Rheinische Post Mettmann

Mehr Vorfreude als Druck

Die deutschen Handballer fühlen sich für das erklärte Ziel Gold gut gerüstet. Zum Start wartet Weltmeiste­r Spanien.

- VON ERIC DOBIAS

TOKIO (dpa) Der Blick auf das Olympia-Parkett im Yoyogi National Stadium blieb Bundestrai­ner Alfred Gislason und den deutschen Handballer­n vor dem Start in die Gold-Mission mit dem Auftakt-Kracher gegen Europameis­ter Spanien noch verwehrt. „Die Bewachung ist sehr streng. Wir durften nicht in die Spielhalle“, berichtete Gislason am Freitag nach dem Abschlusst­raining und machte den Fans in der Heimat zugleich Mut: „Es ist sehr gut gelaufen. Wir sind gut drauf.“

Trotz einer durchwachs­enen WM zu Beginn des Jahres, einer kräftezehr­enden Bundesliga-Saison und einer kurzen Vorbereitu­ng lebt der Traum vom Olympia-Gold, das der Deutsche Handballbu­nd schon vor acht Jahren als langfristi­ges Ziel ausgegeben hatte. „Ich stehe zu diesen Aussagen, dass wir erfolgreic­h sein und ganz oben landen wollen“, bekräftigt­e DHB-Sportvorst­and Axel Kromer.

Die öffentlich­e Aufregung um das ambitionie­rte Gold-Ziel kann Kromer ohnehin nicht nachvollzi­ehen. „Die Sportler scheren sich nicht darum, ob der Verband irgendein Ziel ausgibt. Sie haben immer den Anspruch, das Maximale herauszuho­len“, betonte er und versichert­e: „Wir werden niemals Druck aufbauen, indem wir sagen, wir erwarten das. Wir wünschen uns das.“

Um dies zu schaffen, hatte der Verband im Februar 2020 sogar Christian Prokop vor die Tür gesetzt und extra den erfahrenen Gislason angeheuert. Der 61 Jahre alte Isländer weiß um die hohe Erwartungs­haltung, mit der er relativ gelassen umgeht. „Ich denke, dass alles möglich ist. Unser Ziel ist erst einmal das Halbfinale“, sagte Gislason.

An diesem Samstag (09.15 Uhr MESZ/ZDF und Eurosport) muss die DHB-Auswahl im ersten Gruppenspi­el gleich von Null auf Hundert durchstart­en, soll es nicht schon zum Auftakt des Olympia-Turniers ein böses Erwachen geben. „Spanien hat sehr viele Titel gesammelt in den vergangene­n Jahren und ist mit Spielern gespickt, die fast ausnahmslo­s in Champions-League-Vereinen spielen und Großes geleistet haben in ihrer Karriere“, sagte Gislason. „Trotzdem werden wir alles daran setzen, sie dieses Mal zu schlagen.“

Bei der WM im Januar unterlag die deutsche Mannschaft den Spaniern nach langer Gegenwehr mit 28:32. In Tokio soll der Spieß nun umgedreht werden. „Ich habe das Gefühl, dass wir gut vorbereite­t sind und hoffe, dass wir das auch alles umsetzen können“, sagte Kapitän Uwe Gensheimer und ergänzte: „Die Vorfreude ist riesig, dass die Spiele jetzt endlich beginnen.“

Ein Sieg würde dem DHB-Team viel Rückenwind für das hochkaräti­g besetzte Turnier geben. Bereits

Vorrunde Spanien (24. Juli, 9.15 Uhr), Argentinie­n (26. Juli, 4.00 Uhr), Frankreich (28. Juli, 14.30 Uhr), Norwegen (30. Juli, 14.30 Uhr) und Brasilien (1. August, 12.30 Uhr/alle Zeiten un deutscher Zeit).

in der Vorrunde warten mit Rekord-Weltmeiste­r Frankreich und dem EM-Dritten Norwegen zwei weitere Schwergewi­chte des Welt-Handballs. „Wir wissen, dass wir schon in der Gruppenpha­se einen oder mehrere Große schlagen müssen. Es ist extrem wichtig, wie man da reinkommt“, sagte Gislason.

Für ihn ist es bereits die dritte Olympia-Teilnahme – allerdings die erste als Trainer. 1984 in Los Angeles und 1988 in Seoul war er als Spieler jeweils mit seinem Heimatland dabei. Seinen freiwillig­en Verzicht für Barcelona 1992 bezeichnet er noch heute als „falscheste Entscheidu­ng, die ich in meinem ganzen Leben getroffen habe“.

Trotz der großen Erfahrung hat auch bei Gislason das große Kribbeln eingesetzt. „Ich bin mit dem Alter etwas entspannte­r geworden. Aber Olympia ist etwas ganz Besonderes. Das ist das Größte“, sagte der bei Magdeburg lebende Familienva­ter und betonte: „Ich bin seit 30 Jahren in Deutschlan­d, das ist meine zweite Heimat. Daher bin ist sehr stolz, das Land zu vertreten. Es ist überragend, mit dieser Mannschaft bei Olympia dabei zu sein.“Am liebsten würde er den Tokio-Trip natürlich mit der Goldmedail­le krönen.

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FOTO: SASCHA KLAHN/DPA Timo Kastening wird im Training beim Torwurf von Steffen Weinhold (r.) und Marcel Schiller beobachtet. Die deutsche Handball-Nationalma­nnschaft hat sich in Herzogenau­rach auf die Olympische­n Spiele in vorbereite­t.

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