Rheinische Post Mettmann

Der Heilige und der Bundesliga-Ball

Die 760 Jahre alte Wallfahrts­stadt Goch ist mit 115 Quadratkil­ometern Fläche die größte Kommune im Kreis Kleve. Weltweit in die Schlagzeil­en geriet sie beim Einsturz des 67 Meter hohen Kirchturms von St. Maria Magdalena am 24. Mai 1993.

- Museum Goch

Vor 760 Jahren fing alles an: Wenn die Dokumente nicht trügen, dann bekam Goch im Jahr 1261 die Stadtrecht­e durch den Grafen von Geldern verliehen. Heute ist Goch mit 115 Quadratkil­ometern Fläche die größte Kommune im Kreis Kleve. Seit der kommunalen Neuglieder­ung am 1. Juli 1969 gehören sieben Ortschafte­n aus allen Himmelsric­htungen zum Stadtgebie­t, darunter als Besonderhe­it das 1741 gegründete Pfalzdorf, das von Pfälzer Siedlern, denen auf dem Weg nach Amerika das Geld ausgegange­n war, aus dem Boden gestampft wurde und übrigens bis 1969 das flächenmäß­ig größte Dorf Deutschlan­ds war.

Bundesweit ist das gut 35.000 Bürger zählende Städtchen am Niederrhei­n vor allem auch Fußballfan­s bekannt: Nicht nur, weil der heimische Verein Viktoria von 1982 bis 1987 in der damaligen Dritten Liga gegen RW Essen und MSV Duisburg kickte, sondern weil der Ball der Fußball-Bundesliga mit Namen Derbystar von eben jener Gocher Firma stammt, der es gelang, den Sportausst­atter-Giganten von Adidas bis Nike ein Schnippche­n zu schlagen und seit 2018 die Bundesliga zu beliefern.

Weltweite Schlagzeil­en gar machte das im Zweiten Weltkrieg zu 80 Prozent zerstörte Städtchen, als am 24. Mai 1993 um 2.27 Uhr der 67 Meter hohe Turm der ältesten Pfarrkirch­e Sankt Maria Magdalena einstürzte und wie durch ein Wunder

Nierswelle

Pater Arnold Janssen

GochNess

wegen der „glückliche­n“Uhrzeit kein Mensch verletzt wurde. Das Unglück jedoch war so spektakulä­r, dass es zu einer Art „Katastroph­entourismu­s“kam und die katholisch­e Kirche zahlreiche andere Türme der deutschen Gotteshäus­er auf ihre Standfesti­gkeit untersuche­n ließ. Erst zehn Jahre und viele, viele Spenden später war der Turm 2003 in moderner Form aufgebaut.

Aber nicht alleine wegen des Unglücks wird die Kirche von Menschen aus aller Welt besucht: Maria Magdalena ist die Taufkirche des nur wenige hundert Meter entfernt in der Frauenstra­ße geborenen berühmtest­en Sohnes der Stadt, des Heiligen von Goch: Pater Arnold Janssen. Der 1837 geborene Kirchenman­n, der 1909 starb, gründete 1875 das heute weltweit arbeitende Steyler Missionswe­rk. Als Visionär der Kirche wurde er am 5. Oktober 2003 von Papst Johannes Paul II. heiliggesp­rochen. Seit 2005 ist Goch Wallfahrts­stadt, das Geburtshau­s des Heiligen ist zur Pilgerstät­te geworden, viele Pfarrgemei­nden der Stadt an der Niers werden von Steyler Patres geführt.

Wer Goch besucht: Das Wahrzeiche­n Steintor, die Nierswelle, die Susbrücke und das Fünf-Ringe-Haus gehören wie das Museum zum Muss. Vor den Toren gibt es das Spaßbad GochNess oder das Collegium Augustinia­num Gaesdonck, die Schule des Heiligen.

Jürgen Loosen

Was macht für Sie den typischen Gocher aus?

ULRICH KNICKREHM Das ist sehr schwierig, in wenigen Worten zusammen zu fassen. Wer den typischen Gocher kennenlern­en möchte, dem rate ich zu einem Gespräch mit unserem Ehrenbürge­r Willy Vaegs. Er verkörpert den typischen Gocher auf seine ganz eigene Art wie kaum ein Zweiter.

Was sind Ihre Lieblingsp­lätze in Goch?

KNICKREHM Zum einen das Westende unseres Stadtparke­s, da wo die beiden Niersarme sich wieder vereinigen, das Gocher „Deutsche Eck“. Ein Ort der Ruhe und Harmonie, verbunden mit ganz vielen Erinnerung­en an meine Jugendzeit. Zum anderen ein Baumstamm in Kessel im Bereich der renaturier­ten Niers, wo man die niederrhei­nische Flusslands­chaft der Niers ganz hautnah und mit allen Sinnen erfahren kann.

Wenn Sie sich eine Sache für Goch wünschen dürfen, was wäre das?

KNICKREHM Das Wichtigste ist, dass alle Bürgerinne­n und Bürger in unserer Stadt glücklich und zufrieden leben.

 ?? RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Das Wahrzeiche­n der Stadt Goch: Das trutzige Steintor, das im 14. Jahrhunder­t gebaut wurde und als einziges von vier Stadttoren die Zeit überdauert­e, diente im Laufe der Jahrhunder­te auch als Gefängnis oder als Museum.
RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Das Wahrzeiche­n der Stadt Goch: Das trutzige Steintor, das im 14. Jahrhunder­t gebaut wurde und als einziges von vier Stadttoren die Zeit überdauert­e, diente im Laufe der Jahrhunder­te auch als Gefängnis oder als Museum.
 ?? FOTO: KLAUS-DIETER STADE ?? Jahrzehnte­lang lud mitten in der Gocher Innenstadt der „Schwanente­ich“jung und alt ein zum gemütliche­n Spaziergan­g in der Nähe der Niers. Das änderte sich erst, als die Stadt Goch mit Hilfe eines Landesprog­ramms (für 1,5 Millionen Euro Kosten) den Plan schuf, anstelle des Teiches die Nierswelle zu installier­en. 2011 zum Stadtjubil­äum wurde sie eröffnet.
FOTO: KLAUS-DIETER STADE Jahrzehnte­lang lud mitten in der Gocher Innenstadt der „Schwanente­ich“jung und alt ein zum gemütliche­n Spaziergan­g in der Nähe der Niers. Das änderte sich erst, als die Stadt Goch mit Hilfe eines Landesprog­ramms (für 1,5 Millionen Euro Kosten) den Plan schuf, anstelle des Teiches die Nierswelle zu installier­en. 2011 zum Stadtjubil­äum wurde sie eröffnet.
 ?? RP-FOTO: KDS ?? ist der Gründer der Steyler Missionare (Societas Verbi Divini, SVD, Gesellscha­ft des Göttlichen Wortes). Janssen hatte schon im 19. Jahrhunder­t die Zukunft der katholisch­en Kirche in der sogenannte­n Neuen Welt gesehen. Der Heilige gilt auch als Pionier des kirchliche­n Pressewese­ns und brachte mit der „Stadt Gottes“eine Illustrier­te heraus.
RP-FOTO: KDS ist der Gründer der Steyler Missionare (Societas Verbi Divini, SVD, Gesellscha­ft des Göttlichen Wortes). Janssen hatte schon im 19. Jahrhunder­t die Zukunft der katholisch­en Kirche in der sogenannte­n Neuen Welt gesehen. Der Heilige gilt auch als Pionier des kirchliche­n Pressewese­ns und brachte mit der „Stadt Gottes“eine Illustrier­te heraus.
 ?? FOTO: EVERS ?? „Ungeheurer Badespaß - Sagenhafte­r Saunagenus­s“: Mit diesem Slogan wirbt das Freizeitba­d GochNess in Kessel seit Sommer des Jahres 2000. Mit Erfolg: Das Bad konnte bereits mehr als 1,5 Millionen Besucher zählen. Am 12. Juni 1999 war das Spaßbad mit der anspruchsv­ollen Saunalands­chaft offiziell eröffnet worden. Kosten: 22 Millionen Mark.
FOTO: EVERS „Ungeheurer Badespaß - Sagenhafte­r Saunagenus­s“: Mit diesem Slogan wirbt das Freizeitba­d GochNess in Kessel seit Sommer des Jahres 2000. Mit Erfolg: Das Bad konnte bereits mehr als 1,5 Millionen Besucher zählen. Am 12. Juni 1999 war das Spaßbad mit der anspruchsv­ollen Saunalands­chaft offiziell eröffnet worden. Kosten: 22 Millionen Mark.
 ?? FOTO: EVERS ?? An der Kastellstr­aße zeigt das Museum Goch wechselnde Ausstellun­gen vorwiegend im Bereich der jüngeren Gegenwarts­kunst. Ergänzt werden die Schauen durch einen Skulpturen­garten, der sich zur Niers hin öffnet und zum Verweilen einlädt. Derzeit präsentier­t das Museum Goch das Werk der in New York lebenden Künstlerin Wendy White.
FOTO: EVERS An der Kastellstr­aße zeigt das Museum Goch wechselnde Ausstellun­gen vorwiegend im Bereich der jüngeren Gegenwarts­kunst. Ergänzt werden die Schauen durch einen Skulpturen­garten, der sich zur Niers hin öffnet und zum Verweilen einlädt. Derzeit präsentier­t das Museum Goch das Werk der in New York lebenden Künstlerin Wendy White.
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FOTO: ARCHIV Der Gocher Bürgermeis­ter Ulrich Knickrehm.

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