Deutscher Schnellstart mit zwei Medaillen
Bereits am zweiten Wettkampftag mit Entscheidungen holt das Team Deutschland zweimal Bronze. Bei einer steht eine Straelenerin im Mittelpunkt. Vor fünf Jahren in Rio erlebte Schwarz-Rot-Gold noch einen Fehlstart.
TOKIO (dpa/RP) Das deutsche Olympia-Team ist bei den Tokio-Spielen erfolgreicher als in Rio aus den Startlöchern gekommen. Mit dem Gewinn von zwei Bronzemedaillen am zweiten Wettkampftag wurde eine Fehlstart-Debatte wie vor fünf Jahren im Keim erstickt. „Für das Team D ist es ein schönes Auftakt-Wochenende gewesen. Zählbares verleiht immer Rückenwind“, sagte Teamchef Alfons Hörmann. Bei den Rio-Spielen 2016 war Deutschland an den ersten drei Tagen ohne Medaille geblieben. „Es wird aber naturgemäß weitere Chancen für Höhen und Tiefen geben“, so Hörmann.
Gefeiert werden konnten zunächst die beiden Medaillengewinne der Wasserspringer und Bogenschützen am Sonntag innerhalb von einer Stunde. „Das ist das, wofür wir fünf Jahre trainiert haben“, sagte Tina Punzel nach dem Synchronspringen vom Drei-Meter-Brett mit Lena Hentschel an ihrer Seite. „Superschön und gar nicht in Worte zu fassen“, fügte sie happy hinzu. Zuletzt hatten in dieser Disziplin Ditte Kotzian und Heike Fischer 2008 in Peking ebenfalls Bronze geholt. „Das ist das i-Tüpfelchen nochmal obendrauf“, sagte Hentschel. „Die erste Medaille für Team-Deutschland bei diesem großartigen Event holen zu können, ist unglaublich.“
Die Lust auf mehr ist groß bei den Wasserspringern, die nicht nur mit Fahnenträger Patrick Hausding – er gewann 2008 Silber und 2016 Bronze – einen Anwärter auf einen der ersten drei Plätze haben. Wenn alles gut laufen würde, wäre noch „die eine oder andere Medaille drin“, verkündete Bundestrainer Lutz Buschkow und führte ein Freudentänzchen auf. „Das haben wir leider nicht gesehen, aber er kann das gerne nochmal machen“, sagte Hentschel und lachte.
21 Jahre mussten die Bogenschützen auf eine Olympia-Medaille im Team warten. In Tokio landete die Mannschaft um Lisa Unruh den bronzenen Glückstreffer. Zusammen
mit Michelle Kroppen und Charline Schwarz gewann das Trio im kleinen Finale gegen Belarus mit 5:1 (55:48, 53:51, 55:55) und holte damit die erste Edelplakette seit 2000 in Sydney.
„Überwältigend! Arschbacken zusammen, Bäääm! Es war geil“, schwärmte Unruh nach dem klaren 5:1 (55:48, 53:51, 55:55)-Sieg gegen Belarus im kleinen Finale bei fast 35 Grad Celsius Hitze im Yumenoshima Park. „Ich habe mir die Team-Medaille so gewünscht. Es ist so schön, zusammen zu siegen und sich zu freuen. Es ist genau das, was ich mir erträumt habe“, sagte Unruh, die bereits bei ihrer Olympia-Premiere in Rio 2016 Silber im Einzel geholt hatte.
„Wir gönnen es uns heute richtig und spielen Karten“, scherzte die 33-Jährige auf die Frage nach den folgenden Feierlichkeiten. Ihre Teamkollegin Michelle Kroppen wollte sich lieber spontan überraschen lassen. „Mal sehen was passiert, wenn wir nachher ins Dorf kommen. Vielleicht werden wir noch von jemanden gut empfangen. Aber wir haben nichts Großes vor, wir sind ja noch im laufenden Wettbewerb“, sagte die 25-Jährige.
Kroppen stammt aus Straelen am Niederrhein. Erste Erfahrungen im Bogenschießen sammelte sie beim BSV Kevelaer und SBC Walbeck. Mit 16 wechselte sie zur Sportschule in Jena. Dass der Start in Tokio aber einen Schlusspunkt in ihrer Karriere markieren könnte, hatte sie schon vor den Spielen ausgeschlossen. „Nur weil ich es geschafft habe, heißt es nicht, dass ich aufgebe.“Olympia 2024 in Paris und 2028 in Los Angeles wolle sie auch mitnehmen, sagte Kroppen. Und sie hatte sich persönlich schon vor dem Gewinn der Bronzemedaille für eine Erinnerung entschieden, die bleibt: die Olympischen Ringe als Tattoo.
„Es werden Spiele in Tokio sein, die mehr Überraschungsfaktoren bieten, wie es nie zuvor der Fall gewesen ist“, sagte Hörmann mit Bezug auf die Verwerfungen im internationalen Sport in der mehr als anderthalb Jahre währenden Pandemie.