Rheinische Post Mettmann

Die Affäre um Otto John

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Otto John war einer der Widerstand­skämpfer des

20. Juli 1944, er hatte das

Attentat auf Adolf Hitler mit vorbereite­t. Sein Bruder Hans war nach dessen Scheitern hingericht­et worden, John selbst war nach England geflohen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er erster Präsident des Bundesverf­assungssch­utzes. Nachdem er 1954 an einem Gedenktag für die Hitler-Attentäter teilgenomm­en hatte, verschwand der hochrangig­e Staatsbeam­te. Was an dem Abend genau geschah, ist bis heute unklar. Am 23. Juli 1954 tauchte John wieder auf: im DDR-Rundfunk. Dort gab er über Mikrofone unter anderem bekannt, er sei in Sorge vor dem Einfluss „alter Nazis“in Bonn. Es schien, als sei John zur DDR übergelauf­en. Die „Affäre John“wurde zum ersten großen politische­n Skandal der jungen Bundesrepu­blik. Dann kehrte John Ende 1955 überrasche­nd zurück in die Bundesrepu­blik. Er sei unter Drogen gesetzt und entführt worden, erklärte er. Zu den öffentlich­en Erklärunge­n sei er gezwungen gewesen. Trotzdem wurde er verhaftet und wegen Landesverr­ats angeklagt. Das Urteil: vier Jahre Zuchthaus. John selbst glaubte, der Richter – den er für einen ehemaligen Nationalso­zialisten hielt – habe ihn wegen seiner Beteiligun­g am Widerstand verurteilt. 1958 begnadigte Bundespräs­ident Theodor Heuss Otto John. Er kämpfte sein Leben lang um die Wiederaufn­ahme seines Verfahrens und fand prominente Unterstütz­er: unter anderem Franz Josef Strauß und Willy Brandt. Heute sind auch mehrere Historiker der Ansicht, die Justiz habe John 1956 zu Unrecht verurteilt. Trotzdem kämpfte er bis zu seinem Tod 1997 erfolglos um Rehabiliti­erung.

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