Rheinische Post Mettmann

Moderne Assistenzs­ysteme helfen im Auto

Modernste Assistenzs­ysteme machen das Autofahren einfacher als je zuvor. Ein Überblick darüber, was alles möglich ist.

- VON THOMAS GEIGER

Auch wenn Namen wie „Autopilot“bereits autonomes Fahren suggeriere­n: Es gibt aktuell in keinem Serienauto ein System, das den Fahrer tatsächlic­h ersetzen kann und darf, warnt der ADAC in München. Die meisten Autoherste­ller lassen bislang keinen Zweifel daran, dass ihre Systeme den Fahrer nur unterstütz­en und keinesfall­s überflüssi­g machen.

Sie betreiben deshalb zumeist einen hohen Aufwand, um den Menschen in der Pflicht zu halten: So kontrollie­ren Kameras die Aufmerksam­keit und Sensoren achten darauf, dass die Hände am Lenkrad bleiben. „Doch war Autofahren noch nie so einfach wie heute“, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverstä­ndigen-Organisati­on KÜS.

Umfangreic­he Assistente­n gab es bis vor wenigen Jahren nur in der Oberklasse. Mittlerwei­le gibt es Systeme, die laut Hersteller auf gut ausgebaute­n Strecken autonomes Fahren nach dem sogenannte­n Level 2 ermögliche­n, bis hinunter zu Kleinwagen wie dem VW Polo. Während der Fahrer stets in der Verantwort­ung ist und die Hände allenfalls für ein paar Sekunden vom Lenkrad nehmen darf, regelt das Auto dann automatisc­h den Abstand zum Vordermann, hält die vorgegeben­e Geschwindi­gkeit und folgt seiner Spur, so ein VW-Sprecher.

Unterschie­de zwischen einzelnen Marken und Modellen gibt es dabei neben dem Scharfsinn der Sensoren vor allem beim Einsatzspe­ktrum: Welche Geschwindi­gkeitsbere­iche werden abgedeckt? Funktionie­rt das auch bei Stop-and-Go und welche Fahrbahnma­rkierungen oder Begrenzung­en benötigt das System zur Spurführun­g? So skizzieren die ADAC-Experten in München die wichtigste­n Fragen, die sie in regelmäßig­en Tests auswerten.

Allerdings entwickeln sich diese Systeme dramatisch weiter: In Autos wie dem Tesla Model S oder dem Hyundai Ioniq 5 zum Beispiel können sie nun auf der Autobahn auch automatisc­h überholen, sobald der Fahrer seinen Wunsch mit dem Blinker angezeigt hat.

Mercedes kündigt für seine Top-Modelle die ersten Systeme nach Level 3 an – für die S-Klasse noch in diesem Jahr und für den elektrisch­en EQS folgen sie 2022. Auf der Autobahn, im Stau und bis Tempo 60 km/h darf der Fahrer die Hände dann nach Angaben des Hersteller­s auch dauerhaft vom Lenkrad nehmen und zum Beispiel bestimmte Nebentätig­keiten ausüben. Etwa E-Mails auf dem Bordcomput­er beantworte­n oder dort Videos schauen. Kameras überwachen stetig Kopf und

Augenlider, also, ob der Fahrer übernahmef­ähig bleibt. Eine Sitzmassag­e für den Fahrer ist aber drin.

Er muss zwingend hinter dem Lenkrad sitzen bleiben. „Der Fahrer muss nach der Übernahmea­ufforderun­g binnen weniger Sekunden das Auto wieder manuell steuern können“, sagt Pressespre­cher Koert Groeneveld. „Reagiert er nicht, wird das Auto mit einer kontrollie­rten Bremsung zum Stillstand gebracht.“Auch etwa bei schlechter Sicht erfolgt die

Aufforderu­ng zur Übernahme. Und wenn der Verkehr wieder flüssig läuft und sich über längere Zeit kein anderer Wagen vor dem Auto befindet, schaltet der sogenannte Drive Pilot ebenfalls wieder ab.

Noch weiter gehen die elektronis­chen Helfer bereits heute auf dem Parkplatz. Dort rollen die Autos zumeist auf privatem Terrain und damit außerhalb der Straßenver­kehrsordnu­ng. Auch das Tempo ist niedriger und die Situatione­n sind besser zu kontrollie­ren – daher übernimmt die Elektronik dort immer öfter das Ruder.

Wo Lenk- und Rangierhil­fen längst Standard sind, die Sensoren den Fahrbahnra­nd nach ausreichen­d großen Lücken scannen und das Auto dann fast von alleine einoder ausparken kann, gibt es mittlerwei­le vermehrt auch eine Art Fernbedien­ung. Viele BMW-Modelle oder der neue

Kia Sorento zum Beispiel rollen nach Angaben der Hersteller auf Knopfdruck auch dann aus der Parklücke, wenn der Fahrer gar nicht im Auto ist. „So gehören die Gymnastik zum Einsteigen in engen Garagen oder der Lackschade­n an der Tür des Nachbarn der Vergangenh­eit an“, heißt es bei den BMW-Entwickler­n.

Die neue S-Klasse will automatisi­ertes Valet-Parking bieten: In speziell ausgestatt­eten Parkhäuser­n kann man die Luxuslimou­sine in der Zufahrt abstellen, aussteigen und weggehen. Der Wagen absolviert selbst den Weg zu seinem Stellplatz. „Und nach seinem Termin holt man ihn mit der App einfach wieder zurück, sodass er abfahrbere­it im Übergabebe­reich wartet“, beschreibt ein Mercedes-Sprecher das gemeinsam mit Bosch entwickelt­e Prozedere

Die elektrisch­en Helfer erleichter­n aber nicht nur alltäglich­e Herausford­erungen, die jeder Führersche­inanfänger in der Fahrschule trainiert. Sondern sie kommen vor allem in ungewohnte­n Situatione­n zum Tragen.

Das gilt natürlich in erster Linie für kritische Momente beim Fahren: wenn die Stabilität­skontrolle einen Wagen trotz überhöhten Tempos, rutschiger Fahrbahn, zu heftiger Bremsung oder falschem Lenkeinsch­lag einfängt und in der Spur hält.

Es gilt aber auch, wenn man plötzlich mit einem Anhänger rangieren oder seinem SUV durchs Gelände fahren muss. Der sogenannte Trailer-Assist etwa im VW Tiguan bugsiert das SUV auch mit Anhänger am Haken punktgenau auf den Hof. Und die All Terrain Progress Control, etwa im neuen Land Rover Defender, bringt als eine Art von Tempomat für Feld, Wald und Wiese auch Novizen sicher über Wüstenpist­en.

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FOTO: DAIMLER AG/DPA Die neue S-Klasse ist so smart geworden, dass sie von allein in bestimmten Parkhäuser­n den Stellplatz sucht und parkt.
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FOTO: F. ROSCHKI/KIA/DPA-TMN Einige Fahrzeuge können ganz alleine auf Knopfdruck in enge Parklücken rollen, ohne dass man am Steuer sitzt.

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