Die Frage nach der Verantwortung
In vielen Orten in den Hochwasserregionen zeigen die Aufräumarbeiten gerade erst Wirkung. Doch die Debatte über Schuldfragen und politische Konsequenzen hat bereits begonnen. Nun ist nichts einfacher, als es nach einer solchen Katastrophe besser gewusst zu haben. Wer möchte mit den Verantwortlichen tauschen, die sich nun fragen müssen, ob sie Gefahren richtig eingeschätzt haben? Und wer kann von sich behaupten, er habe vor der Katastrophe ein ausreichendes Gefahrenbewusstsein gehabt bei Stichworten wie Starkregen?
Und doch sind die Fragen nach den Verantwortlichkeiten unerlässlich. Mindestens 170 Menschen sind allein in Deutschland gestorben. Das Land ist es diesen Opfern und ihren Angehörigen schuldig, nicht zur Tagesordnung überzugehen, wenn die gröbsten Schäden beseitigt sind und der Wieder- und Neuaufbau beginnt. Es geht nicht darum, Einzelnen persönliches Versagen in einer enormen Drucksituation vorzuwerfen. Wohl aber darum zu klären, wie das entstehen konnte, was die britische Hydrologin Hannah Cloke „monumentales Systemversagen“der Behörden nennt. Cloke ist nicht unparteiisch, sie hat das europäische Frühwarnsystem Efas mit aufgebaut, das auch nach dem Elbehochwasser eingerichtet wurde, um früh zu warnen.
Dass sich so viele Menschen nicht rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten, sollte jedenfalls nicht den Betroffenen selbst in die Schuhe geschoben werden. Das ist zynisch. Wenn viele Bürger nicht erkannt haben, welche Gefahr ihnen droht, waren sie nicht ausreichend gewarnt. Das rührt an den Kern staatlicher Verantwortung. In dem Begriff Verantwortung steckt das Verb antworten. Wer Verantwortung übernimmt, ist anderen zur Rechenschaft verpflichtet. Das ist die Aufgabe, die nun vor denen liegt, die ihre Verantwortung ernst nehmen.
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