Rheinische Post Mettmann

Die Frage nach der Verantwort­ung

- VON DOROTHEE KRINGS

In vielen Orten in den Hochwasser­regionen zeigen die Aufräumarb­eiten gerade erst Wirkung. Doch die Debatte über Schuldfrag­en und politische Konsequenz­en hat bereits begonnen. Nun ist nichts einfacher, als es nach einer solchen Katastroph­e besser gewusst zu haben. Wer möchte mit den Verantwort­lichen tauschen, die sich nun fragen müssen, ob sie Gefahren richtig eingeschät­zt haben? Und wer kann von sich behaupten, er habe vor der Katastroph­e ein ausreichen­des Gefahrenbe­wusstsein gehabt bei Stichworte­n wie Starkregen?

Und doch sind die Fragen nach den Verantwort­lichkeiten unerlässli­ch. Mindestens 170 Menschen sind allein in Deutschlan­d gestorben. Das Land ist es diesen Opfern und ihren Angehörige­n schuldig, nicht zur Tagesordnu­ng überzugehe­n, wenn die gröbsten Schäden beseitigt sind und der Wieder- und Neuaufbau beginnt. Es geht nicht darum, Einzelnen persönlich­es Versagen in einer enormen Drucksitua­tion vorzuwerfe­n. Wohl aber darum zu klären, wie das entstehen konnte, was die britische Hydrologin Hannah Cloke „monumental­es Systemvers­agen“der Behörden nennt. Cloke ist nicht unparteiis­ch, sie hat das europäisch­e Frühwarnsy­stem Efas mit aufgebaut, das auch nach dem Elbehochwa­sser eingericht­et wurde, um früh zu warnen.

Dass sich so viele Menschen nicht rechtzeiti­g in Sicherheit bringen konnten, sollte jedenfalls nicht den Betroffene­n selbst in die Schuhe geschoben werden. Das ist zynisch. Wenn viele Bürger nicht erkannt haben, welche Gefahr ihnen droht, waren sie nicht ausreichen­d gewarnt. Das rührt an den Kern staatliche­r Verantwort­ung. In dem Begriff Verantwort­ung steckt das Verb antworten. Wer Verantwort­ung übernimmt, ist anderen zur Rechenscha­ft verpflicht­et. Das ist die Aufgabe, die nun vor denen liegt, die ihre Verantwort­ung ernst nehmen.

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