„Theater macht Spaß, doch Kino reizt sehr“
Die Düsseldorferin Anna Bachmann spielt im Kriegsdrama „Lost Transport“eine Hauptrolle. Der Film erzählt – nach einer wahren Begebenheit – von einem Deportationszug in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs.
DÜSSELDORF Mit 18 Jahren spielte Anna Bachmann ihre erste Hauptrolle. Und gerade erst hat die Düsseldorferin ihren neuen Spielfilm „Lost Transport“und gleich zwei Tatorte abgedreht. In nur wenigen Jahren hat es die junge Schauspielerin geschafft, sich einen Namen zu machen.
In der Nähe von Moers fiel am 26. Juli die letzte Klappe für „Lost Transport“. Der Spielfilm unter Regie von Saskia Diesing basiert auf einer wahren Begebenheit. Im Frühjahr 1945, kurz vor Kriegsende, bleibt ein Zug mit 2000 Gefangenen auf dem Weg ins Konzentrationslager Bergen-Belsen nahe des kleinen deutschen Dorfs Tröbitz liegen. „Es ist bereits von der Roten Armee besetzt. Die deutschen Soldaten lassen den Transport einfach zurück und hauen ab“, fasst Anna Bachmann den Ausgangspunkt für die Filmhandlung zusammen. Die Siedlung wird zum Mikrokosmos. Einwohner, Besatzer und Gefangene müssen sich mit der Situation arrangieren. „Es sind Momente des Misstrauens, des Beobachtens und der vorsichtigen Annäherung“, fasst die junge Darstellerin zusammen, was sie schauspielerisch an dem Projekt gereizt hat. „Ich fand es auch spannend, dass eine Regisseurin
drei sehr unterschiedliche Frauen (Anmerkung der Redaktion: eine russische Scharfschützin, eine jüdische Gefangene und ein deutsches Mädchen aus dem Ort) ins Zentrum ihres Films stellt“, fährt sie fort und ergänzt: „Es kommt immer noch viel zu selten vor, dass Regisseurinnen das Thema Krieg für die Leinwand verarbeiten und eine weibliche Perspektive dabei einnehmen.“
Für zwei Wochen reiste die Crew für den Dreh nach Luxemburg. „Dort bespielten wir ein ganzes Dorf, das optisch ins Jahr 1945 zurückversetzt wurde. Es war ein großes Privileg, solche Voraussetzungen zu haben“, resümiert die 23-Jährige. Und: „Wir hatten dort auch einen Originalzug aus dieser Zeit und jeder aus dem Team hatte seine ganz persönlichen bewegenden Momente.“
Ihre Figur Winnie macht in der Geschichte eine Wandlung durch. „Sie ist eine überzeugte Anhängerin des Bunds deutscher Mädchen (BDM) und wird mit einigen harten Wahrheiten konfrontiert“, gibt Bachmann Einblick in ihre Rolle. Zur Vorbereitung habe sie unter anderem ein Buch über Mädchen gelesen, die wie Winnie im BDM waren. „So bekam ich einen Eindruck von ihrer Denkweise und ihren Überzeugungen“, sagt sie.
Bachmann findet es wichtig, solche Geschichten auch heute noch zu erzählen. „Gerade weil viele meiner Generation und der nachfolgenden mit dem Thema Krieg nicht mehr unmittelbar in Berührung kommen“, sagt sie.
Inzwischen lebt sie in Berlin und studiert dort Schauspiel. Aufgewachsen ist Anna Bachmann in Flingern
und wenn es ihre Zeit erlaubt, besucht sie ihre Familie und Freunde in der alten Heimat.
Ihre darstellerischen Qualitäten wurden schon früh entdeckt. Gerade 18 Jahre alt, machte sie 2016 durch ihr intensives Spiel in „Ich gehöre ihm“auf sich aufmerksam. Es folgte der Kinofilm „Verlorene“und mehrere Auftritte in TV-Produktionen wie „Der Lehrer“, „Wolfsland“, bei den „Rentnercops“und im „Tatort“. Erst kürzlich hat sie wieder Folgen für den Bremer und den Kölner „Tatort“abgedreht.
Das ist nicht selbstverständlich für eine Nachwuchsschauspielerin und ein großes Glück, wie sie zugibt. „Corona hat zwar beeinflusst, dass wir beispielsweise in dem Luxemburger Dorf die ganze Zeit zusammenbleiben mussten“, das habe aber dazu geführt, dass sie noch tiefer in die Rolle einsteigen und die Kollegen besser kennenlernen konnte.
Theater, das reizt Anna Bachmann auch. Schon als Gymnasiastin hat sie sich beim Improtheater und 2013 in Annette Kuß’ Inszenierung von „Die Perlmutterfarbe“im Jungen Schauspielhaus Düsseldorf ausprobiert. Ob sie Bühne und Film als gleichberechtigte Standbeine sieht? Bachmann fällt die Antwort nicht leicht: „Mir macht beides Spaß, aber Film reizt mich schon sehr. Allein durch die Möglichkeiten, die man hat, Geschichten wie die vom verlorenen Transport zu erzählen.“
Jetzt will sie sich erst einmal ein paar Wochen Urlaub im Spreewald gönnen. Und einfach mal ausspannen, nach der aufregenden Zeit.