Was Olympia im Innersten ausmacht
Olympia macht es einem als Zuschauer nicht leicht. Nicht erst bei diesen Spielen, aber besonders bei diesen Spielen. Denn die Liste der Themen ist lang, die dazu taugen, einem die Begeisterung an allem Olympischen zu nehmen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) als gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das in der Wahrnehmung so oft den Profit vor die Athleten stellt. Die Frage, ob die Spiele von Tokio überhaupt hätten stattfinden dürfen – wegen der Corona-Pandemie und der großen Hitze, die selbst den Organismus von Leistungssportlern an seine Grenzen treibt. Das allgegenwärtige Thema Doping. All das legt sich wie eine Kruste über das, was den Olympischen Sport im Innersten ausmacht.
Doch diese Kruste bröckelte am Wochenende erstmals. Nicht etwa, weil die kritischen Themen plötzlich der Vergangenheit angehörten. Nein, weil der eigentliche Sport und seine Faszination in den Vordergrund drängten. Bilder wie die der österreichischen Radfahrerin, die als Halbprofi sensationell Gold gewann und von den Gefühlen übermannt wurde. Bilder von emotionalen Bogenschützinnen, Synchronspringerinnen oder Judoka, die mit ihrem Sport keine Millionen verdienen, ihm aber trotzdem alles jahrelang für Olympia unterordnen. Diese Auftritte verkörpern das Faszinosum Olympia, das Millionen Sportbegeisterte immer wieder in seinen Bann zieht. Sie selbst bei Sportarten mitfiebern lässt, deren Regeln sie erst nachschauen müssen. Wo Randsport für ein paar Stunden Kernsport wird, hat Olympia seinen Sinn erfüllt.
Und ja: Man darf genau das zulassen. Darf mit Athleten bangen, sich über ihre Erfolge freuen, wie eh und je fasziniert sein von Olympia. Das ist kein Widerspruch zum kritischen Blick auf die Missstände. Es sind vielmehr zwei Seiten einer Medaille. BERICHT