Spundwände sollen vor der Düssel schützen
Die größten Schutzmaßnahmen gegen Überflutung finden jedoch am Rhein statt. Mehr als 100 Millionen Euro werden investiert.
DÜSSELDORF Mehr als 100 Millionen Euro sollen in den nächsten Jahren in den Hochwasserschutz in Düsseldorf investiert werden, vor allem an den Rheindeichen. Die Ostparksiedlung soll durch Spundwände im Boden und eine Mauerkrone entlang der Düssel besser geschützt werden. Die Überschwemmungen im Stadtgebiet haben deutlich gemacht, dass solche Maßnahmen besser früher als später ergriffen werden. „Hochwasserschutz ist mit einer Fülle von Maßnahmen jedoch eine Langzeitaufgabe“, sagt die zuständige Dezernentin, Kämmerin Dorothee Schneider: „Wir haben bereits vor neun Jahren damit begonnen, die Starkregenprävention und den Überflutungsschutz zu analysieren und zu verbessern.“Beim Hochwasserschutz müssen Pläne gemacht und genehmigt, Grundstücke erworben und mit Anliegern Verhandlungen geführt werden – das dauert.
Die Stadt will auch durch eine Umstrukturierung und mehr Personalkapazität schnellere Lösungen erreichen. Seit dem 1. Januar ist die städtische Abteilung Wasserbau in den Stadtentwässerungsbetrieb Düsseldorf (SEBD) integriert. Nun arbeiten zeitweise bis zu 35 Mitarbeiter an Projekten des Hochwasserschutzes, wobei darauf geachtet wird, dass der Gebührenhaushalt des SEBD und städtischer Aufwand voneinander getrennt werden.
Die Fachleute unterscheiden zwischen dem Hochwasserschutz am Rhein und an innerstädtischen Gewässern sowie dem Schutz bei Starkregenereignissen, für den nun ein neues Konzept erarbeitet wird. „Auf Hochwasser am Rhein können wir uns wegen der Erwartbarkeit und zeitiger Warnungen besser einstellen“, sagt Ingo Noppen, Technischer Leiter des SEBD. Das ist ein Vorteil, zumal ein Deichbruch am Rhein noch fatalere Auswirkungen hätte als das, was die Düsseldorfer vorige Woche erlebt haben. Bräche etwa im Süden ein Deich, wären davon bis Wersten schnell 30.000 Menschen betroffen, sagt Schneider.
Dem Schutz am Rhein gilt deswegen mehr als 90 Prozent des Einsatzes. Vor der Sommerpause hat der Stadtrat zugestimmt, dass nun Flächen für die Deichsanierungen in Himmelgeist angekauft werden können. Damit wird ein Jahrzehnte
altes Ziel der Stadt umgesetzt, für dessen Realisierung vor Schneider schon zwei Kämmerer wesentliche Verhandlungen geführt haben. Die Dezernentin hat mit den Grundbesitzern der Arenberg-Schleiden GmbH nunmehr eine Einigung erzielt, die Verträge liegen beim Notar zur Beurkundung.
Rund 5,6 Millionen Euro kosten die Flächen, über die die Stadt bald im Sinne eines besseren Hochwasserschutzes verfügen kann. Saniert werden zunächst der Deich in der Ortslage Himmelgeist (elf Millionen Euro, das Land übernimmt meist 80 Prozent der Kosten) und der zweite Abschnitt bis Schloss Meierhof
(14,4 Millionen Euro). Der dritte Abschnitt mit dem Ersatz des bestehenden Deichs im Himmelgeister Rheinbogen ist mit dem Planfeststellungsbeschluss durch die Bezirksregierung bestätigt, wird jedoch vom Bund für Umwelt- und Naturschutz beklagt. Er fordert eine Rückverlegung des Deiches und damit mehr Überflutungsgelände – ein Thema der Stunde. Mitte Juli 2020 ist die Klage am Oberverwaltungsgericht in Münster (OVG) eingereicht worden.
Solche Verfahren können fünf bis sieben Jahre dauern, dennoch haben die Grünen in den Kooperationsverhandlungen mit der CDU durchgesetzt, dass vor einem Urteil mit diesem dritten Abschnitt (19,4 Millionen Euro) nicht begonnen und parallel die Rückverlegung geplant wird. Eine Sanierung steht zudem an der Himmelgeister Landstraße an (11,8 Millionen Euro). In Benrath soll 2023 mit der Sanierung des Deiches Im Diepenthal begonnen werden (9,4 Millionen Euro). Laut Maßnahmenliste der Landesregierung ist dieser Deich bereits 2022 fertig, aber Verzögerungen gibt es bei nahezu allen Vorhaben. Himmelgeist etwa ist laut NRW-Hochwasserrisikomanagement 2025 neu und komplett geschützt, was illusorisch sein dürfte.
Im Norden der Stadt steht der Lohauser Deich an (28,6 Millionen Euro), die Genehmigungsplanung ist nahezu fertig. Er muss erneuert werden. Ein Grund: Die Wurzeln der Bäume sind Einfallkanäle für das Hochwasser. Kranke und umsturzgefährdete Bäume sind bereits entfernt worden. Schneider prüft derzeit, ob für Lohausen Fördermittel des Programms „Blaues Band“eingeworben werden können, um das Vorland des Deichs in eine Auenlandschaft zu verwandeln. Sie wäre viel kleiner als die Urdenbacher Kämpe, aber für den Norden dennoch ein großer Zugewinn.
Zu sanieren ist auch der Deich Burgallee in Kaiserswerth, der zum Burghof und der Kaiserpfalz führt, dort dürfen aber ausnahmsweise die Bäume der Allee stehen bleiben. An der Spaziergängern ebenfalls bestens bekannten historischen Hochwasserschutzmauer am Herbert-Eulenberg-Weg sind Bewegungen gemessen worden, dort sind bereits schwere Metallkonstruktionen mit Ankern durchs Mauerwerk installiert worden, um sie zu stabilisieren. Die Arbeiten gehen weiter.
Bei den innerstädtischen Gewässern sieht Noppen den Schutz vor hundertjährigen Fluten nahezu komplett erfüllt, das Kanalsystem sei mit Extrem-Hochwasser wie in der vorigen Woche überfordert. Es sei allerdings die Frage, ob
Bund und Länder jetzt das Schutzniveau anheben. Was auf jeden Fall passieren soll: Ins Erdreich getriebene Spundwände sollen die Ostparksiedlung an der Zweibrückenstraße vor Düssel-Hochwasser schützen, ebenso die Graf-Recke-Stiftung an der südwestlichen Altenbergstraße. Eine kleinere Maßnahme am Hoxbach ist ebenso notwendig wie ein größeres Rückhaltebecken im Bereich der östlichen Düssel, weitere Renaturierungen schaffen mehr Platz für die Bäche.
Zudem soll es mehr Pegel an innerstädtischen Gewässern geben, heute sind es fünf, weitere wären gut. „Wir müssen möglichst früh wissen, wann wo das Wasser steigt“, sagt Noppen, „um mehr Zeit zum Handeln zu haben.“Das gilt vor allem bei Starkregenereignissen, die weniger Vorlauf haben als das Rheinhochwasser. Das bedeutet auch eine engere Kooperation mit den benachbarten Anliegern der innerstädtischen Gewässer. „Beim Hochwasserschutz gilt auch das Solidaritätsprinzip, wenn ein Anlieger zu Lasten eines Nachbarn sein Schutzniveau erhöht, funktioniert der Hochwasserschutz nicht. So arbeiten zum Beispiel alle Anliegerstaaten am Rhein gemeinsam am Hochwasserschutz“, sagt Noppen.