OSD-Mitarbeiter sind sauer auf die Stadt
Mehrere Mitarbeiter sind nach gewalttätigen Angriffen krank geschrieben und fühlen sich im Stich gelassen.
DÜSSELDORF Mitarbeiter des Düsseldorfer Ordnungs- und Servicediensts (OSD) haben in einer anonymen Mail an mehrere Medien schwere Vorwürfe gegen die Stadt Düsseldorf erhoben. Fünf Angestellte seien durch Schläge, Tritte, Faustschläge und Bisse bei Einsätzen in den vergangenen Wochen so schwer verletzt worden, dass sie nicht mehr dienstfähig sind. Die OSDler fragen in der Mail offen: „Warum werden gewalttätige Übergriffe nicht über das Presseamt kommuniziert?“. Möglicherweise habe die Stadt Angst, dass man die vielen offenen Stellen in der Stadt nicht mehr besetzen kann, weil so Bewerber abgeschreckt werden. In Köln oder Aachen verfolge man eine andere Strategie und mache Übergriffe durch Pressemeldungen oder bei Facebook bekannt. Den Verfassern sei klar, dass durch Pressemeldungen Angriffe nicht verhindert werden können. Ihnen geht es vor allem um ein Signal der Wertschätzung durch die Stadt.
Die OSD-Mitarbeiter betonen, dass sie ihre Identität verschleiern, weil sie Angst vor Repressalien durch die Stadt haben. Sie wollen aber nach eigenen Angaben die Stadt nicht verunglimpfen, sondern es sei ihnen schlichtweg nicht verständlich, warum die Verletzungen von Mitarbeitern nicht öffentlich gemacht werden. Oberbürgermeister Stephan Keller setze sich grundsätzlich für eine Verbesserung der öffentlichen Sicherheit ein und stelle sich auch hinter die Mitarbeiter, heißt es in der E-Mail.
Die körperliche und verbale Gewalt gegen Polizisten, Feuerwehrleute, Sanitäter, Vollstreckungsbeamte der Stadtkassen, Mitarbeiter der Sozialämter oder des Jobcenters oder Vollzugsdienstkräften der
Ordnungsämter habe in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen. Seit dem Beginn der Corona-Pandemie sei die Stimmung immer aggressiver geworden. Konkret berichten die Mitarbeiter von einigen Fällen aus den vergangenen Wochen.
So wollten am vergangenen Freitagabend drei OSD-Mitarbeiter eine körperliche Auseinandersetzung von mehreren Personen an der Lindenstraße schlichten. Als die Einsatzkräfte eingriffen, wurden sie nach eigenen Angaben von mehreren Personen angegriffen, ins Gesicht
geschlagen und eingekesselt. Nur durch massiven Einsatz von Pfefferspray habe man sich befreien können. Die Angreifer entfernten sich zunächst, kamen aber kurz darauf zurück und griffen die Mitarbeiter erneut an. Nur durch Verstärkung und die Polizei konnte die Situation beruhigt werden. Bei dem Einsatz verletzten sich nach Angaben der E-Mail-Verfasser drei Mitarbeiter, die nun dienstunfähig sind.
Vor etwas mehr als zwei Wochen soll es zu einer körperlichen Auseinandersetzung im U-Bahnhof an der Oststraße gekommen sein. Die OSD-Mitarbeiter wurden massiv beleidigt und es soll unter anderem der Ausruf „Allah ist groß“gefallen sein. Eine Person zeigte sich „hochgradig aggressiv“und sollte kontrolliert werden. Der Mann biss einen OSD-Mitarbeiter in die Hand, darüber hinaus kam es zu einer erheblichen Knieverletzung. Der Mitarbeiter ist heute noch dienstunfähig. Die Stadt bestätigt auf Anfrage die Angaben, auch die Zahl der verletzten Einsatzkräfte stimme.
„Der Schutz ihrer Mitarbeitenden hat für die Landeshauptstadt Düsseldorf oberste Priorität“, sagt Kerstin Jäckel-Engstfeld, Sprecherin der Stadt. Alle Übergriffe und Bedrohungen gegen die Mitarbeiter werden konsequent zur Strafanzeige gebracht und die Mitarbeitenden rechtlich vertreten. Die abschließende „rechtliche Würdigung“von diesen Übergriffen und Bedrohungen erfolge durch Staatsanwaltschaft und Gerichte. Pressemitteilungen zu körperlichen oder verbalen Übergriffen erfolgen erst nach Abschluss der Verfahren und werden vom Presseamt mit dem Fachamt und dem zuständigen Dezernat abgestimmt. Die Stadt verfolgt so dass Ziel, dass die Straftäter in den Medien nichts von den Vorfällen erfahren und erst bei Gericht damit konfrontiert werden.
Die Wertschätzung der Mitarbeitenden des OSD und der Verkehrsüberwachung steht laut Jäckel-Engstfeld dabei außer Frage. Die zunehmende verbale und körperliche Aggressivität gegenüber Einsatzkräften wurde mehrfach öffentlich durch Oberbürgermeister Stephan Keller thematisiert. Welche Personengruppen besonders zu aggressiven Ausfällen gegenüber Mitarbeitern der Stadt neigen, darüber liegen der Stadt keine Statistiken vor. Sobald Gewaltbereitschaft erkennbar sei, versuchen die Kollegen zunächst deeskalierend auf die Personen einzuwirken. Bei bleibender Aggressivität wird die Polizei hinzugerufen, so die Stadt. Zum Schutz der Mitarbeiter finden regelmäßige Schulungen statt. Dabei geht es unter anderem um Eigensicherung und Eingriffstechniken. Darüber hinaus wird der sichere und rechtlich korrekte Umgang mit zur Verfügung gestellten Einsatzmitteln wie Einsatzstock, Reizgas und Handfesseln geübt.
Es sind zumeist Männer, die sich an den Einsatzkräften abarbeiten wollen. Wenn der OSD bei der Einsatzplanung
schon im Vorfeld davon ausgeht, dass es zu bedrohlichen Situationen kommen könnte, werden gleich mehrere Streifen geschickt. Wie beispielsweise bei einer Kontrolle Ende Juni an einem sonnigen Sonntagmittag am Elbsee, der seit der Corona-Pandemie einen enormen Zulauf hat. Mit acht Frauen und Männern hatte der OSD dort Menschen kontrolliert, die sich verbotenerweise Zugang zum Seeufer in dem Bereich verschafft hatten, in dem der Naturschutz gilt. Darunter war auch eine junge Familie mit Kleinkind. Der Vater wurde verbal ausfällig und forderte männliche OSD-Mitarbeiter auf, sich mit ihm alleine in einem Zweikampf zu messen, sozusagen Mann gegen Mann. Gegen den Querulanten wurde Anzeige wegen Beleidigung erstattet. Keiner weiß, was aus der Situation geworden wäre, wenn der OSD nur zu zweit oder dritt vor Ort gewesen wären. Auch bei einem Rundgang Ende Mai an einem Samstagabend entlang des Rheinufers mit OSD-Kräften hieß es von den Mitarbeitern, dass man immer wieder froh sei, wenn alle Männer und Frauen die Spätschicht heil beendeten.
„Die Kollegen sind am Limit“, heißt es aus dem OSD. Corona habe die Situation deutlich verschärft, insbesondere die Überwachung der Schutzmaßnahmen. „Wegen der Maskenpflicht haben wir uns anderthalb Jahre lang den Mund fusselig geredet“, sagt einer der Mitarbeiter. „Und wer keine Einsicht zeigt, der reagiert auch pampig, wenn wir dann noch ein Bußgeld verhängen.“Wenn aus „pampig“beleidigend wird, erstattet die Stadt Strafanzeige, bei tätlichen Übergriffen sowieso. Die Zahl der Verfahren, die bei der Staatsanwaltschaft bearbeitet werden, sei nie so hoch gewesen wie in diesem Jahr, von um die 200 Anzeigen ist die Rede.