Sorge um Öl-Verschmutzung in Flutgebieten
Das Hochwasser hat Unmengen Öl, Diesel und andere Schadstoffe in die Gewässer gespült. Wie groß die Schäden für Böden und Flüsse sein werden, ist unklar. Die Politik fordert einen verantwortungsvollen Umgang mit der Situation.
DÜSSELDORF In den vom Hochwasser getroffenen Regionen in NRW und Rheinland-Pfalz macht sich die Sorge nach einer neuen Umweltkatastrophe breit. Die Flut hat dort nicht nur Gebäude mit sich gerissen, sondern auch Autos, Heizöltanks und Tankstellen-Anlagen. Die Folge: Öl, Diesel und andere Schadstoffe liefen aus, vermischten sich mit dem Wasser und sickerten in die Erde.
„Die Verschmutzungen sind da, man kann sie als Ölfilm auf dem Wasser sehen und riechen“, sagt eine Sprecherin des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (Lanuv). Noch hat jedoch niemand einen Überblick, wie groß der Schaden für Böden und Gewässer werden wird. „Wir sind dabei, Bestandsaufnahmen zu machen, aber der Wasserpegel ist an vielen Stellen einfach noch zu hoch“, sagt die Sprecherin. „Im Moment steht die Sorge um das Leben der Opfer an erster Stelle, dazu gehört auch die Trinkwasserversorgung.“
Das Technische Hilfswerk bereitet in vielen betroffenen Regionen mit mobilen Anlagen bis zu 15.000 Liter Wasser pro Stunde auf.
„Die umweltbelastenden Stoffe, die freigesetzt wurden, sind kaum rückholbar“, sagt Norwich Rüße, umweltpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im NRW-Landtag. Gastanks oder Ölbehälter, die fortgeschwemmt worden seien, müssten jetzt nach und nach gesichert und die Restinhalte fachgerecht entsorgt werden.
Tatsächlich sind jede Menge Öl und Kraftstoffe längst in die Gewässer geflossen. „Ein Großteil ist mit Sicherheit schon über die Rur, die Nebenflüsse und den Rhein in die Nordsee gelangt“, sagt die Lanuv-Sprecherin. In Erftstadt-Blessem roch das Wasser auf den Straßen in den ersten Tagen nach der Flut beißend nach Benzin. Frank Rock, Landrat des Rhein-Erft-Kreises, sagt: „Ich war gestern den ganzen Tag im Ort, an der einen oder anderen Stelle riecht man noch etwas, aber es scheint nicht so dramatisch zu sein wie befürchtet.“Eine von der Bezirksregierung eingerichtete Arbeitsgruppe soll sich im Krisenstab nun um das Thema und die Auswirkungen der Überschwemmungen auf die Umwelt kümmern. Auch der Schlamm, der zentimeterdick in den Kellern lag, soll auf schädliche Stoffe untersucht werden.
Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im NRW-Landtag, René Schneider, erinnert an das Hochwasser 2013 in Südbayern: „Damals konnten verschiedene Schadstoffe in den Böden nachgewiesen werden“, sagt er. „Dazu gehörten Schwermetalle wie Blei, Cadmium, Quecksilber und Zink ebenso wie Kohlenwasserstoffe. Betroffen davon sind vor allem landwirtschaftliche Nutzflächen, Parks, Naturschutzgebiete und private Gärten.“Sollten aktuell wieder Ackerfrüchte oder das Grünland belastet sein, dürften diese nicht mehr verfüttert oder genutzt werden. „Wir dürfen den Menschen im Flutgebiet keine Altlasten hinterlassen, die ihren ohnehin schweren Neuanfang behindern“, sagt hingegen Bianca Winkelmann, umweltpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion in Nordrhein-Westfalen. Das Land hat unterdessen schon eine Koordinierungsstelle zur Abfallentsorgung eingerichtet (siehe Infokasten).
In der Wuppertalsperre ist es vor allem durch die Überflutung von Firmenarealen schon am vergangenen Wochenende zu einer massiven Wasserverschmutzung gekommen. Das Öl muss nun mühsam abgesaugt werden, im Wasser treibt auch noch viel Gerümpel. In Sinzig in Rheinland-Pfalz ist durch die Flut ein Klärwerk beschädigt worden, das Wasser läuft nun nahezu ungeklärt in die Ahr. Die Befürchtung ist, dass der Fluss bereits verseucht ist. Und von dort fließt das Wasser weiter in den Rhein.
Um das verschmutzte Wasser wegzuschaffen und Öl abzusaugen, sind in den Flutregionen auch private Dienstleister unterwegs. Das Unternehmen GS Recycling transportiert täglich Hunderttausende Liter zu seinen Kläranlagen in Sonsbeck. „Wir kommen bei den vielen Anfragen nicht hinterher“, sagt Geschäftsführer Guido Schmidt. Seine Auftraggeber reichen von Privatpersonen mit Kellern unter Wasser über Krankenhäuser bis hin zu Tankstellen. „Im Wasser finden wir derzeit hauptsächlich Öle und Kohlenwasserstoffe, also Benzin, Diesel oder Heizöl.“Nordrhein-Westfalen