Fünf Stufen in die Freiheit
Die Niederlande wollen bis zum Juli in mehreren Schritten aus dem Lockdown. Doch letzten Endes entscheiden darüber die Infektionszahlen.
AMSTERDAM Den Niederlanden stehen entscheidende Tage bevor: Wenn die Kerndaten der Corona-Pandemie, also die Zahl der Infizierten, Krankenhaus-Aufnahmen und die Zahl der Geimpften, es zulassen, winken ab Ende April schrittweise Erleichterungen der meist seit Dezember geltenden strengen Corona-Maßnahmen. Premier Mark Rutte und sein Gesundheitsminister Hugo de Jonge präsentierten diese Woche einen Plan, um das Land ab dem 28. April langsam wieder ins öffentliche Leben zu führen. Eigentlich waren dessen erste Schritte bereits für die kommende Woche erwartet worden, doch die aktuellen Statistiken lassen dies nach Ansicht der Regierung noch nicht zu.
Vorgesehen ist nun, dass ab Mitte nächster Woche die Sperrstunde aufgehoben wird, die derzeit noch von 22 Uhr bis 4.30 Uhr gilt. Die bisherige strenge Besuchsbeschränkung wird von einer Person täglich auf zwei gelockert, an Hochschulen kann wieder Präsenzunterricht stattfinden. Angesichts der Jahreszeit ist die wohl wichtigste Meldung, dass auch die Außengastronomie, die überaus beliebten „terrasjes“der Cafés nach einem halben Jahr wieder öffnen sollen. Dafür sprachen sich zuletzt wiederholt mehrere Bürgermeister großer Städte aus, da ein Andrang bei schönem Wetter dort leichter zu regulieren sei als in den oft überfüllten Parks.
Zwei Wochen darauf, am 11. Mai, kann bei günstigen Rahmenbedingungen der zweite Schritt erfolgen. Die Beschränkungen im Sport-, Kunst- und Kulturbereich sollen aufgehoben werden, gefolgt von einer vorsichtigen Öffnung von Restaurants,
Kinos und Museen, jeweils mit einer Höchstzahl von 30 Besuchern. Auch Sportveranstaltungen können dann mit einem negativen Corona-Test wieder besucht werden. Am 16. Juni will man das Besuchermaximum auf 50 erhöhen, am 7. Juli auf 100. Größere Zahlen sollen in Ausnahmen möglich sein, sofern die Veranstalter ein coronasicheres Konzept vorlegen können.
Mit diesem Plan beantwortet die Regierung, die nach ihrem Rücktritt zu Jahresbeginn und der Parlamentswahl Mitte März nur kommissarisch tätig ist, den gesellschaftlichen Wunsch nach einer konkreten Perspektive um aus dem monatelangen Lockdown zu kommen. Der Eingang Ende April fällt in eine Zeit, die eigentlich wie kaum eine andere für Feierlichkeiten und Urlaub steht: Der Geburtstag des Königs steht an, das Gedenken der Weltkriegstoten und der Befreiung, und dazwischen gehen große Teile des Landes traditionell in den Mai-Ferien ein paar Tage auf Reise.
Über letzteres gibt der Stufenplan keine Auskunft, denn die aktuelle Virus-Situation ist noch immer alles andere als stabil. Vielmehr wurde am Donnerstag bekannt, dass ab Mitte Mai bei der Einreise aus Risikogebieten eine Quarantänepflicht eingeführt werden soll. An einen entsprechenden Aufruf der Regierung halten sich offenbar zu wenige Reisende. Der öffentlich-rechtliche Rundfunksender NOS meldete, dass bei Zuwiderhandlung ein Bußgeld von 95 Euro erhoben wird. Die Dauer der Quarantäne liegt bei zehn Tagen und kann nach fünf Tagen mit einem negativen Test halbiert werden – parallel also zu den Bedingungen, die Einreisende aus den Niederlanden in Deutschland erwarten.