„Warten? Das macht einen verrückt!“
Das Hochwasser kam ganz schnell. Doch die Hilfe danach ist so zäh wie der Schlamm, den es in die Wohnung spülte. Eine Betroffene fühlt sich gefangen zwischen Stadtwerken, Elektriker, Gutachter und Ämtern.
METTMANN/HAHNENFURTH Eigentlich wollte sie sich nur eine Flasche Wasser holen. In der Küche angekommen, stand Eva Hobusch mit den Füßen im Wasser. Schnell war klar: Es schoss aus dem Toilettenbecken ins Haus „Am Höfchen“in Hahnenfurth. Auch die Badewanne lief durch den Abfluss voll, später plätscherte die braune Brühe über den Wannenrand. Anfangs habe sie noch an einen Wasserrohrbruch geglaubt. Derweil liefen draußen schon die Gullis über. Die Hobuschs stellten noch schnell den Strom ab und mieteten sich im Hotel ein.
Am nächsten Morgen stand ihnen das Entsetzen ins Gesicht geschrieben: Das Erdgeschoss war in der Nacht voll Wasser gelaufen. Die Schmutzkante verrät: Der Pegel stand bei 1,20 Meter. Überall lagen Möbel herum und auch Spielsachen. Eva Hobusch arbeitet als Tagesmutter – in der unteren Etage empfängt sie sonst Kinder. Am Tag nach dem Hochwasser standen dort zwölf Leute, um den verschlammten Hausrat in den Container zu werfen. Vieles steht noch draußen auf der Straße, am kommenden Wochenende soll der Sperrmüll abgeholt werden. Der Schlamm ist mittlerweile raus aus dem Haus. Ständig läuft der Hochdruckreiniger, der Strom kommt von den Nachbarn.
Ging es in den ersten Tagen noch gut voran, ist Eva Hobusch mittlerweile nur noch genervt. „Dass man im Dreck sitzt und nicht weiterkommt, macht einen verrückt“, versucht sie ihren Ärger in Worte zu fassen. Der Elektriker sei schon da gewesen und könne nichts tun, weil der geflutete Hauptstromkasten von den Stadtwerken Wuppertal gewartet werden müsse. Dort sei der zuständige Mitarbeiter angeblich im Urlaub, nun solle man abwarten.
Abwarten – das ist ein Wort, dass die Hobuschs nicht mehr hören können. Der Elektriker kann die
Schäden erst beheben, wenn das Problem mit dem Hauptstromkasten geklärt ist. Er muss ohnehin erst einen Kostenvoranschlag schreiben und dazu komme er nicht, weil er von Haus zu Haus eilt und allerorten die gleichen Probleme zu beklagen sind. Auch die Heizung stand unter Wasser – ob sie noch läuft, kann niemand sagen, weil es keinen Strom gibt. Ob die die Wohngebäudeversicherung die Kosten für den Elektriker übernimmt, ist auch noch nicht klar. Ob die Einbauküche zum Haus gehört und von der Elementarversicherung gedeckt ist? Ob sie den Schlamm entsorgen durften, bevor der Gutachter kommt? All das weiß Eva Hobusch nicht.
Beim Wort „Gutachter“liegen die Nerven gleich wieder blank: „Uns wurde gesagt, dass der noch mit den Hagelschäden von vor ein paar Wochen beschäftigt sei und wir warten sollen.“Warten auf den Gutachter. Warten auf den Strom. Warten auf jemanden, der einem sagt, wie lange man noch warten muss: Um all das dreht sich nun ein Alltag, der vom Hotel aus geregelt werden muss. Von der Versicherung war noch zu hören, dass man den Schaden minimieren solle. „Aber wie soll das gehen, wenn man gar nicht weiß, was man tun oder lassen soll?“fragt sich Eva Hobusch.
Ihr Nachbar ist da schon schlauer: Auch sein Erdgeschoss stand unter Wasser, die Möbel und vor allem die Elektrogeräte waren nicht mehr zu retten. Gesichert mit Flatterband und einem Hinweis darauf, dass sie nicht im Sperrmüll landen dürfen, stehen sie nun an der Straße. Eigentlich, so der Nachbar, müsse er sich nun auf die Lauer legen, damit nicht irgendein Schrottsammler zulangt. Denn dann drohe der Ausfall der Versicherung, die nichts erstatten würde, was der Gutachter nicht zuvor in Augenschein genommen habe. Immerhin: Der habe sich für die kommende Woche angemeldet.
Auch den Hobuschs wäre mit einem solchen Termin geholfen. Stattdessen warten sie auf nichts dringlicher, als auf diesen einen Anruf. Die Zeit drängt auch, weil bald die Kinder aus dem Urlaub zurückkommen, die Eva Hobusch als Tagesmutter betreut. Deren Eltern haben dann ein Problem – und noch ist nicht klar, wann das gelöst sein wird.