Rheinische Post Mettmann

So geht Mode nachhaltig

- VON DAGMAR HAAS-PILWAT

Diese Düsseldorf­er Designer-Labels denken nicht mehr in Saisons, Modenschau­en oder schnellleb­igen Kollektion­en. Sie entwerfen ihre Mode in kleinen Auflagen und lassen von Hand fertigen.

DÜSSELDORF Die Frage „Was hast du Neues gemacht?“kann Marion Strehlow nicht mehr hören. „Das passt nicht in unsere Zeit, genauso wenig wie von neuen Trends zu sprechen“, sagt eine der erfolgreic­hsten Modemacher­innen der Stadt mit eigener Marke. In ihrem Atelier in Oberbilk entwickelt sie lieber Bestehende­s weiter, setzt Teile neu zusammen, konstruier­t sie aus anderen Materialie­n. So wie derzeit. „Es liegt wohl an diesen bleiernen Zeiten, an diesen Gefühlssch­wankungen, dass mich Gegensätze wie leicht und schwer, sichtbar und unsichtbar fasziniere­n.“Übertragen auf ihre Entwürfe bedeutet dies – transparen­te Stoffen legt sie übereinand­er, gestaltet sie zu Teilen mit locker fallender Silhouette.

„Wer die Modestadt Düsseldorf verstehen möchte, kommt an den lokalen Manufaktur­en nicht vorbei“, sagt die 49-Jährige. Von Beginn an arbeitet sie am liebsten allein – von der Idee über den Entwurf klassisch mit Blatt und Stift, vom Schnitt bis zur Knopfleist­e und der Anprobe. Ihr Liebstes ist das Nähen, für sie eine Art Meditation. Marion Strehlow geht gern ihren eigenen Weg und verkauft ausschließ­lich im Atelier. „Social Media ist mein Freund“, sagt sie. Auf Instagram postet sie Bilder ihrer Modelle und sofort kommen Anfragen. Einen Onlineshop gibt es nicht. „Ich möchte verhindern, dass Menschen wie verrückt bestellen und dann alles wieder zurückschi­cken“, erklärt Strehlow. Mode ist für sie nichts, das auf die Schnelle konsumiert werden sollte. Nachhaltig­keit statt Fast Fashion – das ist ihr Ding.

Wer Marion Strehlow live erleben möchte, hat dazu am Wochenende Gelegenhei­t: In der Galerie Cosar in Flingern ist ihre Kooperatio­n mit der Künstlerin Erika Hock zu sehen. Zudem ist sie am Samstag dabei, wenn sich auf der Piazza im K21 im Rahmen des Festivals für Kunst, Mode und Style „strike a pose“ab 16 Uhr unterschie­dliche Designer mit ihren Installati­onen und Models präsentier­en.

Auch Stephanie Hahn ist vertreten. Zehn Jahre lang ist sie zwischen Düsseldorf und Paris gependelt, war dort mit ihrer Kollektion 22/4 Hommes Femmes Teil des offizielle­n Kalenders der Herrenmode­nwochen. „Doch ich wollte raus aus diesem schnellleb­igen und langfristi­g nicht nachhaltig­en System. Wir haben uns überholt“, sagt sie. Nicht nur, dass der Handel die Kollektion­en immer früher haben will, sondern auch die Tatsache, dass „Mode nicht mehr wertgeschä­tzt wird, und die Modebranch­e zu den größten Umweltvers­chmutzern zählt“, hat ihren Neustart in Düsseldorf beflügelt. „Mit meinem Team fertigen wir nun exklusiv und ausschließ­lich in Deutschlan­d Editionen und Einzelstüc­ke“, erzählt Stephanie Hahn. Aktuell hat sie einen feinen, zart-karierten Wollstoff verarbeite­t, der schon länger auf Lager liegt. Zu sehen sind die Teile im K21 und in ihrem Live Lab Studio im Hinterhof am Fürstenwal­l, wo die Macherin seit 2020 auch ein ausgewählt­es Sortiment anderer Labels aus den Bereichen Interieur, Mode, Beauty und Lifestyle anbietet – alle haben einen nachhaltig­en Ansatz, sind schön, ästhetisch, kreativ.

Zum ersten Mal hat die Unternehme­rin außerdem mit einer Künstlerin ein gemeinsame­s Projekt realisiert. Agnes Lux bemalte den Stoff vom 22/4 Hommes Femmes mit Ölfarben. Dann ging der Stoff wieder ins Atelier, in dem Hahn entspreche­nd der malerische­n Muster den

Schnitt neu anlegte und ihre Modelle schneidert­e. Zu sehen ist das Resultat in der Galerie Sies + Höke an der Poststraße in der Carlstadt.

Im Rahmen des „strike a pose“-Festivals hat sich in der Galerie von Petra Rinck an der Birkenstra­ße Hiroyuki Murase mit Ralf Brög kurzgeschl­ossen, dem Maler, der den U-Bahnhof Heinrich-Heine-Allee gestaltet hat. Brög hat die Dessins für die neuen Kleider, Shirts und Tücher gezeichnet und „Hiro“(so nennen ihn alle), färbte und veredelte die Stoffe mit seiner speziellen Technik. Shibori nennt sich das Verfahren, das seit 400 Jahren zu den traditione­llen japanische­n Handwerken zählt und unzählige Kimonos schmückt.

Eigentlich ist Hiro – aufgewachs­en in Arimatsu nahe Nagoya – nach Düsseldorf gekommen, um Bildhauere­i an der Kunstakade­mie zu studieren. Doch ausgerechn­et in der Ferne entdeckte er seine Wurzeln neu: Seine Familie ist seit Generation­en auf „Shibori“spezialisi­ert, eine Technik, die in aufwendige­r Handarbeit durch Abbinden, Abnähen oder Falten vor dem Färben unverwechs­elbare Farbverläu­fe und dreidimens­ionale Muster möglich macht.

Damit diese Handwerksk­unst nicht ausstirbt, gründete der Japaner 2008 in einem Hinterhofa­telier in Flingern, gegenüber vom Weltkunstz­immer, sein Label Suzusan. Die minimalist­ischen Kleidungss­tücke, Schals, Kissen und ganz neu Taschen – alles Unikate – werden in Düsseldorf gezeichnet und in Japan von Hand gemacht. Suzusan gibt es mittlerwei­le im eigenen Düsseldorf Store und weltweit in 23 Ländern, von Toronto bis Tel Aviv. Hiros Mode wurde schon bei Dior auf dem Laufsteg und von internatio­nalen Stars wie Natalie Portman getragen.

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RP-FOTO HANS-JÜRGEN BAUER Stephanie Hahn inmitten ihrer Mode: links eine Auswahl der neuen Kollektion, rechts Teile des Kunst-Mode-Projekts „Connect I Cut“.
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FOTO: MARKUS LUIGS Als eine der erfolgreic­hsten Düsseldorf­er Modemacher­innen hat sich Marion Strehlow einen Namen gemacht.
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FOTO: STEFAN KAPFER Transparen­tes aus dem Atelier Strehlow.
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FOTO: SUZUSAN Die Marke Suzusan vereint Kunst und Mode.
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RP-FOTO: NIKA Über Hinweissch­ilder werden Kunden informiert.

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